Ein ganzer Fernsehsender für ein einziges Buch

Von Kirsten Dietrich |
Vor zehn Jahren startete in Hamburg ein Projekt, das von vielen mit einer Mischung aus Amüsement und Unglauben betrachtet wurde: der erste christliche Fernsehsender in Deutschland. Bibel TV machte ernst mit dem, wovon "Wort zum Sonntag" und Fernsehgottesdienste nur träumen können: christliches Fernsehen rund um die Uhr.
"Ein ganzer Fernsehsender für ein einziges Buch: die Bibel. Bibel TV."

"Es ist schwer, das so allgemein zu sagen, aber wir haben den Auftrag, die Bibel ins Fernsehen zu bringen, und daran halten wir uns auch."

Bibel ist für Henning Röhl gleichbedeutend mit christlicher Botschaft, und deshalb sieht der Geschäftsführer von Bibel TV für sich einen Auftrag: Fernsehen im Namen des Herrn zu machen. Das ist seit zehn Jahren der Abschluss einer langen Fernsehkarriere: Früher hat Röhl Weltliches für öffentlich-rechtliche Nachrichten und den gesamten MDR auf den Bildschirm gebracht.

"Es gibt keine Sendung in der ARD, auf die ich so viel Post bekommen habe wie auf die Sendungen von Bibel TV. Es gibt schon eine richtig begeisterte Zuschauerschaft. Nicht umsonst haben wir auch so viele Freunde, die diesen Sender unterhalten."

"Was bedeutet es, Christ zu werden? Er ließ sich für uns kreuzigen. Gott liebt dich und mich.""

Es gibt im Programm von Bibel TV das Erwartbare: lange Gottesdienste mit feurigen Erweckungspredigern, gerne aus den USA. Dokumentationen über Missionare und Entwicklungshelfer, Sandalenfilme über alle einschlägigen Bücher der Bibel, dazu viel Musik: christlicher Rock und Pop, auch Choräle und immer wieder Gospel.

Aber Bibel TV zeigt auch Sendungen, die die Zuschauer hierzulande wohl eher nicht mit Christentum und Kirche verbinden: Feelgood-Movies, die rührende Bekehrungsgeschichten erzählen, Abenteuerfilme, in denen Gott persönlich eingreift, und Jesus-Zeichentrick für Kinder.

""Er nahm die Sünde der Welt auf sich. Miracle Maker, der Mann der tausend Wunder."

Das alles meist übernommen aus den USA, von christlichen Produktionsfirmen. Denn Geld ist immer noch knapp bei Bibel TV.

"Bibel TV ist ein christlicher Fernsehsender, der etwas hat, was die meisten Sender in Deutschland nicht haben, er wird nämlich von seinen Zuschauern direkt unterhalten. Die Zuschauer finanzieren dieses Programm, durch Spenden."

Damit bekommt Geschäftsführer Henning Röhl immerhin einen Etat von beinahe neun Millionen Euro im Jahr zusammen, zu 90 Prozent finanziert von Zuschauern, der Rest kommt aus der Werbung. Für ein Fernseh-Vollprogramm ist das natürlich immer noch lächerlich wenig, zumal die Hälfte der Mittel in die technische Verbreitung fließt und am Ende nur rund 600.000 Euro für Eigenproduktionen übrigbleiben.

"Ich mein, klar ist es natürlich immer ne Herausforderung, dass die Sender von Spenden leben, dass natürlich auch nicht immer das bezahlt werden kann, was man so aus dem säkularen Bereich kennt, aber das ist für mich auch wichtig zu sagen: es ist auch irgendwo mein Auftrag als Christ zu sagen, ich möchte was weitergeben."

Knapp über 50 Prozent des Kapitals von Bibel-TV stammen aus der Stiftung des christlichen Verlegers Norman Rentrop. Auch die evangelische und katholische Kirche in Deutschland sind Gesellschafter, über Tochterfirmen halten sie 25 Prozent der Anteile. Wie nah die Kirchen damit Bibel TV stehen, dazu gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten.

"Bei den Kirchen hab ich auch manchmal das Gefühl, wir seien denen ein bisschen zu fromm, aber dies stört mich überhaupt nicht, ich finde, die Kirchen sollten frommer werden. Ich will auch nicht, dass Oberkirchenräte bei uns das Programm mitbestimmen."

Markus Bräuer ist Oberkirchenrat und Medienbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland. Ganz prinzipiell begrüße die EKD das Angebot von Bibel TV, sagt er. Als neutrale Sendeplattform für alle Christen versteht er das Programm allerdings nicht.

"Bibel TV bietet ein Angebot für diejenigen, die einen besonderen Zugang zu einer besonderen Frömmigkeitsform auch für ihren Glauben und für ihr Leben wichtig finden. Es hat ein besonderes Frömmigkeitsprofil, wo nicht die historisch-kritische Auseinandersetzung mit der Bibel im Mittelpunkt steht, sondern das persönliche Bekenntnis zu Jesus Christus."

"In der Geschichte zu diesem Feiertag geht's außerdem nicht um euch, sondern um - Jesus! - Genau."

Auch andere kirchenpolitische Allianzen, die hinter Bibel TV stehen, sind durchaus zerbrechlich. Dem Evangeliumsrundfunk ERF, dessen Nachrichtenagentur idea eine von zwei Nachrichtensendungen mit kirchlichen Neuigkeiten liefert, ist das Programm mit seinen katholischen und jüdischen Protagonisten zu vielfältig. Einzelne evangelische Landeskirchen dagegen schauen skeptisch auf die inhaltlich durchgehend konservative Ausrichtung von Bibel TV. Das führte im letzten Jahr in Niedersachsen dazu, dass der evangelische Vertreter im Rundfunkrat gegen die Einspeisung von Bibel TV ins landesweite Kabelnetz stimmte.

Dank Digitaltechnik erreicht Bibel TV inzwischen europaweit 40 Millionen Haushalte - diese Zahl nennt Bibel TV. Zwischen 300- und 400.000 Menschen täglich schalten auch wirklich ein.

Die evangelische Kirche hat gerade den Versuch aufgegeben, ihre Homepage evangelisch.de zu einer Art Facebook für Protestanten zu machen. Die katholische Kirche will in einer Woche ihre Seite katholisch.de neu als multimedialen Sammelpunkt profilieren. Den Weg über einen eigenen Fernsehsender schließen beide aus und setzen auf das Internet als kostengünstige Variante. Bischof Gebhard Fürst, in der deutschen Bischofskonferenz für Medien zuständig:

"Wir verstehen das nicht als PR. Wir haben natürlich das Interesse, dass wir die Nachrichten, die Bilder, die Gestaltung dieser Homepage so kompetent präsentieren, dass Kirche hier ihre attraktive Seite auch zeigt. Dann hat das natürlich auch eine missionarische Wirkung."

Ob allerdings selbst gedrehte Filme aus den einzelnen Bistümern so einen Sinn für Gemeinschaft schaffen können, wie das für das homogenere Publikum von Bibel TV offenbar gelingt? Geschäftsführer Henning Röhl ist jedenfalls überzeugt: Das Bemühen um das Projekt wird Bibel TV auf lange Sicht die christlichen Kräfte zusammenschweißen.

"Wir wollen nie Gemeindeersatz sein, aber wir haben schon eine wirklich treue Gemeinschaft, die Bibel TV unterstützt und die für Bibel TV da ist."

""Bibel TV - der christliche Familiensender. Vielen Dank fürs Zuschauen!""