Gedankenspiele zum NATO-Gipfel

Deutschland mit Atomwaffen – eine gute Idee?

06:33 Minuten
Illustration: Zahlreiche schwarze Raketen mit Sprengköpfen über einer Weltkarte. Die Meere sind rot eingefärbt.
Zurzeit hätten Deutschland und Nachbarn wie Polen einer Atomdrohung von Wladimir Putin nichts entgegenzusetzen, sagt der Journalist Hajo Schumacher. © Getty Images / Peter Zelei
Hajo Schumacher im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Deutschland ist in der EU ein mächtiges Land, aber Bezogen auf die Verteidigung nur ein Zwerg, sagt Hajo Schumacher. Der Journalist fände es klug, Deutschland auch Atomwaffen in die Hand zu geben, um Putin in Schach zu halten.
Nach dem Gipfel ist vor dem nächsten Gipfel – auf G7 in Elmau folgt der NATO-Gipfel in Madrid. Ein Plan eilt dem Treffen schon voraus: Das Bündnis will seine Eingreiftruppe massiv erweitern von derzeit 40.000 Soldatinnen und Soldaten auf mehr als 300.000.
Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, begrüßt dies, unter anderem mit den Worten: Es gehe dabei nicht um Eskalation, sondern, im Gegenteil: „Wer stark ist, wird nicht angegriffen.“

Lange an Verhandeln und Bündnisse geglaubt

In einem Punkt habe die Politikerin recht, meint der Journalist Hajo Schumacher: „Wir haben ja ganz lange an Verhandeln und Bündnisse und nettes Miteinander geglaubt.“ Das sei grundsätzlich eine gute Sache. „Doch jeder, der sich mit Verteidigung auskennt, ob auf dem Schulhof oder in der Weltpolitik, weiß: Es schadet nichts, wenn man einen dicken Knüppel im Gepäck hat – den man ja nicht zum Einsatz bringen muss.“
Vor diesem Hintergrund, so Schumacher, müsse auch das Gedankenspiel von einem Deutschland ausgestattet mit Atomwaffen erlaubt sein. Er lehne grundsätzlich den Einsatz von Atomwaffen ab, stellt der Journalist klar. Doch besser sei es, wenn sich solche toxischen Waffen in der Hand von Vernünftigen und von stabilen Demokratien befänden als in der „von Mullahs oder sonst irgendwelchen Menschen, die komische Ziele verfolgen“.

Verteidigungstechnisch ein Zwerg

Verteidigungstechnisch sei Deutschland als mächtigstes Land innerhalb der EU „ein ziemlicher Zwerg“. Die Konsequenz: „Mit einer Atomdrohung von Wladimir Putin sind wir Deutschen und unsere europäischen Nachbarn, insbesondere die Polen und all die, die unmittelbar an der Grenze liegen, komplett ausgeliefert. Wir haben diesen dicken Knüppel nicht.“
Das werde zu einem großen Problem, falls 2024 in den USA Donald Trump oder „ein Trumpist oder eine Trumpistin“ die Regierung übernehmen sollte. Ähnliches gelte für Frankreich unter einer möglichen Präsidentin Le Pen in ein paar Jahren. Die USA und Frankreich fielen als starke Partner weg, wenn dort NATO-kritische Regierungen das Sagen hätten.

Logik des Kalten Krieges

Im Prinzip führe das zurück zur Aufrüstungs- und Overkill-Logik des Kalten Krieges: „Keiner konnte eine Atomrakete losschicken, ohne Angst haben zu müssen, dass im Gegenzug eine zurückkommt“, sagt Schumacher. „Das ist eine ganz fürchterliche Logik, die schwärzeste Pädagogik, die man sich vorstellen kann. Aber wirkungsvoll.“
(mkn)

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