Eigenwillige Bilder von Städten
Die in Äthiopien geborene und in New York lebende Künstlerin Julie Mehretu zeigt derzeit in der Deutschen Guggenheim ihr Auftragswerk "Grauzone". Einige ihrer grau in grau gehaltenen Werke spiegeln Berlin, wo sie als Fellow der American Academy zu Gast war.
Ein nebulöser Grauschleier liegt über einem der großformatigen Gemälde von Julie Mehretu. Auf anderen der in der Deutschen Guggenheim ausgestellten Werke überlagern dunkle, teilweise verwischte Schraffuren feine grafische Strukturen. Doch was auf den ersten Blick abstrakt erscheint, wird beim näheren Hinsehen konkreter. Die feinen Linien umreißen Hausfassaden. Ja ganze Straßenzeilen. Mal sind die Bauten nur kastig umrissen, mal kann man die Form der Fenster und Gesimse klar der Gründerzeit zuordnen. Andere der Konturen fügen sich zu einem Stadtplan zusammen, mit geometrisch angeordneten Straßen und Quartieren. Eine Ordnung, die überlagert wird von mal geschwungenen, mal im Staccato hingeworfenen Strichen, die an Schriftzeichen erinnern, an Insektenschwärme. Ja manchmal meint man gar ein Gesicht, ein Tier darin auszumachen.
"Ja, das ist komisch. Denn auch, wenn man etwas in meinen Bildern erkennt, empfinde ich mich als abstrakte Malerin. Also ich abstrahiere die Realität. Ich bearbeite sie. Dazu kommt, dass meine Bilder meist grau in grau sind. Es changiert zwischen den verschiedenen Tönen, es gibt Leerstellen. Die Dinge tauchen auf und verschwinden. Ja, um dieses Ungreifbare, dieses Unbestimmte, um das Verschwinden von Raum geht es in vielen Arbeiten."
Grauzone nennt Julie Mehretu ihre Ausstellung passenderweise. Nicht nur, weil grau in grau mit Acryl gemalt und mit Tinte gezeichnet sind. Sondern auch, weil die urbanen Räume, die sie auf den Leinwänden umreißt, so gut zu diesem Begriff passen – sind sie doch genauso schwer zu durchschauen, genauso unbestimmt wie die sogenannte Grauzone es ist.
Zum Beispiel das Bild "Berliner Plätze", das während Mehretus Zeit als Fellow der American Academy in Berlin entstand. Auch hier erscheint einem das Ganze zunächst schleierhaft. Dann aber erblickt man ein faszinierend verschachteltes Metropolenporträt. Fein konturiert, ausgearbeitet bis ins Detail sind dutzende Häuser über- und ineinander gezeichnet. Sie türmen sich auf zu einem architektonischen Bollwerk, das massiv und fragil zugleich wirkt.
"An diesem Bild habe ich mit drei Assistenten gearbeitet. Wir haben mehr als ein Jahr gebraucht. Wir haben historische Fotos von Berliner Plätzen genommen und sie auf die Leinwand übertragen. Also, bestimmte Details wurden abgezeichnet und dann nach meinen Vorstellungen auf der Leinwand angeordnet."
Und auch sonst nimmt sich die 1970 in Äthiopien geborene Künstlerin die Wirklichkeit zum Vorbild für ihre eigenwilligen Städtebilder. Zumindest Bruchteile davon. Häuserfronten, Straßenfluchten, aber auch krakelige Graffiti und bröckelnden Putz meint man hier und da zu erkennen. Doch kaum fügen sich Linien zu einem konkreten Ganzen, da verflüchtigen sie sich auch schon wieder. Kaum öffnet sich eine Perspektive, da verschwimmt sie wieder, oder wird in viele abstrakte Einzelteile zersprengt. Kaum meint man in einem Pinselschwung eine Figur auszumachen, hat sich diese bereits wieder in ein weißes Nichts aufgelöst. Anstatt eins zu eins die Realität abzubilden, taucht die in New York lebende Künstlerin tief ein in urbane Strukturen.
"Diese alten Gebäude, die in meinen Bildern andeutungsweise zu sehen sind, sie verweisen natürlich auch auf die Vergangenheit. Denn viele von ihnen gibt es ja vielleicht gar nicht mehr. Man denkt an die kulturelle Entwicklung, an die Zeit vor dem Krieg, wenn man sie betrachtet, all das steckt in meinen Bildern. Das soll aber kein romantischer Rückblick sein. Ich will einfach die vielen Facetten, die Vielschichtigkeit der Stadt aufzeigen."
Diese Vielschichtigkeit und die damit verbundene Vieldeutigkeit ist es, die Julie Mehretus Arbeiten so sehenswert macht. Auch wenn sie sich bei aller Virtuosität der Machart inhaltlich manchmal doch sehr ähneln. Es sind Bilder von zeitgenössischer Urbanität, die aber auch Spuren der Vergangenheit aufweisen. Und die das zeigen, was wohl gestern wie heute die Faszination der Städte ausmacht: eine mitreißende Dynamik, genauso wie ein bedrohliches Tempo, großzügige Strukturen sowie eine irritierende Unübersichtlichkeit.
"Ja, das ist komisch. Denn auch, wenn man etwas in meinen Bildern erkennt, empfinde ich mich als abstrakte Malerin. Also ich abstrahiere die Realität. Ich bearbeite sie. Dazu kommt, dass meine Bilder meist grau in grau sind. Es changiert zwischen den verschiedenen Tönen, es gibt Leerstellen. Die Dinge tauchen auf und verschwinden. Ja, um dieses Ungreifbare, dieses Unbestimmte, um das Verschwinden von Raum geht es in vielen Arbeiten."
Grauzone nennt Julie Mehretu ihre Ausstellung passenderweise. Nicht nur, weil grau in grau mit Acryl gemalt und mit Tinte gezeichnet sind. Sondern auch, weil die urbanen Räume, die sie auf den Leinwänden umreißt, so gut zu diesem Begriff passen – sind sie doch genauso schwer zu durchschauen, genauso unbestimmt wie die sogenannte Grauzone es ist.
Zum Beispiel das Bild "Berliner Plätze", das während Mehretus Zeit als Fellow der American Academy in Berlin entstand. Auch hier erscheint einem das Ganze zunächst schleierhaft. Dann aber erblickt man ein faszinierend verschachteltes Metropolenporträt. Fein konturiert, ausgearbeitet bis ins Detail sind dutzende Häuser über- und ineinander gezeichnet. Sie türmen sich auf zu einem architektonischen Bollwerk, das massiv und fragil zugleich wirkt.
"An diesem Bild habe ich mit drei Assistenten gearbeitet. Wir haben mehr als ein Jahr gebraucht. Wir haben historische Fotos von Berliner Plätzen genommen und sie auf die Leinwand übertragen. Also, bestimmte Details wurden abgezeichnet und dann nach meinen Vorstellungen auf der Leinwand angeordnet."
Und auch sonst nimmt sich die 1970 in Äthiopien geborene Künstlerin die Wirklichkeit zum Vorbild für ihre eigenwilligen Städtebilder. Zumindest Bruchteile davon. Häuserfronten, Straßenfluchten, aber auch krakelige Graffiti und bröckelnden Putz meint man hier und da zu erkennen. Doch kaum fügen sich Linien zu einem konkreten Ganzen, da verflüchtigen sie sich auch schon wieder. Kaum öffnet sich eine Perspektive, da verschwimmt sie wieder, oder wird in viele abstrakte Einzelteile zersprengt. Kaum meint man in einem Pinselschwung eine Figur auszumachen, hat sich diese bereits wieder in ein weißes Nichts aufgelöst. Anstatt eins zu eins die Realität abzubilden, taucht die in New York lebende Künstlerin tief ein in urbane Strukturen.
"Diese alten Gebäude, die in meinen Bildern andeutungsweise zu sehen sind, sie verweisen natürlich auch auf die Vergangenheit. Denn viele von ihnen gibt es ja vielleicht gar nicht mehr. Man denkt an die kulturelle Entwicklung, an die Zeit vor dem Krieg, wenn man sie betrachtet, all das steckt in meinen Bildern. Das soll aber kein romantischer Rückblick sein. Ich will einfach die vielen Facetten, die Vielschichtigkeit der Stadt aufzeigen."
Diese Vielschichtigkeit und die damit verbundene Vieldeutigkeit ist es, die Julie Mehretus Arbeiten so sehenswert macht. Auch wenn sie sich bei aller Virtuosität der Machart inhaltlich manchmal doch sehr ähneln. Es sind Bilder von zeitgenössischer Urbanität, die aber auch Spuren der Vergangenheit aufweisen. Und die das zeigen, was wohl gestern wie heute die Faszination der Städte ausmacht: eine mitreißende Dynamik, genauso wie ein bedrohliches Tempo, großzügige Strukturen sowie eine irritierende Unübersichtlichkeit.

Deutsche Guggenheim© David Heald, Solomon R. Guggenheim Foundation / Deutsche Guggenheim Berlin