Ein Kunstmäzen

Von Alexandra Gerlach · 30.12.2009
Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg stammt aus einer alten Leipziger Kaufmannsfamilie. Nach 1945 folgte die Entrechtung, Vertreibung und die entschädigungslose Enteignung der Kunstsammlung. Nachdem die Schätze restituiert wurden, entschied sich von Sternberg für die Gründung einer Stiftung.
Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg: "Mein Name ist Wolf-Dietrich Speck von Sternburg, ich bin - wenn Sie es ganz genau wissen wollen, 74 Jahre - werde 75 im nächsten Jahr und lebe seit 20 Jahren in Leipzig, in der Stadt, in der meine Familie seit 300 Jahren gelebt hat."

Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg sitzt in seinem Salon und blättert in einem dicken Ausstellungskatalog des Leipziger Museums der bildenden Künste, im Volksmund "Bildermuseum" genannt.

Der kunstsinnige Musikliebhaber und langjährige Prokurist hat inzwischen mit Partnern das alte Familienschloss bei Leipzig zurückgekauft und saniert, den großen Landschaftspark wieder hergestellt und für das Publikum geöffnet. Als Chef des Sternburg´schen Familienverbandes sagt er, stehe er ganz besonders in der Tradition seines Ur-Ur-Großvaters, Maximilian Speck.

Wolf-Dietrich Speck von Sternburg: "Er hieß also Maximilian Speck. Er kam aus ganz kleinen Verhältnissen, und wurde ein Handelsherr. Er hat den "Specks Hof", den es heute noch gibt gegründet und hat mit Tuchen gehandelt. Er war also eigentlich ein Tuchhändler und gehörte dann zu den wohlhabenden Leipziger Handelsherren vor 200 Jahren, die natürlich eine sehr entscheidende Rolle im ganzen Leben der Stadt Leipzig spielten. "

In diesem Kreis gehörte es seinerzeit zum guten Ton, Kunstwerke zu sammeln und so sammelte auch Maximilian Speck. Da er Handelshäuser auf der ganzen Welt unterhielt, kam er viel herum, vor allem in Europa, wo er seiner Leidenschaft frönen konnte.

Als ihm während der napoleonischen Kriege aufgrund der Kontinentalsperre der Zugang zu wichtigen Wollmärkten in England und Spanien verwehrt blieb begann der umtriebige Geschäftsmann selbst Edel-Schafe in großem Stil zu züchten. Dies tat er bald auf Wunsch des russischen Zaren und dann auch des bayerischen Königs zusätzlich in Russland und in Bayern, wo er jeweils mit Adelstiteln für seine Mühe entlohnt wurde.
Durch seine Heirat mit der Tochter eines Senators und Bürgermeisters der Stadt Leipzig wurde der gesellschaftliche Aufstieg befördert und gefestigt. Sie war zudem selbst künstlerisch tätig, als Kupferstecherin. Über viele Jahre trug das Paar eine erlesene Sammlung von Gemälden und grafischen Blättern zusammen:

"Es fängt an mit den alten Meistern, …15. Jahrhundert, das geht bis in die Zeit der Romantik, Caspar David Friedrich. Dazu muss ich vielleicht sagen, dass der einzige Sammler in der Familie mein Ur-Ur-Großvater war, die nächsten Generationen haben diese Sammlung verwaltet, aber wir haben nie neu gesammelt und das geht bis in meine heutige Zeit hinein."

Die Sammlung umfasst Meisterwerke von Conegliano, Lucas Cranach dem Älteren, Rubens und Caspar David Friedrich sowie Johan Christian Dahl und zahlreiche Werke holländischer Meister. Schon deshalb fürchteten der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig in den Neunzigerjahren den rechtlich verbrieften Eigentumsanspruch der Familie Speck von Sternburg.

Die Sorge, dass die Erben die Werke dauerhaft zurückfordern würden, war groß. Denn der Sammler Maximilian Speck hatte einst verfügt, dass seine Sammlung an die Stadt Leipzig fallen solle, wenn es keine männlichen Namensträger mehr gäbe. Dieser Fall trat zwar nicht ein.

Dennoch fühlte sich der kunstsinnige Haupterbe Maximilians, sein Ur-Ur-Enkel Wolf-Dietrich Speck von Sternburg auch Jahrzehnte später verpflichtet, die Sammlung in Leipzig zu belassen. Selbst nach der erfolgreichen Restitution und obwohl der Wert der Kunstwerke mit rund 50 Millionen Euro taxiert wird:

"Ich habe mir gedacht, Maximilian hat diese Sammlung eigentlich der Stadt Leipzig übergeben wollen, und dass sie der Stadt Leipzig auch erhalten bleibt. Und da war die beste Lösung eine Stiftung."

Die Stiftung wurde am 12. November 1996 in Leipzig gegründet. Sie ist bis heute eine der wenigen Initiativen, die den privaten Rechtsanspruch der sogenannten Alteigentümer auf Eigentum an enteigneten Kunstgütern umsetzt und zugleich den Museen die Exponate auf Dauer belässt.

Herausgekommen ist ein Stiftungsmodell, das die Interessen aller Beteiligten zufriedenstellt. Die wertvolle Sammlung wird auf Dauer in ihrem Bestand gesichert. Die Stadt Leipzig und hier vor allem das Bildermuseum können ein wesentliches Stück Kulturgeschichte bewahren.

Die Maximilian-Speck-von-Sternburg-Stiftung überlässt der Stadt Leipzig rund 200 Gemälde, 700 Grafiken und eine wertvolle Kunstbibliothek als Dauerleihgabe. Die Stiftung setzt sich darüber hinaus heute vor allem für die Restaurierung der teilweise stark angegriffenen goldenen Bilderrahmen ein. Und der Stifter geht - wie er sagt – immer wieder gerne ins Leipziger Bilder-Museum:

"Ja und ich gehe auch mit Stolz dahin, sage ich ganz ehrlich, ich freue mich einfach, nicht, dass das einfach unsere Familienbilder sind, sondern ich freue mich, dass diese Bilder erhalten geblieben sind. Es ist ein schönes Museum gebaut worden, und da hängen nun unsere Gemälde mit vielen anderen Leipziger Gemälden zusammen und ich denke mir, sie haben noch nie so schön gehangen, in unserem Schloss oder in Specks Hof damals, wie jetzt im Museum und das erfüllt mich absolut mit Stolz."

Inzwischen ist Wolf-Dietrich Speck von Sternburg für seine Entscheidung mehrfach ausgezeichnet worden, so unter anderem mit dem Verdienstorden des Freistaates Sachsen und der Ehrenmedaille der Stadt Leipzig. In seiner alten und neuen Heimatstadt setzt er sich auch intensiv für den Aufbau und die finanzielle Unterstützung des ersten Kinder-Hospizes in Mitteldeutschland ein. Das "Bärenherz" soll Zukunft haben, sagt Wolf-Dietrich Speck von Sternburg. Doch das ist eine andere Geschichte.