Ein bisschen Deutsch
Andreas Thalmayr alias H. M. Enzensberger unternimmt in "Heraus mit der Sprache" Rundgänge durch das Dickicht der deutschen Sprache. Er präsentiert damit, wie es der Untertitel formuliert, "ein bisschen Deutsch für Deutsche, Österreicher, Schweizer und andere Aus- und Inländer". Sprache, so seine These, lässt sich nicht normieren.
Seit langem ist es kein Geheimnis mehr, dass sich der Lyriker und Essayist Hans Magnus Enzensberger mitunter einer Tarnkappe bedient und unter dem Pseudonym Andreas Thalmayr didaktische Hinweise gibt, wie beispielsweise Gedichten neue Seiten abzugewinnen sind. Nach seinen Bänden "Lyrik nervt" und "Das Wasserzeichen der Poesie" begibt sich Thalmayr nun auf einen "längeren Spaziergang" durch die deutsche Sprache und lässt sich von deren Artenreichtum leiten.
Die Beschäftigung mit der deutschen Sprache erfreut sich ungetrübter Beliebtheit. Der "Spiegel"-Mitarbeiter Bastian Sick landete mit seinen scharfen Beobachtungen "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" einen überraschenden Bestseller; "Zeit"-Journalist Dieter E. Zimmer, ein ausgewiesener Sprachgeist, resümierte seine Auffassungen in dem Band "Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit", und die seit Jahren (oder Jahrzehnten?) schwelende Debatte um die so genannte Rechtschreibreform erlaubt Oberlehrern jedweder Couleur, als Sprachpfleger und Sprachverbesserer aufzutreten.
Andreas Thalmayr, der sich mit übertriebenem Understatement als "Amateur" bezeichnet, geht es in "Heraus mit der Sprache" nicht darum, eine systematisch angelegte Grammatik oder Stilistik vorzulegen. Stattdessen lässt er sich von (Zufalls-) Beobachtungen leiten und unternimmt sieben Rundgänge durch das Dickicht der deutschen Sprache, um – wie es der Untertitel formuliert – "ein bisschen Deutsch für Deutsche, Österreicher, Schweizer und andere Aus- und Inländer" zu präsentieren.
Thalmayrs Kommentare, die gelegentlich ein wenig selbstverliebt und belehrend einher kommen, gehen von Funden aus, die Kopfzerbrechen oder Amüsement auslösen. Sprache – so die Grundannahme – lässt sich nicht dauerhaft normieren; sie bahnt sich ihren Weg, ohne sich um die Vorschriften der DUDEN-Redaktion oder irgendwelcher Rechtschreibkommissionen zu kümmern. "Heraus mit der Sprache" ist also ein Lesebuch, das dazu auffordert, im Reden innezuhalten und darüber nachzusinnen, welche kuriosen Formen und Wendungen das Deutsche bereithält.
Thalmayr räsoniert über die Produktivität der Wortbildung und lässt den Einfallsreichtum des Landwirtschaftsministeriums in Mecklenburg-Vorpommern nicht unerwähnt, das 1999 ein "Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz" kreierte. Wir lassen uns von ihm dazu bewegen, über das allmählich von den Speisekarten verschwindende "Jägerschnitzel" (aus welcher Rippe des Waidmanns mag es geschnitten sein?), über neue und alte Abschieds- und Grußformeln, über die Etymologien von "Hängematte" oder "Eichhörnchen" oder über süddeutsche Konjunktivsonderformen wie "I mechad" nachzudenken.
Und nicht zuletzt schreibt Thalmayr alias Enzensberger allen selbsternannten Sprachhütern und Sprachwächtern Eindeutiges ins Stammbuch: "Wer sich als Herrscher über die Sprache aufspielt, hat nicht begriffen, dass es sich um das einzige Medium handelt, in dem Demokratie schon immer geherrscht hat."
Andreas Thalmayr: Heraus mit der Sprache. Ein bißchen Deutsch für Deutsche,Österreicher, Schweizer und andere Aus-und Inländer. Carl Hanser Verlag. München/Wien 2005. 192 S., 17,90 Euro
Die Beschäftigung mit der deutschen Sprache erfreut sich ungetrübter Beliebtheit. Der "Spiegel"-Mitarbeiter Bastian Sick landete mit seinen scharfen Beobachtungen "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" einen überraschenden Bestseller; "Zeit"-Journalist Dieter E. Zimmer, ein ausgewiesener Sprachgeist, resümierte seine Auffassungen in dem Band "Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit", und die seit Jahren (oder Jahrzehnten?) schwelende Debatte um die so genannte Rechtschreibreform erlaubt Oberlehrern jedweder Couleur, als Sprachpfleger und Sprachverbesserer aufzutreten.
Andreas Thalmayr, der sich mit übertriebenem Understatement als "Amateur" bezeichnet, geht es in "Heraus mit der Sprache" nicht darum, eine systematisch angelegte Grammatik oder Stilistik vorzulegen. Stattdessen lässt er sich von (Zufalls-) Beobachtungen leiten und unternimmt sieben Rundgänge durch das Dickicht der deutschen Sprache, um – wie es der Untertitel formuliert – "ein bisschen Deutsch für Deutsche, Österreicher, Schweizer und andere Aus- und Inländer" zu präsentieren.
Thalmayrs Kommentare, die gelegentlich ein wenig selbstverliebt und belehrend einher kommen, gehen von Funden aus, die Kopfzerbrechen oder Amüsement auslösen. Sprache – so die Grundannahme – lässt sich nicht dauerhaft normieren; sie bahnt sich ihren Weg, ohne sich um die Vorschriften der DUDEN-Redaktion oder irgendwelcher Rechtschreibkommissionen zu kümmern. "Heraus mit der Sprache" ist also ein Lesebuch, das dazu auffordert, im Reden innezuhalten und darüber nachzusinnen, welche kuriosen Formen und Wendungen das Deutsche bereithält.
Thalmayr räsoniert über die Produktivität der Wortbildung und lässt den Einfallsreichtum des Landwirtschaftsministeriums in Mecklenburg-Vorpommern nicht unerwähnt, das 1999 ein "Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz" kreierte. Wir lassen uns von ihm dazu bewegen, über das allmählich von den Speisekarten verschwindende "Jägerschnitzel" (aus welcher Rippe des Waidmanns mag es geschnitten sein?), über neue und alte Abschieds- und Grußformeln, über die Etymologien von "Hängematte" oder "Eichhörnchen" oder über süddeutsche Konjunktivsonderformen wie "I mechad" nachzudenken.
Und nicht zuletzt schreibt Thalmayr alias Enzensberger allen selbsternannten Sprachhütern und Sprachwächtern Eindeutiges ins Stammbuch: "Wer sich als Herrscher über die Sprache aufspielt, hat nicht begriffen, dass es sich um das einzige Medium handelt, in dem Demokratie schon immer geherrscht hat."
Andreas Thalmayr: Heraus mit der Sprache. Ein bißchen Deutsch für Deutsche,Österreicher, Schweizer und andere Aus-und Inländer. Carl Hanser Verlag. München/Wien 2005. 192 S., 17,90 Euro