Ein Beispiel für "Opas Oper"
Nabucco mit langem Pferdeschwanz ähnelte in dieser Aufführung einem Helden aus "Herr der Ringe" und blieb den wüsten Tyrannen schuldig. Der zentrale politische Inhalt des Werkes wurde nicht inszeniert. So geriet dieser zweite Baustein des Zyklus "Junger Verdi" an der Bayerischen Staatsoper zu einem Beispiel für "Opas Oper".
"Va, pensiero…", der Gefangenenchor… natürlich berühmte, bewegende Musik am Tag nach Verdis 107.Todestag. Sie wurde oft klangselig, dann aber auch zupackend dirigiert vom scheidenden Frankfurter GMD Paolo Carignani. Er wählte für die Kampfes- und Siegesmusiken rasante Tempi und musizierte die dramatischen Auseinandersetzungen in der Wortbedeutung "con brio". Carignani machte deutlich, wie sehr der vor 1842 letztlich gescheiterte junge Verdi dann eben mit "Nabucco" Furore machte, weil vieles eben damals über die Bellini-Donizetti-Tradition hinausging… doch vieles klang jetzt auch nur vordergründig schmissig, weil von der Bühne... davon später! Denn grundsätzlich wurde nicht sehr gut, aber gut gesungen: Maria Guleghina war eine kämpferische Abigaille, die sowohl die hoch liegenden Verzierungen wie die tiefen Phrasen der insgesamt stimm-mörderischen Partie meist beeindruckend, wenn auch mit ein paar brüchigen Tönen gestaltete.
Dazu Daniela Sindrams Fenena und Aleksandrs Antonenkos Ismaele als Liebespaar, Giacomo Prestias solider, aber nicht gefährlich volltönender Hohepriester Zaccaria: Das Münchner Publikum konnte mehrfach in Verdi-Wohlklang baden. Nur: da stand Abigaille im Latex-Bodysuit als Tomb-Raiderin Lara Croft oder Trinity aus "Matrix" im dunklen Raum. Nabucco – der sich nur in Schöngesang ergehende Paolo Gavanelli - ähnelte Orson Welles als Macbeth oder einem der Helden aus "Herr der Ringe" samt langem Pferdeschwanz und blieb den wüsten Tyrannen schuldig. Da marschierten Soldaten mit modernen Schusswesten und Schnellfeuergewehren, während Nabucco mit einem langen Säbel fuchtelte… all das in einem durchgängig dunklen bis schwarzen Bühnenraum.
Vorne fuhr ein Treppenpodest mehrfach von links nach rechts und umgekehrt. Dann folgten zwei bühnenbreite Hubpodien, die auf- und abfuhren, und wiederum dahinter hatte Regisseur und Ausstatter Yannis Kokkos sechs nach hinten verjüngte Kuben gereiht, die in den folgenden Szenen unterschiedlich ausgeleuchtet wurden. Also kein Jerusalem, kein Tempel, kein Babylon, kein hochmütiger Turmbau, kein einstürzender Baal-Tempel – kein "irgendwo", vielmehr durchweg ein rätselhaftes "Nirgendwo".
Vor allem aber: Auch den zentralen politischen Inhalt des Werkes – damals und gerade auch in unseren Jahren: der Zusammenprall zweier womöglich fundamentalistischer "-ismen" – auch das hat Kokkos nicht inszeniert. Da agierten dunkle Figuren im dunklen Raum – und das "Warum?" blieb auch im Dunklen, denn Kokkos’ abstrakte Bauteile lassen sich auch für eine abstrakte "Aida"-Inszenierung oder "Thais" oder "Perlenfischer" nutzen…
So geriet dieser zweite Baustein des Zyklus "Junger Verdi" an der Bayerischen Staatsoper zum völlig unzeitgemäßen Beispiel für "Opas Oper": der schön klingende Staatsopernchor immer wieder klanggünstig frontal zum Publikum arrangiert, auch die Solisten allzu oft schön aufgereiht wie für die "Freunde der italienischen Oper". Dass Verdis "Nabucco" definitiv keine Unterhaltung der Gelangweilten darstellt, sondern gerade heute kunstpolitische Sprengkraft besitzt – das blieb dramatisch, visuell und geistig unterbelichtet. Herauskam schlicht eine banale musikalisch drapierte Märchenstunde für Erwachsene… gemessen an Staatsopern-Ansprüchen: inakzeptabel.
Dazu Daniela Sindrams Fenena und Aleksandrs Antonenkos Ismaele als Liebespaar, Giacomo Prestias solider, aber nicht gefährlich volltönender Hohepriester Zaccaria: Das Münchner Publikum konnte mehrfach in Verdi-Wohlklang baden. Nur: da stand Abigaille im Latex-Bodysuit als Tomb-Raiderin Lara Croft oder Trinity aus "Matrix" im dunklen Raum. Nabucco – der sich nur in Schöngesang ergehende Paolo Gavanelli - ähnelte Orson Welles als Macbeth oder einem der Helden aus "Herr der Ringe" samt langem Pferdeschwanz und blieb den wüsten Tyrannen schuldig. Da marschierten Soldaten mit modernen Schusswesten und Schnellfeuergewehren, während Nabucco mit einem langen Säbel fuchtelte… all das in einem durchgängig dunklen bis schwarzen Bühnenraum.
Vorne fuhr ein Treppenpodest mehrfach von links nach rechts und umgekehrt. Dann folgten zwei bühnenbreite Hubpodien, die auf- und abfuhren, und wiederum dahinter hatte Regisseur und Ausstatter Yannis Kokkos sechs nach hinten verjüngte Kuben gereiht, die in den folgenden Szenen unterschiedlich ausgeleuchtet wurden. Also kein Jerusalem, kein Tempel, kein Babylon, kein hochmütiger Turmbau, kein einstürzender Baal-Tempel – kein "irgendwo", vielmehr durchweg ein rätselhaftes "Nirgendwo".
Vor allem aber: Auch den zentralen politischen Inhalt des Werkes – damals und gerade auch in unseren Jahren: der Zusammenprall zweier womöglich fundamentalistischer "-ismen" – auch das hat Kokkos nicht inszeniert. Da agierten dunkle Figuren im dunklen Raum – und das "Warum?" blieb auch im Dunklen, denn Kokkos’ abstrakte Bauteile lassen sich auch für eine abstrakte "Aida"-Inszenierung oder "Thais" oder "Perlenfischer" nutzen…
So geriet dieser zweite Baustein des Zyklus "Junger Verdi" an der Bayerischen Staatsoper zum völlig unzeitgemäßen Beispiel für "Opas Oper": der schön klingende Staatsopernchor immer wieder klanggünstig frontal zum Publikum arrangiert, auch die Solisten allzu oft schön aufgereiht wie für die "Freunde der italienischen Oper". Dass Verdis "Nabucco" definitiv keine Unterhaltung der Gelangweilten darstellt, sondern gerade heute kunstpolitische Sprengkraft besitzt – das blieb dramatisch, visuell und geistig unterbelichtet. Herauskam schlicht eine banale musikalisch drapierte Märchenstunde für Erwachsene… gemessen an Staatsopern-Ansprüchen: inakzeptabel.