Ehrung für journalistische Rettungsleine

Moderation: Jürgen Liebing · 17.04.2006
Zwei amerikanische Regionalzeitungen sind für ihre Berichterstattung über den Wirbelsturm "Katrina" mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden. "The Times-Picayune" aus New Orleans und "The Sun Herald" aus Gulfport, Mississippi, hätten trotz widriger Umstände umfassend berichtet, urteilte die Jury. Die Berichte seien eine Rettungsleine für die am Boden zerstörten Leser gewesen. Preise für investigativen Journalismus erhielten die Washington Post und die New York Times.
Liebing: ... zahlreichen Kategorien, nicht ganz so viel wie beim Grammy, da sind es über 100, aber über 20 Kategorien sind es beim Pulitzer-Preis auch. Martina Buttler in New York, alle werden wir gar nicht aufzählen können, aber da Pulitzer selbst Journalist und Verleger war, dürften die wichtigsten ja wohl aus dem Bereich der Presse kommen?

Martina Buttler: Die wichtigsten kommen eindeutig aus dem Bereich der Presse, dort gibt es nämlich vierzehn der 21 Kategorien, und natürlich sind dort vor allem so Kategorien wie zum Beispiel "investigativer Journalismus" Kategorien, auf die man guckt. Dieses Jahr ging der Preis im Bereich investigativer Journalismus an drei Reporter von der "Washington Post", die Berichte über den Washingtoner Lobbyisten Jack Abramoff veröffentlicht haben. Und das Pulitzer-Preiskomitee hatte sich dazu entschlossen, diese drei Journalisten zu ehren, weil sie eben gesagt haben, damit ist Regierungskorruption aufgedeckt worden und Reformen sind sogar angestoßen worden. Das war sozusagen ihr Hauptgrund dafür.

Ansonsten lässt sich ein Thema auf jeden Fall bei den diesjährigen Gewinnern festmachen, das vorherrschte, und zwar war das die Berichterstattung über den Hurrikan Katrina. Zwei Redaktionen, eine aus Biloxi und eine aus New Orleans, haben Preise erhalten, im Endeffekt für ihr Engagement in der kompletten Berichterstattung rund um Hurrikan Katrina und seine Folgen, aber auch das Foto, das Foto des Jahres, das vom Pulitzer-Preis geehrt wurde, hat auch mit Hurrikan Katrina zu tun.

Liebing: Frau Buttler, beim investigativen Journalismus, da kann sich jeder vorstellen, was daran so besonders ist, nun ist aber dann die Frage bei der Berichterstattung über eine Katastrophe, wie kann man da eigentlich etwas Preiswürdiges finden, was vielleicht diese Berichte von andern unterscheidet?

Buttler: Das fällt, sagt auch, Sig Giesser, der eben Vorsitzender des Pulitzer-Komitees ist, der sagt, das ist natürlich gar nicht so einfach, so was herauszufinden, weil es natürlich so viele Einreichungen gibt. Gerade aus dem Bereich Zeitung waren es mehr als 1300 verschiedene Beiträge, die diese Jury bewerten musste. Zum einen wird da nach Mehrheit geguckt und da geht es natürlich auch um Geschmacksfragen. Da geht es darum, was gefällt dem einen, was gefällt dem anderen, aber zum anderen auch darum, was hat wirklich im Endeffekt etwa einen entscheidenden Schub gebracht, steht für eine besondere Richtung oder hat eben auch etwas aufgedeckt. Und Sig Giesser ist sehr, sehr stolz darauf, dass dieses Jahr auch wieder der Qualitätsjournalismus sozusagen gezeigt hat, dass er in den USA noch existiert.

Er sagt also, im Endeffekt diese Preisträge sind doch ein Beweis dafür, in Zeiten, wo der Journalismus in den USA so kritisiert wird, dass es noch so etwas wie Qualitätsjournalismus gibt und die Wächterfunktion von Seiten der Zeitung eben doch sehr deutlich wahrgenommen wird.

Liebing: Ist das ein besonderer Jahrgang, dass man sich dann doch wieder darüber freuen kann, dass der seriöse Journalismus doch noch vorhaben ist oder gar wieder belebt wird?

Buttler: Das ist, denke ich mal, beim Pulitzer-Preis generell etwas, wo man sagt, es ist, natürlich sobald man den erhält, er einfach ein Zeichen dafür, dass es ... für eine sehr große Qualität spricht. Und das ist auf jeden Fall so, dass dieses Jahr heraus sticht durch diese Naturkatastrophe und da natürlich wieder sehr, sehr viele Berichte dazu veröffentlich wurden. Ansonsten würden die Organisatoren nicht so weit gehen, dieses Jahr irgendwie anderen gegenüber herauszustellen.
Liebing: Im Vordergrund stehen, wir haben es erwähnt, die Preise für die Pressekollegen und Kolleginnen, aber es gibt auch Preise in den Kunstkategorien, beispielsweise für den besten Roman, den bekam Geraldine Brooks für ihren Roman "March". Was ist das?

Buttler: Geraldine Brooks hat für ihren Roman "March", das ist im Endeffekt ein fiktionaler Roman, hat dafür im Endeffekt ihre Auszeichnung erhalten. Interessant ist, dass ihr Mann schon einen Pulitzer-Preis mit nach Hause gebracht hat vor etwas mehr als zehn Jahren im Bereich Journalismus. Sie selbst war auch Journalistin beim "Wall Street Journal", bevor sie angefangen hat, dann eben Bücher zu schreiben. Und es gehören eben zum Beispiel Romane dazu wie "Year of Wonders" oder auch einfach nicht fiktionale Arbeiten, wie "Foreign Correspondence", wo sie eben auch ihre Arbeit mit einbezieht. Und sie ist also geehrt worden im Bereich fiktionale Literatur.

Aber es gibt ja auch den Bereich zum Beispiel Musik, dort hat Yehudi Wyner für sein Pianokonzert eine Ehrung erhalten und zwei Ehrungen sind auch ausgegeben worden für Lebenswerke, das passiert sehr selten. Der letzte, der eine derartige Ehrung bekommen hat, war Duke Ellington und jetzt ist zum Beispiel wieder ein Jazzmusiker und Komponist geehrt worden und zwar Thelonious Monk, der eben posthum noch eine Ehrung für seine Arbeit als Jazzmusiker erhalten hat.

Liebing: Ein bisschen hat man den Eindruck, als wäre die Musik da irgendwie so ein bisschen ein Fremdkörper in diesen Preisen. Trügt dieser Eindruck?

Buttler: Also, wenn man die Organisatoren fragt, trügt er auf jedem Fall. In der öffentlichen Wahrnehmung sind sicherlich die Journalismuspreise die Preise, die am deutlichen auffallen und wo man auch sagt, wenn jemand einen Pulitzer-Preis gewonnen hat, dann hat er es im Journalismus wirklich geschafft. Und man guckt nicht so auf Literatur und Musik. Die Organisatoren hingegen sehen das ganz anders, die sagen, das ist wirklich gleichwertig und eigentlich müssten sich ja die Journalisten eher geehrt fühlen, dass sie mit Künstlern, also mit Autoren, mit Musikern zusammen eine Ehrung erhalten und dass sie mit denen sozusagen mithalten können. Also denen ist es durchaus ernst, das ist auf Augenhöhe.

Liebing: Heute wurden die diesjährigen Pulitzer-Preisträger bekannt gegeben. Am Telefon war Martina Buttler in New York. Ich danke Ihnen.