„Ein Hybridwesen“

Von Susanne Burckhardt |
Wut. Das ist eine der Hauptantriebskräfte von Tracey Rose. Wenn die 36-Jährige zu reden beginnt, dann spricht sie schnell, gerät in Rage und verliert auch gern mal den Faden. Diese Wut könnte der Grund sein, warum die Zusammenarbeit zwischen ihr und renommierten Galerien mitunter scheitert. Denn Tracey Rose ist radikal – in ihrem Auftreten wie in ihren Ansichten.
Wenn sie weiß wäre, so erwähnt sie beiläufig, dann würde sie sich umbringen. Denn die Weißen hätten die ganze Welt zerstört durch Klimaerwärmung und die Kolonialisierung. Aber dann, wieder lacht sie und sagt: Ich bin ja halb schwarz und halb weiß – also da ist immer ein Teil in mir, der sich töten möchte. Und lacht wieder. Tracey Rose spitzt eben gern zu.

Als sie vor zehn Jahren die Universität verließ, galt sie als Riesentalent. Da waren ihre Arbeiten schon längst bei der Johannesburger Biennale zu sehen, aber auch in Karlsruhe, Turin und New York. Nur ein Jahr nach dem Studienabschluß war sie Gast bei Harald Szeemanns Venedig-Biennale. Steiler kann eine Kunstkarriere kaum beginnen.

Ein wichtiges Element ihrer Arbeiten sind Maskeraden. Was ist Identität, wer spielt welche Rolle? Das sind Fragen, die sie in ihren Performance-Arbeiten immer wieder stellt. Ein Grund dafür ist vielleicht ihre Jugend in Johannesburg in einem Stadtviertel, das als grey zone galt – also einem Viertel, in dem sich Schwarze und Weiße mischten, auch wenn dies von der Apartheid verboten war. In einer Zeit, in der Leute wie sie als „Farbige“ bezeichnet wurden.

„Ein Hybridwesen“, so nennt sie sich, und lacht, wie sie oft lacht, wenn sie gerade etwas sehr Provozierendes gesagt hat. Ihr Körper ist oft das eigentliche Element ihrer Performance-Arbeiten: In einem ihrer Videos begegnen wir ihr als Totenkopffrau mit Pappmachee-Hut. Dann wieder pinkelt sie bei Jerusalem gegen die Mauer, die die Palästinenser auf Abstand halten soll, lila angemalt als Heilsbringerin.

In „Love me – fuck me“ ist eine Frau zu sehen, die sich selbst mit zwei Boxhandschuhen ins Gesicht schlägt – linke Hand:"Love“ – rechts „fuck“. Gerade plant Tracey Rose ein eigenes Fernsehprogramm in einer Galerie, in dem die Beziehungen und Verhältnisse zwischen Gezeigtem und Gefragtem durcheinandergeraten.

Und auch beim Theaterprojekt „X-Homes“, veranstaltet vom Berliner Theater Hebbel am Ufer in Kooperation mit dem Goethe-Institut während der Fußball-WM, wird sie dabeisein: Im Vier-Sterne-Hotel Soweto – direkt in der Nähe des Ortes, an dem 1955 die „Friedenscharta“ entwickelt wurde. Hier, in einem der Hotelzimmer, wird sie eine Performance aufführen, in der die Widersprüche dieses Ortes eine Rolle spielen.