Ein Jahr schwarz-blaue Regierung in Österreich

"Der öffentliche Diskurs ist nach rechts gerückt"

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bei einer Pressekonferenz in Wien
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein Vizekanzler Hein-Christian Strache (FPÖ): Kurz wird von Kritikern als "Schweigekanzler" bezeichnet, weil er zu rechten oder antisemitischen Umtrieben innerhalb der FPÖ nichts sage. © imago / Eibner Europa
Barbara Tòth im Gespräch mit Ute Welty · 18.12.2018
Heute vor einem Jahr wurde Sebastian Kurz als österreichischer Kanzler vereidigt. Seine Koalition aus konservativer ÖVP und rechtsgerichteter FPÖ regiere harmonisch, sagt die Journalistin und Buchautorin Barbara Tòth. Doch der Ton habe sich deutlich geändert.
Am Wochenende gingen in Österreich Tausende Menschen auf die Straße, um gegen Schwarz-Blau zu protestieren. Dem stehen jedoch steigende Umfragewerte für Kanzler Kurz gegenüber. "Was er richtig macht: dass er diese Regierung extrem harmonisch wirken lässt", erklärt Falter-Redakteurin Barbara Tòth. "Es gibt so gut wie keine Diskussionen zwischen den Koalitionspartnern. Das ist für Österreich so etwas Ungewöhnliches." Die zuvor regierende Große Koalition habe ihre Konflikte stets öffentlich ausgetragen.

Kurz surft auf der Welle seiner Popularität

Reformpolitisch sei die Bilanz nach einem Jahr indes "sehr mager". So sei etwa von der versprochenen Reform der Sozialversicherung noch nichts zu sehen. Es gebe lediglich eine Steuererleichterung für Familien - als "Zuckerl" für die Kurz-Wähler. Der Kanzler habe ansonsten "weiter gesurft auf der Welle seiner Popularität", so die Autorin des Buches "Sebastian Kurz- Österreichs neues Wunderkind?".
Was man auf jeden Fall beobachten könne, sei eine Veränderung im öffentlichen Diskurs: "Der ist nämlich schon ordentlich nach rechts gerückt. Das ist mehr oder weniger eine Warnung, die man aus Österreich nach Europa schicken kann - was für Parolen, was für politische Aussagen von Regierungsseite in Österreich mittlerweile als völlig normal wahrgenommen werden." Es gehe darum, wie man über Fremde, Menschenrechte oder den UN-Migrationspakt spreche. Das sei noch nicht allen Österreichern bewusst, von außen sehe man das aber "krasser und kritischer". (bth)
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