Ein Pontifex aus Fiberglas

Von Katrin Lechler · 15.03.2013
In Nowa Sol in Westpolen wird mit 14 Metern die größte Papst-Statue der Welt gebaut. Anfang Februar waren die ersten Teile fertig. Der Initiator will anonym bleiben, das riesige Standbild von Johannes Paul II. wird auf privatem Grund stehen. Trotzdem regt sich Kritik.
"Dieses Vorhaben ist für uns eine große, sehr große Herausforderung. Ich kann es fast selbst nicht glauben, dass wir sie angenommen haben. 14 Meter – das ist sehr groß... Klar, dass das auf den Wind reagiert, wir müssen darauf achten, dass das nicht umfällt..."

Denn das wird nicht irgendwas, sondern ein Abbild des Stellvertreter Gottes auf Erden, des Papstes Johannes Paul II. Und Zdislaw Malczuk ist der Mann, der den Auftrag hat, ihn nachzubauen.

Malczuk ist Mitte 50, trägt graue Strickjacke und wirkt eher schüchtern. Er sitzt im Café des Vergnügungsparks im polnischen Oderstädtchen Nowa Sol, draußen im Schnee stehen meterhohe Gartenzwerge, grüne Giraffen und bunte Kühe. Alle gebaut von Malczuks Firma Malpol, erklärt Marcin Walasek - der kleine, blasse Mann neben Malczuk, der sich bei Malpol ums Marketing kümmert.

Auch wenn sein Handy unablässig klingelt, bemüht sich Walasek, ruhig zu wirken. Er erzählt, dass die riesige Paps¬t-Statue einen langen Weg vor sich hat, wenn sie Mitte April fertig ist. In Einzelteile zerlegt reist sie über 300 Kilometer vom westpolnischen Nowa Sol an der Oder ins südpolnische Tschenstochau.

Zurzeit wird ein Platz auf dem Goldenen Berg in Tschenstochau vorbereitet. Die Wahl fiel auf diesen Platz, weil man von hier auf ganz Tschenstochau gucken kann.

Tschenstochau ist der wichtigste Wallfahrtsort für polnische Katholiken. Die 14 Meter hohe Papst-Statue soll dort in einem Miniatur-Park mit Sakralgebäuden aus der ganzen Welt stehen. Der Besitzer des Miniaturparks, ein privater Unternehmer, hat das Monumentalwerk in Auftrag gegeben. Er soll Papst Johannes Paul persönlich gekannt haben, gibt aber nur ungern Interviews.

Von dem verschneiten Zwergenpark zur Fabrikhalle der Firma Malpol sind es nur ein paar Hundert Meter. Die Halle ist etwa zehntausend Quadratmeter groß, Styropor-Krümel führen zu dem Platz, an dem die größte Papst-Statue der Welt gebaut wird. Arbeiter in weiß-blauen Anzügen kreisen um den unteren Teil der Statue. Bisher ist nur der Saum des Papstgewandes bis zur Höhe der Oberschenkel zu sehen. Einer der Arbeiter klettert von innen in einen Arm, der neben dem Gewand liegt.

Das Ganze wird hauptsächlich von einer Stahlkonstruktion gehalten. Wir können mal reingucken: Von innen gibt es technische Treppen auf jedem Stockwerk, die es ermöglichen, die Statue von innen zu verstärken.

Von außen wird das Stahlgerüst mit Styropor beklebt, dann folgt die Feinarbeit: Das Modellieren des Gesichts und der Hände von Johannes Paul – aus Fieberglas. Damit beides am Ende auch so aussieht wie das Original hängt ein ausgedrucktes Foto des polnischen Papstes an der Styroporumhüllung. Auf dem Bild hat der Mann, der 26 Jahre und 5 Monate Papst war, beide Hände zu einer segnenden Geste erhoben. Marketing-Manager Walasek lächelt:

"Wir gehen sehr emotional an den Bau dieser Statue heran. Der Papst war der größte aller Polen und so bleibt es in unserer alle Köpfe verankert."

Mitarbeiter Mariusz Bukowski, der Hände und Gesicht gestaltet, sieht seine Arbeit etwas nüchterner:

"Ich bekomme halt meine Aufgabe und mache mich an die Arbeit. Ich könnte auch Fred Flintstone formen."

Schon jetzt ist sich der Bildhauer sicher, dass er am Ende nicht zufrieden sein wird mit dem Ergebnis seiner Arbeit. Denn wie immer wird bei Malpol unter Hochdruck gearbeitet. Die Firma hat Aufträge aus der ganzen Welt, meist Spezialanfertigungen. In einer Halle stehen mehrere bereits verpackte zwei Meter hohe Osterhasen, die eine Firma in Aachen bestellt hat. Und im Lagerraum nebenan liegt eine schwarz-gelbe Elvis Presley-Figur und wartet auf ihren Transport nach Spanien.

Peanuts im Vergleich zur Papst-Figur: Bei einem Gesamtgewicht von fünf Tonnen sind schon die Arme, Rumpf und Kopf so schwer, dass sie nur über Schienen an der Decke der Fabrikhalle hin- und herbewegt werden können.

"Wir verhandeln gerade mit verschiedenen Speditionsfirmen über den Transport dieses Papstes, auch mit einer deutschen Firma, die die nötige Technik dafür besitzt."

Marketing-Mann Walasek drängt zum Aufbruch. Zurück im Ort deutet er auf ein bereits existierendes Denkmal von Johannes Paul II. Das steht direkt vor der Antons-Kirche, ist aber mit knapp zwei Metern Höhe viel kleiner als das in der Fabrikhalle.

Liebe Gott! steht in großen Lettern auf einem Plakat am Kirchengemäuer. Eine ältere Frau mit Strickmütze und dicker Brille studiert den Gottesdienst-Plan. Sie ist eher skeptisch als stolz auf den neuen, alten Mega-Papst.

"Ich denke, dass man Menschen nicht glorifizieren sollte. Der Papst ist nur ein menschlicher Führer, der dafür sorgt, dass eine Einheit so gut wie möglich verwaltet wird. Man sollte nicht Geld für Denkmäler ausgeben, das ist überflüssig. Man sollte Gott loben und nicht den Menschen."

Auch im Internet ist eine kritische Diskussion über das neue Papst-Denkmal entbrannt. Neben euphorischen Kommentaren ist da von "Götzendienst" und "Hochmut" die Rede. Einige erinnern auch an die Worte von Johannes Paul, der schon zu Lebzeiten sagte: "Baut mir keine Denkmäler, sondern gebt den Kindern zu essen."

Einige Schritte weiter, im Rathaus, sitzt Wadim Tyszkiewisz, Stadtpräsident von Nowa Sol. Er ist hin und her gerissen. Als Stadtvater freut er sich natürlich über die 140 Arbeitsplätze in der wirtschaftlich schwachen Region. Andererseits will er nicht, dass die Stadt nur mit dem gigantischen Papst assoziiert wird, der in seiner Stadt zusammengeklebt wird.

"Jede Initiative ist wertvoll, aber es gibt manchmal wichtigere Dinge als Denkmäler aufzustellen. Es ist für mich schwierig, mich dazu zu äußern, weil wir in Nowa Sol nicht vorhaben, so ein Denkmal aufzustellen. Die Firma produziert dieses Denkmal und die Statue wird in Tschenstochau stehen. Aber sicher ist, dass man mit dem Geld nicht unbedingt ein Denkmal, sondern auch ein Krankenhaus bauen könnte."


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