Ein eigener Geschäftszweig

Von Margarete Blümel |
Trotz des enormen wirtschaftlichen Aufschwungs, der Indien in den letzten Jahren vom Entwicklungsland Richtung Wirtschaftsmacht katapultiert hat, leben bis heute drei Viertel aller Inder unter schwierigen bis armseligen Bedingungen.
Mittagsbetrieb in einem Fast - Food - Restaurant im Zentrum von Neu Delhi. Japanische Touristen stehen etwas unschlüssig vor dem mit sicher 30 verschiedenen Hauptgerichten beladenen Buffet. Mit zusammengekniffenen Augen versuchen sie, die zu den Speisen gehörenden Kärtchen zu entziffern, bevor sie schließlich zugreifen.

In einem Séparée haben ein paar indische Familien Platz genommen. Sie lassen sich bedienen. Kellner eilen mit Schüsseln und Platten voller Reis, würzigem Linsenbrei, Kartoffel-Curry, scharfem Auberginenmus und gefüllten Fladenbroten zwischen den Tischen hin und her.

Auf- und Abwärtsbewegung zwischen Mund und Magen
Die Besucher draußen an den Stehtischen tun sich deutlich schwerer. Vor, hinter und neben ihnen stehen die Bettler. Unentwegt schauen die Bittsteller auf die Teller, deren Inhalt die Kunden verzehren - oder sie blicken ihnen ins Gesicht und führen ihre Hände in einer Auf- und Abwärtsbewegung zwischen Mund und Magen hin und her. Die Belagerten sehen demonstrativ in eine andere Richtung. Ab und an kommt einer der Kellner heraus, um die Bettler zu verscheuchen.

Yoti kennt das nur zu gut. Sie ist zwölf, sieht aber einige Jahre älter aus und hat sich bis vor einem Jahr durch betteln zu ernähren versucht.

"Wir haben weit draußen gewohnt. Ich musste stundenlang mit dem Bus fahren, um an Plätze zu kommen, an denen die Leute mir etwas gegeben haben. Ich hatte keine Sandalen, nichts Warmes zum Anziehen, keine Decke. Mama sagte: 'Geh betteln. Du musst mit dafür sorgen, dass wir über die Runden kommen.' Ich habe das gehasst. Wenn ich die anderen Kinder sah, die spielten oder in die Schule gingen, dachte ich immer nur: Warum muss ich das machen?!"

Inzwischen ist Yoti Praxisanleiterin bei "Chetna". Die private Kinderhilfsorganisation bietet jungen Bettlern eine ganze Bandbreite an Unterstützungsmöglichkeiten an - zum Beispiel Schulunterricht, Hilfe im Alltag oder auch nur ein Gespräch.

"Ich bin hierher gekommen, nachdem ich auf der Straße eine Frau von 'Chetna' getroffen habe. Sie sagte: 'Komm' doch einfach mal bei uns vorbei. Du musst bei 'Chetna' gar nichts tun, aber du kannst einiges machen.' Wir dürfen uns hier ausruhen. Wir können etwas lernen, sagen wir mal, lesen, schreiben und so etwas. Oder uns einfach die Sachen erklären lassen, die wir nicht verstehen. Und wir haben die Möglichkeit, hier zu duschen. Oder auch einfach nur zu spielen."

Die Kleinsten werden zum Betteln auf die Straße geschickt
Nach moderaten Schätzungen leben mehr als 50 Prozent der Inder in Armut. Ein Teil von ihnen schlägt sich mithilfe von Gelegenheitsjobs durch, andere werden zumindest eine Weile von der Verwandtschaft mitgetragen, wieder andere haben längst aufgegeben und ihre tristen Aufgaben im Kreis der engsten Familie verteilt: Der Vater verdingt sich als Wanderarbeiter, die Mutter hält unter dem Brückenpfeiler oder in der Slumhütte die Stellung, die älteren Töchter gehen mit dem Säugling der Mutter auf Almosentour oder sie prostituieren sich, die Kleinsten werden zum Betteln auf die Straße geschickt.

Was all diese Armen eint, ist die Tatsache, dass sie auf ihren Staat entweder nur sehr bedingt oder überhaupt nicht zählen können, sagt Sanjay Gupta, der Manager von "Chetna":

"Wenn Sie mich fragen: Unsere Regierung tut in dieser Hinsicht überhaupt nichts! Ganze Familien haben darunter zu leiden, dass der Staat seine sozialen Pflichten nicht wahrnimmt. Es gibt zum Beispiel Gesetze, die besagen, dass notleidende Familien in ihrem Bundesland Anspruch auf Hilfeleistungen haben. Warum ziehen die Leute mit ihren Kindern aber wohl so oft weg? Weil sie hoffen, anderswo mehr Glück zu haben. Die Gesellschaft mag eine wichtige Rolle spielen, aber am Ende ist es doch der Staat, der sich um die Menschen und um deren Kinder kümmern muss."

Yoti aber hat inzwischen einiges erreicht. Seitdem sie Praxisanleiterin bei "Chetna" ist und andere Kinder zum Lernen und zum Ausstieg aus dem Betteln ermutigt, hat sie in doppelter Hinsicht profitiert: Sie erhält ein festes Einkommen - und ihr Selbstvertrauen ist gewachsen.

"Als ich gebettelt habe, sind am Tag nur ein paar Rupien zusammengekommen. Jetzt erhalte ich jeden Monat zweitausendfünfhundert Rupien! Und ich werde hier sehr respektiert. Ich bin glücklich, ich bin stolz!"

Das Repertoire der Bittsteller ist groß: Frauen haben Babys auf dem Arm, denen sie im Bedarfsfall heimlich eine kleine Nadel in den Po stechen, um sie zum Weinen zu bringen. Kinder überreichen Zettel, auf denen in englischer Sprache ein akuter Notfall innerhalb der Familie geschildert wird, dem mit einer großzügigen Spende hier und jetzt ein Ende bereitet werden kann. Männer strecken den Verkehrsteilnehmern anklagend ihre mit einer Mullbinde umwickelte Hand entgegen. Der Verband wird jeden Tag erneuert und mit einer wie getrocknetes Blut wirkenden Lösung bestrichen.

H4>Die Konkurrenz ist riesigAuch wenn keine genauen Zahlen existieren, besonders in den großen Städten gibt es keinen Park, keine Sehenswürdigkeit, keinen Markt oder Tempelvorplatz ohne Bettler. Die Konkurrenz ist riesig. Es ist schwer, sich hervorzutun.

Eine große Zahl verkrüppelter Bettler ist zu sehen. Etliche von ihnen sind von Geburt an eingeschränkt. Der Rest wurde von einem der für ihre Skrupellosigkeit bekannten Bettlersyndikate willkürlich verstümmelt. Hier, sagt der Soziologe Dr. Chittaranjan Mishra, laute die Devise: Je mehr Mitleid erregt wird, desto mehr Geld kommt rein.

"Einige dieser Organisationen werden von zwei, drei Leuten geführt, die zwischen 30 bis 100 Bettler unter sich haben. Morgens senden sie die Betroffenen in diverse Gebiete aus. Die Anweisung lautet: 'Komm erst zurück, wenn du mindestens soundsoviel Rupien zusammen hast. Und lass dich in keinem Fall vor acht, neun Uhr abends wieder hier blicken.' Die Bettler müssen ihre gesamten Erträge abliefern. Im Gegenzug bekommen sie einen Schlafplatz auf dem Fußboden und zwei Mal täglich eine bescheidene Mahlzeit."

Dr. Mishra hat eine Studie zu dem Thema herausgebracht, mit dem die meisten Inder jeden Tag aufs Neue konfrontiert sind.

"Zunächst haben wir die Spender nach den Motiven ihres Tuns befragt. Die meisten antworteten, dass sie in erster Linie aus Mitleid mit den vom Schicksal Gebeutelten, mit den Alten und Verkrüppelten, so handeln würden. Einige erklärten, dass sie dadurch eine tiefe innere Befriedigung erführen. Eine weitere große Gruppe machte religiöse Gründe geltend. Und genau das bringt regelmäßig die Bettler auf den Plan. Sie arbeiten systematisch bestimmte Routen ab. Dienstags zum Beispiel sind in ganz Indien die Hanuman-Tempel an der Reihe. Dann nämlich kommen die meisten Verehrer dieses Gottes in die Kultstätten und die sind besonders spendierfreudig."

Geste der Demut
Dann haben es die Gläubigen ziemlich schwer, bis ins Innere ihres Gotteshauses vorzudringen. Dutzende von Bettlern haben sich vorm Eingang positioniert. Einige sind in einer Geste der Demut erstarrt: Die Hände vor der Brust gefaltet, schauen sie stumm vor sich hin.

Andere wieder fassen die Gläubigen bei der Schulter und weisen mit gespreizten Fingern zum Mund, um ihren Hunger kundzutun. Wer keine Hände und keine Beine hat – und das sind erstaunlich viele – ergeht sich in beständigem Lobgesang, schaut den Vorübergehenden flehend ins Gesicht oder schickt ihnen den Gehilfen hinterher.

"Wir kommen regelmäßig hierhin. Der Dienstag ist für uns so etwas wie ein Feiertag, weil er Hanuman, unserem Gott, vorbehalten ist. Shiva zum Beispiel ist montags an der Reihe, der Heilige Sai Baba donnerstags. Das ist hierzulande so - jeder Gott hat seinen ganz besonderen Tag!"

Religiöses Verdienst entsteht in erster Linie dann, wenn der Gläubige seine Gabe demütig und absichtslos verschenkt - ohne die Intention also, dadurch einen Vorteil zu erlangen.

Indem der Gläubige seinem Gott, einem Asketen oder auch einem Bettler das Geschenk übergibt, tritt er aber auch einen Teil seiner rituellen Unreinheit an ihn ab. Der Beschenkte verliert also in gewissem Sinne, der Schenkende gewinnt etwas hinzu.

Aus diesem Grund legen viele Asketen es gar nicht unbedingt darauf an, Spenden von Gläubigen zu bekommen. Die Bettler vor den Tempeln wiederum ficht es nicht an. Sie stehen am Ende einer Kette, die im Hinduismus ihren Lauf genommen hat, aber schon vor langer Zeit zu weltlichen Zwecken überführt wurde.

"Es gehört zu unserer Kultur, dass man das Prasad – die gesegnete Opferspeise – zurückerhält und sie danach mit den Anderen teilt. Aus diesem Konzept hat sich dann eine Art Gemeinschaftsversorgung entwickelt, die vor allem den Bedürftigen zugute kam. Leider hat sich das Ganze längst in ein System des Bettelns und des Almosen – Gebens umgewandelt."

Am Tempel sicher vor der Polizei
Einer neben dem anderen sitzen die Bettler zu beiden Seiten der Eintrittsgasse, die zum Tempel führt. Wer hier einen Platz gefunden hat, kann sich glücklich schätzen. Gläubige, die durch diesen Cordon gehen, stecken jedem der hier Versammelten einen kleinen Geldbetrag oder etwas zu essen zu. Außerdem sind die Bittsteller an solchen Orten sicher vor der Polizei.

In Indien gibt es keine einheitliche Gesetzgebung, die das Betteln regelt. Doch in einigen Bundestaaten können Bettler festgenommen werden, wenn die Polizei sie auf frischer Tat ertappt. Manchmal drücken die Polizisten allerdings beide Augen zu - vor allem, wenn zuvor ein Geldschein den Besitzer gewechselt hat.

Arbeit wird vorgetäuscht
Dann wieder sorgen die Syndikate vor, die die Bettler ausschicken. Sie rüsten ihre "Schützlinge" entsprechend aus. So werden vor allem Kinder gern mit diversen Verkaufsgütern auf die Straßen geschickt, um den Eindruck zu erwecken, dass sie arbeiten.

"Es erscheint zunächst ein bisschen merkwürdig, dass viele Kinder Rosen, Bücher oder Handtücher zum Verkauf anbieten. Aber es dient ganz einfach dazu, die kleinen Bettler im Falle einer Razzia zu schützen. Sie können sich dann damit rausreden, dass sie arbeiten. Sie betteln nicht, sie versuchen, etwas zu verkaufen. Somit gibt es auch keinen Grund, sie in ein Reha - Zentrum für Bettler zu stecken. Sie richten keinen Schaden an, denn sie verdienen sich ihr Geld!"

Das Leben auf der Straße ist hart. Immer wieder bringen die Tageszeitungen Berichte über Bettler, die nachts an ihrem Lagerplatz am Straßenrand oder unter dem Brückenpfeiler erstochen oder erschlagen worden sind. Vergewaltigungen von Bettlerinnen ohne festen Wohnsitz sind so verbreitet, dass sie meist nicht einmal mehr in einer Randnotiz erwähnt werden.

Dazu kommt das Misstrauen, dass viele Inder gegenüber ihren mittellosen Landsleuten hegen.

"Ich gebe niemals etwas"
"Ein Beispiel: Als ich an einer Ampel anhalten musste, kam eine Frau auf mich zu. Sie sei schwanger, sagte sie und sie fühle sich so schlecht, dass sie unbedingt ins Krankenhaus müsse. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass dies ihre Masche war, um Geld aus mir herauszuquetschen. Ich könnte Ihnen viele solcher Beispiele benennen! Deshalb gebe ich niemals etwas."

In einigen Fällen mag diese Einschätzung zutreffend sein. Inder, die solche Erfahrungen gemacht haben und des ganzen Elends einfach überdrüssig sind, äußern auch oft die Meinung, Bettler hätten sich in ihrem Dasein ganz gut eingerichtet und wollten nicht arbeiten.

In der Realität aber ist es meistens so, dass indische Arbeitssuchende über Beziehungen oder über ein Bakschisch an einen Job kommen. Selbst die von der Regierung aufgelegten "Programme zur Ausrottung der Armut" und die Maßnahmen zur Beschaffung einer Arbeitsstelle werden oft auf dieser Schiene abgewickelt.

Eine weitere Hürde stellt die Forderung der Behörden nach Dokumenten dar. Viele Bettler haben solche Schriftstücke entweder nie besessen oder sie sind ihnen irgendwann im Zuge des Lebens auf der Straße verloren gegangen. Manche von ihnen kommen erst gar nicht in den Genuss solcher Programme, weil sie festgenommen und in ein sogenanntes Rehabilitationszentrum für Bettler deportiert werden.

Gescheiterte Hilfsprogramme
Der Ruf dieser Einrichtungen ist schlecht. Vor drei Jahren etwa starben im Bundesstaat Karnataka innerhalb von acht Monaten 286 Menschen in einem Reha-Zentrum für Bettler. Oft bekommen die Betroffenen in den Betreuungsstätten nicht genug zu essen.

Dass sogenannte Beschäftigungsprogramm besteht aus Arbeiten für die Industrie, für die sie keinerlei Lohn erhalten. Viele der Insassen versuchen zu flüchten. Nur wenigen gelingt das - einer von ihnen ist Rahul.

"Mein Bruder, meine Schwester und ich mussten betteln, weil mein Vater so viel getrunken hat. Er hat uns auch das bisschen, was wir bekommen haben, gleich weggenommen und das Geld fürs Trinken verbraucht. Wir mussten die Verachtung der Leute ertragen, wir durften nichts sagen, wenn sie sich über uns lustig machten und am Ende blieb uns nicht das Geringste übrig! Dann hat die Polizei meinen älteren Bruder und mich festgenommen. Wir kamen in ein Asyl für Bettler. Das war die schrecklichste Zeit meines Lebens. Was aus meinem Bruder geworden ist, weiß ich nicht. Ich bin jedenfalls geflohen. Danach habe ich das Betteln aufgegeben."

Drogen helfen zu vergessen
Rahul ist 14 Jahre alt, lebt in Mumbai in einer Fußgängerunterführung und betätigt sich als Lumpensammler. Sobald er genug Geld für den Tag zusammen hat, setzt er sich mit seinen Freunden in eine Nische der Unterführung. Hier haben sie Klebstoff, Plastiktüten, Lappen und Streichhölzer gelagert. Die einen atmen das Lösungsmittel durch die Plastiktüte ein, andere tränken einen Lappen damit, Rahul erhitzt das Gasgemisch lieber, weil es dann stärker und länger wirkt. Bald darauf spüren Rahul und seine Freunde weder Hunger noch Durst. Sie schauen mit weit geöffneten Augen vor sich hin.

Dass es auch anders gehen und eine Bettlerin sogar in einem vornehmen Viertel Delhis ihren Lebensmittelpunkt haben kann, zeigt das Beispiel Radhas. Eigentlich sorgen dort Sicherheitsleute der reichen Anwohner und die regelmäßig durchs Viertel patrouillierenden Polizisten dafür, dass Bettler den Bewohnern der Defence Colony nicht zu nahe kommen.

Radhas "Bett" ist eine Schlafmatte
Und doch lebt die vielleicht 75-Jährige, die ihr genaues Alter nicht kennt, seit etwa 40 Jahren hier. Sie wohnt mitten auf dem Markt des feinen Viertels, in dessen Läden Lachs aus Island, Schweizer Müsli und holländischer Goudakäse angeboten werden.

Radhas "Bett" ist eine Schlafmatte mit einem Tuch darauf und einer Wolldecke. Sie breitet diese Matte jeden Abend auf einem schmalen Streifen vor der State Bank Of India aus, wo sie dann in Anwesenheit des Guards, der den Bankschalter Tag und Nacht mit Gewehr und zwei wachen Augen beaufsichtigt, sicher schläft.

"Nachdem ich vor ungefähr 40 Jahren hierher gekommen war, habe ich einen kleinen Teestand aufgemacht. Doch das Geschäft lief dann nicht so gut. Ich wusste nicht, wohin. Aber zum Glück haben die Marktleute mir erlaubt, hier zu schlafen und mir eine kleine Nische einzurichten."

Seitdem ist Radhas Adresse 110024 Defence Colony Market, Delhi. Obschon ihr bisher noch nie jemand geschrieben hat. Und das nicht ohne Grund.

"Ich bin zwei Mal zurück ins Dorf, konnte aber mein Haus nicht mehr finden. Ich habe vergessen, wo es stand und ich habe auch niemand getroffen, den ich kannte. Ich bin sehr froh, hier bleiben zu können. Und irgendwann auch hier zu sterben."

Radha trägt saubere Kleider, hat eine Brille und war erst kürzlich beim Zahnarzt, um ihr Gebiss sanieren zu lassen.

Erwirktes Bleiberecht
Sie ist nicht die einzige Bettlerin, die hier im Viertel lebt. Vielleicht 100 Meter von Radhas Schlafplatz entfernt hat es eine weitere Frau geschafft, ein Bleiberecht zu erwirken.

Sie ist Ende 80 und wurde nach dem Tod ihres Ehemannes von ihrer Familie verstoßen. Mithilfe der Anwohner und deren Hauspersonal entstand vor 15 Jahren eine Bretterkonstruktion, die sich an die Grundstücksmauer eines sehr gepflegten Anwesens anlehnt. Hier wohnt die alte Dame, die kaum noch sehen, aber mithilfe von Gehstöcken recht gut laufen kann. Sie hat keinerlei Geld zur Verfügung, doch ihre Umgebung sorgt dafür, dass es ihr an nichts fehlt.

"Einer versorgt sie mit Medizin, ein anderer mit Essen. Jeder hier kennt die Frau und setzt sich auf einen Plausch zu ihr. Sie fühlt sich hier zu Hause!"

Sagt der ein paar Straßen weiter wohnende Mann, der seit langem regelmäßig zum Einkaufen hierherkommt und die beiden Bettlerinnen kennt. Die beiden Frauen, ergänzt er, müssten sich auch um ihr letztes und vielleicht sehnlichstes Anliegen keine Sorgen machen - dass sie irgendwann, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, nach hinduistischen Riten eingeäschert werden.
"Sie können sich auf die Menschen hier verlassen. Sie sind alleinstehend, aber die Gemeinschaft kümmert sich um sie. Und das ohne irgendeine Vorschrift, ohne eine Richtlinie!"
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