Ein Kampf für Menschenrechte

Von Vanja Budde |
Yangzom Brauen ist nicht nur Schauspielerin in der Verfilmung von „Aeon Flux“. Sie hat auch ein Buch über den Weg ihrer tibetischen Großmutter und Mutter ins Schweizer Exil – und über ihr eigenes Leben für den Einsatz der Menschenrechte in Tibet geschrieben.
„Eisenvogel“ heißt das Buch, das Yangzom Brauen über die Geschichte ihrer Familie geschrieben hat. Nach einer uralten tibetischen Überlieferung, in der es heißt:

„Wenn der Eisenvogel fliegt und die Reitpferde auf Rädern rollen, wird der Mann aus dem Schneeland seine Heimat verlassen.“

Diese Vision erfüllt sich 1959, als der Dalai Lama vor den chinesischen Besatzern aus Lhasa ins indische Exil flieht und ihm 120.000 seiner Landsleute folgen. So auch Yangzoms Großeltern. Mit ihrer damals sechs Jahre alten Tochter ziehen sie zu Fuß über die verschneiten Gipfel des Himalaya. Von den Härten dieser Flucht erfuhr Yangzom Brauen im Detail erst bei den Gesprächen für ihr Buch.

Yangzom Brauen: „Das war sehr emotional immer wieder, vor allem auch mit meiner Mutter. Wo ich auch merkte, sie verarbeitet dabei auch sehr viel. Ich wusste gar nicht, dass es so tragisch war. Das war erste Mal, wo ich gesehen habe, was meine Mutter und meine Großmutter durchgemacht haben“

Yangzom Brauen: „Diese Familiengeschichte ist auch eine Bereicherung. Ich habe sehr viel gelernt durch wie meine Mutter und meine Großmutter gelebt haben und immer noch leben heute.“

Die 29-jährige Yangzom Brauen überragt die beiden älteren Frauen um zwei Köpfe. Aber sie hat deren mandelförmige Augen, hohe Wangenknochen und pechschwarzen Haare geerbt: In Los Angeles wird die Tochter eines Ethnologen aus Bern oft für eine Latina gehalten. In ihrem Buch beschreibt sie ihre Kindheit in der Schweiz als Idylle, ohne Anfeindungen oder quälende Suche nach einer eigenen Identität.

Brauen: „Mein Bruder und ich, wir sind mit beiden Kulturen aufgewachsen, im Haushalt hat auch meine Großmutter gelebt und da haben wir tibetische religiöse Feiertage genau so gefeiert wie auch europäische. Für mich war das immer normal, ich bin halt halb-halb und so fühl ich mich. Tibet ist in meinem Herzen und Heimat sonst wo ich lebe, da fühl ich mich dann meistens zu Hause. Das muss nicht die Schweiz sein: Ist egal wo, da wo ich lebe, da fühl ich mich zu Hause.“

Ihre Wut auf China hilft ihr bei der Gestaltung ihrer Rollen, sagt Yangzom Brauen. Sie hat die Berner Schauspielschule besucht, erste Modeljobs angenommen und sich gleichzeitig für ein freies Tibet engagiert. Ohne von ihren Eltern dazu gedrängt worden zu sein, wie sie betont.

Brauen: „Die haben nie gesagt, du musst politisch aktiv sein, du musst für Tibet dich einsetzen“. Ich bin ja auch Schauspielerin geworden dann schlussendlich und nicht Politikerin oder Ethnologin oder Aktivistin als Beruf, sondern ich hab gesagt ‚ich möchte in die Schauspielschule’ und hab das auch gemacht. Und da haben sie gesagt, ‚ok du bist da rein gekommen, dass heißt du hast Talent, dass ist scheinbar das, was du machen willst und musst’. Und dann kam das von mir aus, dass ich das machen wollte, dass ich halt auch noch was für Tibet mach.“

2001 ist Yangzom Brauen Präsidentin des Vereins „Tibeter Jugend in Europa“ und protestiert vor dem IOC-Gebäude in Moskau gegen die Wahl Chinas zum Olympia-Gastland 2008. Sie wird verhaftet und für eine Nacht ins Gefängnis geworfen. Das Bild der hübschen Aktivistin geht um die Welt.

Kurz darauf zieht Yangzom nach Berlin und bekommt eine Nebenrolle in dem US-Science-Fiction-Film „Aeon Flux“, der im Studio Babelsberg gedreht wird. Der nächste Schritt ist Los Angeles, die Traumfabrik. Yangzom fängt wie viele Neuankömmlinge an: Sie kellnert, fährt Taxi, geht zu Castings. Dann ergattert sie erste kleine Rollen, Aufträge für Synchronisationen und Werbeaufnahmen: Es läuft ganz gut für sie.

Heute pendelt Yangzom Brauen zwischen Berlin und L. A. Und sie hat kein Problem damit, eine platte Doku-Soap namens „Hallo Hollywood“ für den Internet-Auftritt eines Schweizer Boulevardblattes zu moderieren und gleichzeitig die politische Radiosendung „Tibet Connection“.

Yangzom Brauen sieht sich als Weltbürgerin, Tibet hat sie nur als Kind einmal besucht. Dennoch hat sie die tibetische Kultur verinnerlicht, in deren Zentrum der Glaube an Karma und Wiedergeburt steht.

Brauen: „Tibet war immer ein Thema. Es ist ja auch ein Teil von mir, es ist meine zweite Heimat, in der ich nie gelebt habe. Ich bin hier im Westen aufgewachsen, hatte immer alles, mir ging’s immer gut, ich kenne den Verlust von meinen Geliebten noch nicht. Ich weiß aber auch, dass der Tod kommt, mir ist das sehr bewusst und so bin ich auch aufgewachsen. Ich hab keine Angst vor dem Tod, genau so wenig wie meine Großmutter oder meine Mutter.“