Ein müder Astronaut im Schnee
Der Tiroler Schriftsteller Händel Klaus – er besteht auf der Umkehrung von Vorname und Familienname - ist ein gefragter Librettist für neues Musiktheater. Seine neue Oper ist vor allem ein poetischer Text voller Assoziationen.
Der Tiroler Schriftsteller Händel Klaus – er besteht auf der Umkehrung von Vorname und Familienname - ist ein gefragter Librettist für neues Musiktheater. Für Beat Furrer hat er den Text für dessen letztes Jahr in Basel uraufgeführtes "Wüstenbuch" geschrieben, für Georg Friedrich Haas, das im April uraufgeführte "Bluthaus" und auch für den Komponisten Klaus Lang unter anderem das 2010 in Bonn uraufgeführte "Buch Asche" nach einem chinesischen Märchen.
Doch seine Libretti sind keine herkömmlichen Dramentexte mit psychologisch motivierten Personen. Zwar gibt es Personal: eine Köchin, einen Briefträger und vor allem einen Astronauten, doch auch die neue Oper von Klaus Lang "der einfluss des menschen auf den mond" ist vor allem ein poetischer Text voller Assoziationen, eine Kette meist einsilbiger Worte.
Die Ausgangslage: Ein Astronaut, der von einer Mondlandung zurückgekommen ist. Er hat sich zu Hause ausgeruht. Noch immer müde, tritt er am Morgen vor sein Reihenhaus. Es hat geschneit, er sinkt im Schnee ein. All das erinnert ihn an den von ihm berührten und damit entweihten Mond, aber auch an und an den Mann im Mond, den er getroffen hat. Mond, Schnee, der Mann im Mond, Milchreis, die gelbliche Lieblingsspeise des Astronauten. Eine Assoziationskette zu Musik.
Die Musik schafft für solche Bilder den Klangraum. Das Orchester unter Sebastian Beckendorf ist mitten unter den Zuschauern im Balkon, also zwischen Parterre und erstem Rang, positioniert, keineswegs klein, aber fast ständig im pianissimo gehalten: Der Schnee, der fast lautlos auf die Erde fällt, das Mondgeröll wie verschluckte Schritte – denn die Atmosphäre, heißt es, fehlt Schall, der sich ausbreiten könnte. Manchmal hört man den Mann im Mond – ein hoher Sopran, der sich oft kaum unterscheidbar mit Geigenstrichen mischt. Der Mann im Mond eine Verdoppelung des Astronauten? Hat er sich selbst auf dem Mond gefunden?
Wenn man will ist "der einfluss des menschen auf den mond" durchaus auch eine heitere Mondoper in der Tradition von Joseph Haydns "Welt auf dem Mond" oder gar Paul Linkes "Frau Luna". Es gibt neben dem Astronaut (die Sopranistin Sarah Ferede) eine Köchin (der tiefe Bariton Lukas Schmid) und einen Briefträger (Tobias Haaks).
Im zweiten Teil will der Briefträger, der dem Astronauten die Fanpost bringt, selbst Astronaut werden. Doch dazu muss er Englisch lernen und trainieren. In der Wüste Nevada macht er unter Anleitung des Astronauten Liegestütze, schwitzt aber dabei so sehr, dass sich Schweißpfützen in der Wüste bilden Doch aus den Schweißpfützen sprießen – himmlische – Pflanzen: Brunnenkresse, Mondgewächse.
Man könnte sich vorstellen, dass Christoph Marthalers Theater für den in der Wüste Nevada schwitzenden Gymnastik machenden Briefträger realistisch-surreale Bilder gefunden hätte, wie für seine Inszenierung eines vergleichbaren Stück Beat Furrers "Wüstenbuch", das er in einem alten Kairoer Hotel spielen ließ.
In Braunschweig ist man aber auf eine einleitende Einführung durch Operndirektor Jens Neundorff von Enzberg und das Programmheft angewiesen, wenn man die Textvorlage verstehen will. Mit der Ausstatterin Claudia Doderer arbeitet Klaus Lang regelmäßig zusammen, insofern ist ihre Installation legitimiert.
Wie Händel Klaus und Klaus Lang verbietet sich bei ihr jede realistische Psychologisierung des Geschehens. Claudia Doderer ist Schülerin von Achim Freyer: Rechteckige perspektivisch verzerrte Flächen und Kuben – ganz in weiß – aber oft unmerklich für kurze Zeit in gräuliche Farben getaucht (Licht: Harry Heutink).
Der Regisseur Peter Esterházy lässt Figuren wie die Köchin oft nur mit halbem Oberkörper auftauchen, alle gehen in manierierten Schritten wie in Zeitlupe oder gegen die Schwerelosigkeit ankämpfend, die Bewegungen abgezirkelt. Schade um die poetische Kraft und Komik des Textes von Händel Klaus! In dieser abstrakten Form ließ die Mondoper in Braunschweig doch zu viele undurchschaubare Rätsel offen und ratlos. Doch in den Sog von leisem Schnee – und Geröllklängen war man dennoch geraten, in ein Atmen wie bei Liegestützen, auf und ab – up and down.
Doch seine Libretti sind keine herkömmlichen Dramentexte mit psychologisch motivierten Personen. Zwar gibt es Personal: eine Köchin, einen Briefträger und vor allem einen Astronauten, doch auch die neue Oper von Klaus Lang "der einfluss des menschen auf den mond" ist vor allem ein poetischer Text voller Assoziationen, eine Kette meist einsilbiger Worte.
Die Ausgangslage: Ein Astronaut, der von einer Mondlandung zurückgekommen ist. Er hat sich zu Hause ausgeruht. Noch immer müde, tritt er am Morgen vor sein Reihenhaus. Es hat geschneit, er sinkt im Schnee ein. All das erinnert ihn an den von ihm berührten und damit entweihten Mond, aber auch an und an den Mann im Mond, den er getroffen hat. Mond, Schnee, der Mann im Mond, Milchreis, die gelbliche Lieblingsspeise des Astronauten. Eine Assoziationskette zu Musik.
Die Musik schafft für solche Bilder den Klangraum. Das Orchester unter Sebastian Beckendorf ist mitten unter den Zuschauern im Balkon, also zwischen Parterre und erstem Rang, positioniert, keineswegs klein, aber fast ständig im pianissimo gehalten: Der Schnee, der fast lautlos auf die Erde fällt, das Mondgeröll wie verschluckte Schritte – denn die Atmosphäre, heißt es, fehlt Schall, der sich ausbreiten könnte. Manchmal hört man den Mann im Mond – ein hoher Sopran, der sich oft kaum unterscheidbar mit Geigenstrichen mischt. Der Mann im Mond eine Verdoppelung des Astronauten? Hat er sich selbst auf dem Mond gefunden?
Wenn man will ist "der einfluss des menschen auf den mond" durchaus auch eine heitere Mondoper in der Tradition von Joseph Haydns "Welt auf dem Mond" oder gar Paul Linkes "Frau Luna". Es gibt neben dem Astronaut (die Sopranistin Sarah Ferede) eine Köchin (der tiefe Bariton Lukas Schmid) und einen Briefträger (Tobias Haaks).
Im zweiten Teil will der Briefträger, der dem Astronauten die Fanpost bringt, selbst Astronaut werden. Doch dazu muss er Englisch lernen und trainieren. In der Wüste Nevada macht er unter Anleitung des Astronauten Liegestütze, schwitzt aber dabei so sehr, dass sich Schweißpfützen in der Wüste bilden Doch aus den Schweißpfützen sprießen – himmlische – Pflanzen: Brunnenkresse, Mondgewächse.
Man könnte sich vorstellen, dass Christoph Marthalers Theater für den in der Wüste Nevada schwitzenden Gymnastik machenden Briefträger realistisch-surreale Bilder gefunden hätte, wie für seine Inszenierung eines vergleichbaren Stück Beat Furrers "Wüstenbuch", das er in einem alten Kairoer Hotel spielen ließ.
In Braunschweig ist man aber auf eine einleitende Einführung durch Operndirektor Jens Neundorff von Enzberg und das Programmheft angewiesen, wenn man die Textvorlage verstehen will. Mit der Ausstatterin Claudia Doderer arbeitet Klaus Lang regelmäßig zusammen, insofern ist ihre Installation legitimiert.
Wie Händel Klaus und Klaus Lang verbietet sich bei ihr jede realistische Psychologisierung des Geschehens. Claudia Doderer ist Schülerin von Achim Freyer: Rechteckige perspektivisch verzerrte Flächen und Kuben – ganz in weiß – aber oft unmerklich für kurze Zeit in gräuliche Farben getaucht (Licht: Harry Heutink).
Der Regisseur Peter Esterházy lässt Figuren wie die Köchin oft nur mit halbem Oberkörper auftauchen, alle gehen in manierierten Schritten wie in Zeitlupe oder gegen die Schwerelosigkeit ankämpfend, die Bewegungen abgezirkelt. Schade um die poetische Kraft und Komik des Textes von Händel Klaus! In dieser abstrakten Form ließ die Mondoper in Braunschweig doch zu viele undurchschaubare Rätsel offen und ratlos. Doch in den Sog von leisem Schnee – und Geröllklängen war man dennoch geraten, in ein Atmen wie bei Liegestützen, auf und ab – up and down.