Eid: 2,6 Milliarden Menschen haben keine sanitäre Versorgung
Uschi Eid im Gespräch mit Jörg Degenhardt · 16.03.2009
Die Grünen-Politikerin Uschi Eid hat die Versorgung mit sauberem Wasser als einen Schlüssel zur weltweiten Armutsbekämpfung bezeichnet. Im Bereich Trinkwasser habe es in den vergangenen Jahren bereits große Fortschritte gegeben, sagte Eid. Beim Abwasser sei man aber noch weit von den gesetzten Zielen entfernt.
Jörg Degenhardt: Heiß und kalt kommt es aus dem Hahn geschossen, jederzeit und scheinbar unbegrenzt. Hierzulande ist Wasser eine Selbstverständlichkeit, aber längst wissen wir, dass das in den meisten Teilen dieser Welt ganz anders ist. Von heute an versammeln sich Tausende Experten, Regierungsvertreter und Umweltschützer in Istanbul. Das fünfte Weltwasserforum tagt, und es hat sich ein hehres Ziel gesetzt: Es will den kostbaren Rohstoff für künftige Generationen bewahren. Uschi Eid ist in Istanbul mit dabei, die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen. Sie ist auch stellvertretende Vorsitzende des Beratungsausschusses des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zu Wasser und sanitärer Grundversorgung. Ich fragte sie nach dem Ernst der Lage, ob eine globale Wasserkrise unmittelbar bevorsteht.
Uschi Eid: Ja, es ist sehr ernst, und deswegen ist es auch wichtig, dass sich das fünfte Weltwasserforum als das strategische Zentrum für die Wasserpolitik, für die globale Wasserpolitik jetzt mit diesen Problemen beschäftigt. Es geht um Klimawandel und die damit einher gehenden extremen Wasserereignisse, es geht um Krisenprävention, wenn es um grenzüberschreitendes Wassermanagement geht, also Dinge, die uns sehr unmittelbar betreffen, nicht nur jetzt in Deutschland, aber die Menschheit insgesamt, und das sind dringende Probleme, die einer Lösung zugeführt werden müssen.
Degenhardt: Wenn wie jetzt beim Weltwasserforum in Istanbul Fachleute und Regierungsvertreter aus etwa 180 Ländern ihre verschiedenen, oft kontroversen Standpunkte austauschen, was soll da aber an gemeinsamen Lösungen rauskommen?
Eid: Es ist zunächst mal ein Forum, wo sehr viele unterschiedliche Interessen auch vorgetragen werden, Interessensverbände, sie haben es gesagt, also der ganze Querschnitt der Gesellschaft ist hier versammelt. Und da geht es erst mal darum, zum Beispiel um die Frage, soll es ein Menschenrecht auf Wasser geben, denn es gibt ja die große Debatte darüber, ob Wasser etwas kosten darf, ob Privatisierung erlaubt sein soll. Da gibt es bestimmte unterschiedliche Positionen, aber man hat sich bereits darauf geeinigt, dass es wirklich ein Menschenrecht auf Wasser geben soll, dass etwa 20 bis 25 Liter pro Tag nötig sind zum Überleben, dass aber auch auf der anderen Seite im Hinblick auf die Verknappung von Wasser Wasser kein grenzenloses Gut ist, dass es nicht generell kostenlos sein soll, sondern dass die Bereitstellung und die Erhaltung von Wasserleitungssystemen ja Geld kostet. Deswegen geht es um die Frage der Kostendeckung, es geht um die Frage einer sinnvollen Preispolitik. Also das ist zum Beispiel ein Punkt, wo es ganz hitzige Debatten gibt, aber ich glaube, da kommt man ganz gut zurecht.
Degenhardt: Das erste Forum dieser Art fand ja bereits 1997 in Marakesch statt, also vor über 10 Jahren. Hat sich seitdem, Frau Eid, wirklich etwas zum Positiven entwickelt?
Eid: Die andere Frage ist ja, ob wirklich genug getan wird, dass sauberes Wasser zur Verfügung gestellt wird und auch der Zugang zu sanitärer Grundversorgung gesichert ist als Schlüssel zur Armutsbekämpfung. Im Jahr 2000 wurde ja beschlossen, dass man bis zum Jahr 2015 den Anteil der Menschen halbiert, der eben keinen Zugang zu sauberem Wasser hat und zu Sanitäranlagen, und da ist man bei der Wasserversorgung auf gutem Wege. Nur Afrika ist zurückgeblieben, da muss mehr gemacht werden. Aber speziell auf der Seite des schmutzigen Wassers, nämlich wie geht man mit Abwasserentsorgung um, wie geht man damit um, dass es zu wenig Toiletten gibt, dass es gerade ein Frauenproblem ist, das wird hier heute Mittag ein Schwerpunkt der Debatte sein. Also hier ist man weit davon entfernt, diese Ziele zu erreichen, und für viele Menschen ist eben eine Toilette haben auch ein würdiges Leben haben, und 2,6 Milliarden Menschen haben heute noch keinen Zugang zu sanitärer Grundversorgung.
Degenhardt: Wenn Sie es noch mal auf den Punkt bringen würden: Welche Botschaft soll von Istanbul ausgehen?
Eid: Von Istanbul muss ausgehen, es gibt ein Menschenrecht auf Wasser, wir brauchen dringend ein grenzüberschreitendes Wassermanagement, damit Konflikte um Wasser nicht ausbrechen, dass sozusagen die Kooperation zu einem besseren Wassermanagement eine Quelle des Friedens wird. Es muss klare Absprachen geben, internationale Verträge, die UN-Konvention über das Recht der nichtschifffahrtlichen Nutzung internationaler Wasserläufe muss endlich ratifiziert werden, es müssen mehr Staaten diese UN-Konvention jetzt beschließen. Es muss Wassereffizienz ins Zentrum unserer Klimadebatte rücken, nicht nur Energieeffizienz, sondern Wassereffizienz muss dringend auf die Tagesordnung.
Degenhardt: Das Weltwasserforum wie gesagt beginnt heute. Wissenschaftler und Umweltschützer haben bereits am letzten Samstag ein Wassertribunal abgehalten. Es hat den türkischen Premier Erdogan wegen eines Staudammprojekts im Nordosten der Türkei symbolisch angeklagt, ein Projekt, das auch von der Bundesrepublik unterstützt wird. Derzeit hat Berlin zwar seine Beteiligung ausgesetzt, aber haben Sie der Kanzlerin schon gesagt, dass es dabei bleiben soll?
Eid: Die Türkei muss ganz dringend die eben erwähnte UN-Konvention unterzeichnen, denn es kann nicht sein, dass Staaten, die am Oberlauf eines Flusses oder mehrerer Flüsse liegen, dass die durch Staudämme praktisch den Unteranrainerstaaten förmlich das Wasser abgraben. Deswegen ist es richtig; es sind ja im Moment die Kredite eingefroren. Auch historische Stätten werden überflutet, und das wäre natürlich ein großer Verlust eines kulturellen Erbes der Menschheit. Und insofern ist hier auch die Türkei wirklich aufgefordert, diese Dinge noch mal zu überdenken, und ich finde es erst mal richtig, dass die Kredite eingefroren sind.
Degenhardt: Uschi Eid, die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete ist stellvertretende Vorsitzende des Beratungsausschusses des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zu Wasser und sanitärer Grundversorgung. Vielen Dank nach Istanbul.
Eid: Ja, gerne geschehen. Auf Wiederhören!
Uschi Eid: Ja, es ist sehr ernst, und deswegen ist es auch wichtig, dass sich das fünfte Weltwasserforum als das strategische Zentrum für die Wasserpolitik, für die globale Wasserpolitik jetzt mit diesen Problemen beschäftigt. Es geht um Klimawandel und die damit einher gehenden extremen Wasserereignisse, es geht um Krisenprävention, wenn es um grenzüberschreitendes Wassermanagement geht, also Dinge, die uns sehr unmittelbar betreffen, nicht nur jetzt in Deutschland, aber die Menschheit insgesamt, und das sind dringende Probleme, die einer Lösung zugeführt werden müssen.
Degenhardt: Wenn wie jetzt beim Weltwasserforum in Istanbul Fachleute und Regierungsvertreter aus etwa 180 Ländern ihre verschiedenen, oft kontroversen Standpunkte austauschen, was soll da aber an gemeinsamen Lösungen rauskommen?
Eid: Es ist zunächst mal ein Forum, wo sehr viele unterschiedliche Interessen auch vorgetragen werden, Interessensverbände, sie haben es gesagt, also der ganze Querschnitt der Gesellschaft ist hier versammelt. Und da geht es erst mal darum, zum Beispiel um die Frage, soll es ein Menschenrecht auf Wasser geben, denn es gibt ja die große Debatte darüber, ob Wasser etwas kosten darf, ob Privatisierung erlaubt sein soll. Da gibt es bestimmte unterschiedliche Positionen, aber man hat sich bereits darauf geeinigt, dass es wirklich ein Menschenrecht auf Wasser geben soll, dass etwa 20 bis 25 Liter pro Tag nötig sind zum Überleben, dass aber auch auf der anderen Seite im Hinblick auf die Verknappung von Wasser Wasser kein grenzenloses Gut ist, dass es nicht generell kostenlos sein soll, sondern dass die Bereitstellung und die Erhaltung von Wasserleitungssystemen ja Geld kostet. Deswegen geht es um die Frage der Kostendeckung, es geht um die Frage einer sinnvollen Preispolitik. Also das ist zum Beispiel ein Punkt, wo es ganz hitzige Debatten gibt, aber ich glaube, da kommt man ganz gut zurecht.
Degenhardt: Das erste Forum dieser Art fand ja bereits 1997 in Marakesch statt, also vor über 10 Jahren. Hat sich seitdem, Frau Eid, wirklich etwas zum Positiven entwickelt?
Eid: Die andere Frage ist ja, ob wirklich genug getan wird, dass sauberes Wasser zur Verfügung gestellt wird und auch der Zugang zu sanitärer Grundversorgung gesichert ist als Schlüssel zur Armutsbekämpfung. Im Jahr 2000 wurde ja beschlossen, dass man bis zum Jahr 2015 den Anteil der Menschen halbiert, der eben keinen Zugang zu sauberem Wasser hat und zu Sanitäranlagen, und da ist man bei der Wasserversorgung auf gutem Wege. Nur Afrika ist zurückgeblieben, da muss mehr gemacht werden. Aber speziell auf der Seite des schmutzigen Wassers, nämlich wie geht man mit Abwasserentsorgung um, wie geht man damit um, dass es zu wenig Toiletten gibt, dass es gerade ein Frauenproblem ist, das wird hier heute Mittag ein Schwerpunkt der Debatte sein. Also hier ist man weit davon entfernt, diese Ziele zu erreichen, und für viele Menschen ist eben eine Toilette haben auch ein würdiges Leben haben, und 2,6 Milliarden Menschen haben heute noch keinen Zugang zu sanitärer Grundversorgung.
Degenhardt: Wenn Sie es noch mal auf den Punkt bringen würden: Welche Botschaft soll von Istanbul ausgehen?
Eid: Von Istanbul muss ausgehen, es gibt ein Menschenrecht auf Wasser, wir brauchen dringend ein grenzüberschreitendes Wassermanagement, damit Konflikte um Wasser nicht ausbrechen, dass sozusagen die Kooperation zu einem besseren Wassermanagement eine Quelle des Friedens wird. Es muss klare Absprachen geben, internationale Verträge, die UN-Konvention über das Recht der nichtschifffahrtlichen Nutzung internationaler Wasserläufe muss endlich ratifiziert werden, es müssen mehr Staaten diese UN-Konvention jetzt beschließen. Es muss Wassereffizienz ins Zentrum unserer Klimadebatte rücken, nicht nur Energieeffizienz, sondern Wassereffizienz muss dringend auf die Tagesordnung.
Degenhardt: Das Weltwasserforum wie gesagt beginnt heute. Wissenschaftler und Umweltschützer haben bereits am letzten Samstag ein Wassertribunal abgehalten. Es hat den türkischen Premier Erdogan wegen eines Staudammprojekts im Nordosten der Türkei symbolisch angeklagt, ein Projekt, das auch von der Bundesrepublik unterstützt wird. Derzeit hat Berlin zwar seine Beteiligung ausgesetzt, aber haben Sie der Kanzlerin schon gesagt, dass es dabei bleiben soll?
Eid: Die Türkei muss ganz dringend die eben erwähnte UN-Konvention unterzeichnen, denn es kann nicht sein, dass Staaten, die am Oberlauf eines Flusses oder mehrerer Flüsse liegen, dass die durch Staudämme praktisch den Unteranrainerstaaten förmlich das Wasser abgraben. Deswegen ist es richtig; es sind ja im Moment die Kredite eingefroren. Auch historische Stätten werden überflutet, und das wäre natürlich ein großer Verlust eines kulturellen Erbes der Menschheit. Und insofern ist hier auch die Türkei wirklich aufgefordert, diese Dinge noch mal zu überdenken, und ich finde es erst mal richtig, dass die Kredite eingefroren sind.
Degenhardt: Uschi Eid, die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete ist stellvertretende Vorsitzende des Beratungsausschusses des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zu Wasser und sanitärer Grundversorgung. Vielen Dank nach Istanbul.
Eid: Ja, gerne geschehen. Auf Wiederhören!