Ein Muss für Horrorfreunde
Das Filmfestival von Sitges in Spanien ist für Fantasy- und Horrorfreunde ein absolutes Muss. Gezeigt wird hier - vom klassischen Horrorfilm über asiatische Mangas bis zum ausgeklügelten Psychothriller - alles aus dem Reich des Fantastischen. Jetzt ging das Festival zu Ende.
Das ist Musik in den Ohren der Festivalbesucher. Wenn Blut spritzt und Knochen brechen, schlägt ihr Herz höher. Sitges ist das Familientreffen der Horror-,Fantasy- und Mysteryfans. Passend zum Genre trägt das - überwiegend männliche - Publikum mit Vorliebe schwarz und lässt Tattoos unterm Death-Metall T-Shirt vorblitzen. Bleibt betont cool, wenn auf der Leinwand Tote wieder auferstehen und zeigt nur Anzeichen von Nervosität, wenn ER in Sichtweite ist: Quentin Tarantino. Dabei nimmt der Regisseur gar nicht am offiziellen Wettbewerb teil, sondern ist nur als Produzent des außer Konkurrenz laufenden blutigen Streifen "Hostel" geladen. Egal: Tarantino ist nun einmal der große Meister der ästhetisierten Gewalt und deshalb wird er auf Schritt und Tritt von einem Pulk Autogrammjäger verfolgt. Seine Majestät goutiert das durchaus, kritzelt fleißig Autogramme auf Pressemappen, Notizblöcke, Servietten und lässt als Zeichen seiner Gunst auf der Pressekonferenz ein diabolisches Lachen hören.
Er sei enttäuscht gewesen, dass niemand das Kino verlassen habe, sagt Quentin Tarantino. Die Folterszenen und Kettensägenmassaker in "Hostel" hätten plötzliche Übelkeit und Ohnmachtsanfälle durchaus verdient. Und auch sein Regisseur Eli Roth, hauptverantwortlich für den blutrünstigen Streifen über die Erlebnisse amerikanischer Backpacker in Europa, hatte mit anderen Reaktionen gerechnet.
Eli Roth: "Ich war schockiert darüber, was die amerikanischen Zensoren uns haben durchgehen lassen. Wir mussten nur zwölf Frames rausschneiden, mehr nicht. Das zeigt einmal mehr, dass es in den USA völlig ok ist, schreckliche Folterszenen zu zeigen. Hätten wir einen erigierten Penis gezeigt, wäre das wahrscheinlich problematischer gewesen."
Wenn Quentin Tarantino der König von Sitges ist und Eli Roth sein Gehilfe, dann ist Chiaki Kuriyama so etwas wie die Prinzessin dieses Festivals. Die Japanerin, die in Tarantino Kill Bill 1 so virtuos und tödlich ihre Stahlkugel schleuderte, präsentierte The Great Yokai War von Takashi Miike, einen etwas albernen aber ganz amüsanten Ausflug in die Welt der japanischen Fabelwesen. Und natürlich wird auch sie standesgemäß hofiert: Wenn die Chiaki Kuriyama ins Mikrofon haucht - egal was - dann vergessen gestandene Journalisten alle professionelle Distanz und lauschen der schönen Bösen mit offenem Mund.
Chiaki Kuriyama: "Ich bin fast immer das böse Mädchen. Einmal habe ich auch eine Fast-Tote gespielt. Anscheinend sehen mich fast alle Regisseure in solchen unmenschlichen Rollen. Und ich freue mich darüber."
Sagt’s und lässt sich weiter fotografieren. Auch wenn der Hauptpreis in diesem Jahr an die us-amerikanische Produktion "Hard Candy" ging, stehen asiatische Filme hoch im Kurs in Sitges. Acht der 20 Wettbewerbsbeiträge kamen aus Asien, darunter der thailändische Kassenschlager "Shutter", der wie so viele asiatische Horrorfilme schon bald als Remake aus Hollywood zu sehen sein wird, Tsui Harks Degenfilm "Seven Swords" und der letzte Teil von Park Chan-Wooks Rachetriologie "Sympathy for Lady Vengeance". Für Teil Zwei "Old Boy", erhielt der Koreaner vor einem Jahr den Hauptpreis. Diesmal lässt er eine Frau sich grausam an einem Kindesmörder rächen:
Park Chan-Wook: "Die Gewalt in meinen Filmen unterscheidet sich von der in westlichen Produktionen. Bei mir kommen weniger Pistolen zum Einsatz, dafür sehr viel mehr Messer. Pistolen schaffen Distanz. Meine Gewalt dagegen ist direkter, körperlicher und dadurch schmerzhafter."
Und das entzückt in Sitges. Aber eigentlich sind Diskussionen um westliche und östliche Gewaltkonzeptionen, um die Stringenz von Geschichten zweitrangig bei diesem Festival. In erster Linie geht es schlicht um die Lust am Effekt. Und das weiß niemand besser als Greg Nicotero, verantwortlich für die Special Effects in Filmen wie Mullholland Drive oder Sin City.
Greg Nicotero: "Ich liebe es einfach mich zu gruseln. Das ist wie Achterbahnfahren. Man fährt hoch und dann geht’s ganz schnell runter. Du schreist dir die Seele aus dem Leib, spürst das Adrenalin, dein Herz rast. Ich hatte großes Glück in vielen solchen Filmen mitarbeiten zu dürfen und sie zu dem zu machen, was sie sind. Casino zum Beispiel: Die Szene, wo der Schädel bricht und der Augapfel herausfällt, hat manche Zuschauer so geschockt, das sie das Kino verlassen haben. Für mich ist das eine Verbeugung vor unserer Arbeit."
Filmemacher, die sich darüber freuen, wenn die Zuschauer das Kino verlassen und Horrorfilmer, die über zu großzügige Zensoren schockiert sind. Sitges ist das Filmfestival der etwas anderen Art.
Da können die Organisatoren den Fantasy-Begriff noch so weit fassen, beflissen Kritikerlieblinge, die bereits in Berlin oder Cannes zu sehen waren, in den Wettbewerb einladen – wie in diesem Jahr Dominik Molls "Lemming" oder Tsai Ming Liangs Pornomusical "The Wayward Cloud": Seinem Ruf als Splatter-Event erster Güte entkommt Sitges so leicht nicht. So ist das eben in Horrorfilmen: Die Vergangenheit taucht immer dann aus dem Dunkel wieder auf, wenn man am wenigsten damit rechnet.
Er sei enttäuscht gewesen, dass niemand das Kino verlassen habe, sagt Quentin Tarantino. Die Folterszenen und Kettensägenmassaker in "Hostel" hätten plötzliche Übelkeit und Ohnmachtsanfälle durchaus verdient. Und auch sein Regisseur Eli Roth, hauptverantwortlich für den blutrünstigen Streifen über die Erlebnisse amerikanischer Backpacker in Europa, hatte mit anderen Reaktionen gerechnet.
Eli Roth: "Ich war schockiert darüber, was die amerikanischen Zensoren uns haben durchgehen lassen. Wir mussten nur zwölf Frames rausschneiden, mehr nicht. Das zeigt einmal mehr, dass es in den USA völlig ok ist, schreckliche Folterszenen zu zeigen. Hätten wir einen erigierten Penis gezeigt, wäre das wahrscheinlich problematischer gewesen."
Wenn Quentin Tarantino der König von Sitges ist und Eli Roth sein Gehilfe, dann ist Chiaki Kuriyama so etwas wie die Prinzessin dieses Festivals. Die Japanerin, die in Tarantino Kill Bill 1 so virtuos und tödlich ihre Stahlkugel schleuderte, präsentierte The Great Yokai War von Takashi Miike, einen etwas albernen aber ganz amüsanten Ausflug in die Welt der japanischen Fabelwesen. Und natürlich wird auch sie standesgemäß hofiert: Wenn die Chiaki Kuriyama ins Mikrofon haucht - egal was - dann vergessen gestandene Journalisten alle professionelle Distanz und lauschen der schönen Bösen mit offenem Mund.
Chiaki Kuriyama: "Ich bin fast immer das böse Mädchen. Einmal habe ich auch eine Fast-Tote gespielt. Anscheinend sehen mich fast alle Regisseure in solchen unmenschlichen Rollen. Und ich freue mich darüber."
Sagt’s und lässt sich weiter fotografieren. Auch wenn der Hauptpreis in diesem Jahr an die us-amerikanische Produktion "Hard Candy" ging, stehen asiatische Filme hoch im Kurs in Sitges. Acht der 20 Wettbewerbsbeiträge kamen aus Asien, darunter der thailändische Kassenschlager "Shutter", der wie so viele asiatische Horrorfilme schon bald als Remake aus Hollywood zu sehen sein wird, Tsui Harks Degenfilm "Seven Swords" und der letzte Teil von Park Chan-Wooks Rachetriologie "Sympathy for Lady Vengeance". Für Teil Zwei "Old Boy", erhielt der Koreaner vor einem Jahr den Hauptpreis. Diesmal lässt er eine Frau sich grausam an einem Kindesmörder rächen:
Park Chan-Wook: "Die Gewalt in meinen Filmen unterscheidet sich von der in westlichen Produktionen. Bei mir kommen weniger Pistolen zum Einsatz, dafür sehr viel mehr Messer. Pistolen schaffen Distanz. Meine Gewalt dagegen ist direkter, körperlicher und dadurch schmerzhafter."
Und das entzückt in Sitges. Aber eigentlich sind Diskussionen um westliche und östliche Gewaltkonzeptionen, um die Stringenz von Geschichten zweitrangig bei diesem Festival. In erster Linie geht es schlicht um die Lust am Effekt. Und das weiß niemand besser als Greg Nicotero, verantwortlich für die Special Effects in Filmen wie Mullholland Drive oder Sin City.
Greg Nicotero: "Ich liebe es einfach mich zu gruseln. Das ist wie Achterbahnfahren. Man fährt hoch und dann geht’s ganz schnell runter. Du schreist dir die Seele aus dem Leib, spürst das Adrenalin, dein Herz rast. Ich hatte großes Glück in vielen solchen Filmen mitarbeiten zu dürfen und sie zu dem zu machen, was sie sind. Casino zum Beispiel: Die Szene, wo der Schädel bricht und der Augapfel herausfällt, hat manche Zuschauer so geschockt, das sie das Kino verlassen haben. Für mich ist das eine Verbeugung vor unserer Arbeit."
Filmemacher, die sich darüber freuen, wenn die Zuschauer das Kino verlassen und Horrorfilmer, die über zu großzügige Zensoren schockiert sind. Sitges ist das Filmfestival der etwas anderen Art.
Da können die Organisatoren den Fantasy-Begriff noch so weit fassen, beflissen Kritikerlieblinge, die bereits in Berlin oder Cannes zu sehen waren, in den Wettbewerb einladen – wie in diesem Jahr Dominik Molls "Lemming" oder Tsai Ming Liangs Pornomusical "The Wayward Cloud": Seinem Ruf als Splatter-Event erster Güte entkommt Sitges so leicht nicht. So ist das eben in Horrorfilmen: Die Vergangenheit taucht immer dann aus dem Dunkel wieder auf, wenn man am wenigsten damit rechnet.