„Ein Atheist wäre chancenlos“

Moderation: Jürgen König |
George W. Bush hat es nicht zuletzt den evangelikalen Christen zu verdanken, dass er 2004 ein zweites Mal ins Weiße Haus gewählt wurde. Und auch bei den diesjährigen Wahlen spielen die religiösen Einstellungen der Kandidaten nach Einschätzung unseres US-Korrespondenten Klaus Remme eine wesentliche Rolle.
Jürgen König: Die Vorwahlen im amerikanischen Bundesstaat Iowa sind der Auftakt im Kampf ums Weiße Haus. Weltweit beachtet, wird doch in den kommenden Wochen entschieden, wer für die Demokraten, wer für die Republikaner in die Hauptrunde der Wahlen einziehen wird. Und das sind Auftritte von großer Symbolkraft. Wem gelingt sofort ein Coup? Wer zeigt Schwäche gleich zu Beginn? Ein Stimmungstest, zumal dann, wenn so viele Kandidaten wie schon lange nicht mehr ins Rennen gehen. Ein wichtiges Thema für die Amerikaner und damit auch für den Wahlkampf ist die Religion. Um ihre Rolle soll es nun gehen im Gespräch mit unserem Korrespondenten Klaus Remme. Herr Remme, könnte ein Atheist jemals Präsident in den USA werden?

Klaus Remme: Sie haben ja schon gesagt, das Feld der Kandidaten ist ausgesprochen weit gefächert, insbesondere in diesem Wahljahr, ein Schwarzer, eine Frau, ein Latino, ein Mormone, ein Baptisten-Prediger. Viele haben die Chance, im November gewählt zu werden. Aber eines steht fest: Ein Atheist hätte keine Chance in diesem Land, in dem sich 85 Prozent als religiös bezeichnen. 60 Prozent sagen, Glaube spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben. Stellt man diese Frage in Deutschland, sagen vielleicht 20 Prozent, dass der Glaube eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielt. Diese Gesellschaft ist ausgesprochen religiös. Ein Atheist wäre chancenlos.

König: Auf republikanischer Seite stehen vier Kandidaten im Mittelpunkt, vor allem Mike Huckabee, Mitt Romney, Rudolph Giuliani und John McCain. Welchen Stellenwert hat die Religion jeweils für die Kandidaten?

Remme: Sehr, sehr unterschiedlich. Das werden wir in Iowa voraussichtlich sehen, denn Iowa ist ein wahrer Testplatz für das Thema Religion. 40 Prozent der Wähler, die für die Republikaner sind, sind Evangelikale, bezeichnen sich als religiös rechts und sie haben die Kandidaten, die antreten werden, insbesondere auf ihren Glauben hin getestet. Mike Huckabee und Mitt Romney stehen seit Wochen im Mittelpunkt. Huckabee, der sehr spät in diesen Wahlkampf gestartet ist, weil die religiöse Rechte Ende Oktober erkannt hat, dass sie ohne wirklichen Kandidaten dasteht, eine relativ neue Erfahrung für sie, denn diese Gruppe war es, der George Bush die Präsidentschaft zu verdanken hat. Sie hat bei den Wahlen 2000 und 2004 praktisch als geschlossener Block für Bush gestimmt. Davon kann in diesem Jahr keine Rede sein. Huckabee ist deshalb so erfolgreich, trotz wenig Geld und mangelnder Infrastruktur, weil der Baptisten-Prediger ins Herz dieser Gläubigen trifft und genau das ausspricht, was sie denken, während Romney, der Mormone, natürlich mit seinem Glauben als Problem zu kämpfen hatte. All die Millionen, die er in Iowa in den Wahlkampf hineingesteckt hat, sie haben relativ wenig geholfen.

Rudolph Giuliani, ein Katholik, er lebt in dritter Ehe, er hat liberale Positionen zu Abtreibungen, zur Homo-Ehe, er ist das Gegenbild dessen, was sich die Evangelikalen vorstellen. Und John McCain, ein Angelikaner, versucht vor allem mit außen- und sicherheitspolitischen Themen zu punkten. Also ein sehr breites Spektrum.

Das gesamte Gespräch mit Klaus Remme können Sie bis zum 3.7.2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio
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