Ein Jahr nach dem Anschlag in Hanau

Hinterbliebene suchen weiter nach Antworten

12:06 Minuten
Ein 27 Meter langes Gedenkgraffito erinnert in Frankfurt an die Opfer des Anschlags in Hanau am 19. Februar 2020.
Wandbild als Gedenken: Ein 27 Meter langes Graffito erinnert in Frankfurt/Main an die Opfer des Anschlags in Hanau am 19. Februar 2020. © picture alliance / dpa / Florian Gaul
Sebastian Friedrich im Gespräch mit Vladimir Balzer |
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Ein Jahr nach dem rassistischen Terroranschlag in Hanau melden sich Angehörige und Überlebende in einem Radiofeature zu Wort. Sie erzählen aus ihrem Alltag und vom Umgang der Behörden mit ihnen. Viele Fragen sind noch offen.
"Mir war es wichtig, die Perspektive derjenigen einzunehmen, die häufig sowohl von behördlicher als auch von Medienseite eher als Objekte behandelt werden: die Ermordeten beziehungsweise die Angehörigen", sagt der Journalist Sebastian Friedrich.
Vor einem Jahr, am 19. Februar, wurden in Hanau Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov aus rassistischen Motiven ermordet. Danach brachte der Attentäter seine eigene Mutter um und anschließend sich selbst.
Ein Jahr später kommen nun Angehörige und Überlebende in Friedrichs Radiofeature zu Wort. Es gehe darum, "die Opfer und die Betroffenen in ihrer Subjektivität, in ihrer Persönlichkeit und auch in ihren Alltagserfahrungen jenseits der Tat darzustellen", sagt er.

Ohne Mitleid von Behörden behandelt

Die Angehörigen "trauern nicht nur, sie suchen auch ein Jahr nach diesem Anschlag Antworten auf viele Fragen, die auch das Verhalten der Behörden vor der Tat betreffen: Warum konnte zum Beispiel dieser Täter einen Waffenschein haben, obwohl er schon auffällig war?", so Friedrich. Auch die Grobheit und Mitleidlosigkeit, mit der die Überlebenden nach den Morden von der Polizei und staatlichen Stellen behandelt wurden, werden im Feature thematisiert.
Demonstranten mit Schild "Hanau war kein Einzelfall".
Hanau ist kein Einzelfall, sondern reiht sich in eine rechtsterroristische Reihe von Morden ein: die Taten des NSU, der Anschlag in Halle/Saale und der Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke.© imago / ipon
Das Bewusstsein für die Gefahr, die von militantem Rechtsextremismus ausgeht, sei seit den Anschlägen in Hanau und Halle/Saale und dem Mord an Walter Lübcke zwar stärker geworden, doch drohe eine Art Abtrennung der Taten von der Mitte der Gesellschaft: "also auf der einen Seite dieser extreme Rassismus, dieser militante Rassismus, das Böse, das Unbegreifliche, und auf der anderen Seite die 'gute' Zivilgesellschaft, die Mitte der Gesellschaft", sagt Friedrich.

Auch Horst Seehofer trägt Verantwortung

Doch genau das lasse sich nicht so einfach trennen. Gerade die Brücken zwischen diesen beiden Ebenen seien die entscheidenden. Es gehe also um die Verknüpfung von Alltagsrassismus und institutionellem Rassismus, anzufinden bei der Polizei und beim Bundesinnenminister. Letzterer habe schließlich die Migration als die Mutter aller Probleme bezeichnet.

"Hanau - Ein Jahr nach dem rassistischen Terroranschlag" gibt es ab jetzt in unserer Audiothek. Am 19. Februar 2021 findet in Hanau eine Gedenkfeier mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier statt.

(ckr)
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