Ein italienischer Ausnahmekünstler

17.05.2010
Damian Dombrowski versucht in seinen Werken die Bildwelt Sandro Botticellis zu deuten. Ulrich Rehm beschreibt in seinem Buch das Leben des Ausnahmekünstlers. Hans Körner stellt in seinem Band das Werk des Italieners in den Vordergrund.
Unwiderstehlich werden die Betrachter von den Gemälden des 1444/45 in Florenz geborenen Malers Sandro Botticelli angezogen. Ein Zauber geht von seinen Frauenporträts aus. Idealschön sind die Züge der Simonetta Vespucci, anmutig ist der Reiz seiner Venus. Botticelli vermag im Ausdruck seiner Figuren ihre Geschichten aufzuheben.

Es war ein Glücksfall, dass die Frankfurter Botticelli-Ausstellung, die im Februar zu Ende ging, das sonst in Florenz hängende Bild "Minerva und der Kentaur" zeigte. Eines seiner rätselhaftesten Bilder hingegen, "Der Frühling", dem der Berliner Kunsthistoriker Horst Bredekamp eine exzellente Studie gewidmet hat, konnte allerdings im Frankfurter Städel-Museum nicht gezeigt werden.

Beide Bilder aber, so Bredekamp, waren für den Stadtpalast von Lorenzo di Pierfrancesco gedacht und hingen in einem Zimmer. Die Venus auf dem Bild "Der Frühling" hatte Blickkontakt mit der Minerva. Wechselseitig waren die Frauenfiguren so miteinander verbunden.

Während Bredekamps ganze Aufmerksamkeit Botticellis zwischen 1485 und 1487 entstandenem Bild "Primavera" (Der Frühling) gehört, beschreibt Ulrich Rehm in seinem Botticelli-Buch das Leben des Ausnahmekünstlers. Keine leichte Aufgabe, da es nur wenige Dokumente gibt, aus denen sich Botticellis Biografie verlässlich rekonstruieren lässt. Schlecht beraten wäre, wer sich da auf den Begründer der Kunstgeschichte, Giorgio Vasari, verließe, der Botticelli eine dramatische Lebensgeschichte angedichtet hat.

An ihn hält sich Rehm nicht, aber häufig ist auch er auf Vermutungen angewiesen, da es an Fakten fehlt. Wer wissen will, in welchem gesellschaftlichen Umfeld Botticelli im ausgehenden 15. Jahrhundert in Florenz gelebt hat, findet Antworten in Rehms Buch. Allerdings kommen in seiner Studie die Bildinterpretationen zu kurz.

Anders als Rehm hat Hans Körner in seinem "Botticelli"-Buch (2006) statt der Person das Werk des unverheirateten Künstlers in einem reich bebilderten Band in den Vordergrund gestellt. Dass "aus seinen Werken das meiste über den Maler Botticelli" zu erfahren ist, diese Ansicht vertritt auch Damian Dombrowski in seinem Buch "Botticelli Ein Florentiner Maler über Gott die Welt und sich selbst". "Was wir über seine Lebensdaten und –umstände wissen", so Dombrowski, "ist weitaus weniger spektakulär." Folgerichtig ist es deshalb, dass sich der Autor dafür entscheidet, die Bildwelt Botticellis anhand von exemplarischen Gemälden zu deuten.

Seine jeweils nur wenige Seiten umfassenden Einzelinterpretationen liest man mit Gewinn und hätte sich dazu schönere Abbildungen gewünscht. Vertiefen kann man das Botticelli-Interesse, wenn man auf den Band "Die religiösen Gemälde Sandro Botticellis Malerei als pia philosophia" zurückgreift. In diesem opulenten Band, der leider nur Schwarzweiß-Abbildungen enthält, lässt sich Dombrowski intensiv auf die ausgewählten Bilder ein.

Wer nach der all der Lektüre Lust bekommt, sich die Bilder dieses Künstlers im Original anzusehen, dem seien die Uffizien in Florenz mit einem eigenen Botticelli-Saal empfohlen - am besten mit Dombrowski und Bredekamp im Gepäck.

Besprochen von Michael Opitz

Damian Dombrowski: Botticelli. Ein Florentiner Maler über Gott, die Welt und sich selbst
Wagenbach Verlag, Berlin 2010, 141 Seiten, 15,90 Euro

Damian Dombrowski: Die religiösen Gemälde Sandro Botticellis, Malerei als pia philospohia
Deutscher Kunstverlag, Berlin und München 2010, 582 Seiten, 88,00 Euro

Horst Bredekamp, Sandro Botticelli, Primavera, Florenz als Garten der Schönheit Wagenbach Verlag, Berlin, 2. veränderte Ausgabe 2009, 11,90 Euro.

Ulrich Rehm, Botticelli. Der Maler und die Medici, Eine Biographie
Reclam, Stuttgart 2009, 280 Seiten, 22,90 Euro