Eher Forscher als Architekt
An diesem Wochenende wird in Venedig die 11. Architekturbiennale eröffnet, die wohl wichtigste Schau internationaler Architektur in Europa. Die Kuratoren des deutschen Pavillons stammen aus dem Berliner Architekturbüro „Raumtaktik“ und gehören zu den jungen Wilden in der Szene. Einer von ihnen ist Friedrich von Borries.
An dem großen Pappmodell, das im Kreuzberger Büro für „Raumtaktik“ steht, machen sich immer wieder Hände zu schaffen, Klötzchen und farbige Pappscheiben werden hin- und hergerückt, herausgenommen oder durch etwas anderes ersetzt. Letzter Schliff am Ausstellungsdesign für den Pavillon der Biennale in Venedig, der wichtigsten Architekturschau Europas.
Die Studiowände in der lichten Fabriketage sind übersät mit Handskizzen, überall liegen Notizzettel herum. Das Wort „Feierabend“ existiert für die jungen Menschen, die hier arbeiten, in diesen Tagen nicht. Einer von ihnen ist Friedrich von Borries, Jeanshosenträger, mit legerem weißen Hemd und modischem Brillengestell aus Titan. Ein Typ, der ungern Privates von sich preisgibt und am liebsten nur über seine Arbeit spricht:
„Wir haben (...) einen sehr didaktischen Pavillon. Der soll schön sein und Spaß machen, aber natürlich haben wir einen Inhalt, und das ist ein sehr ernster. Wir haben natürlich eine moralische Botschaft – das sagt auch schon der Untertitel: „Für eine bessere Zukunft.“
Borries ist erst 34 Jahre alt und damit der jüngste Generalkommissar, der je einen deutschen Pavillon in Venedig gestaltet hat. Auf dem Biennale-Gelände wird er, zusammen mit seinem Partner Matthias Böttger, Projekte zum Thema Ökologie und Nachhaltigkeit zeigen. Doch mit Architektur im klassischen Sinn, mit hochgedämmten Gebäuden oder umweltfreundlichen Materialien beim Hausbau, hat das weniger zu tun als mit Ideen und Utopien.
Visionen für ein ökologisches Leben, erklärt Friedrich von Borries, von der intelligenten Steuereinheit zum Energiesparen bis hin zu ganzen Städten, die ihre Energie aus der Kraft von Pflanzen beziehen. Etwas unkonkret. Aber Genaueres will von Borries vor der Eröffnung der Biennale nicht verraten.
„Wir sind natürlich auch sehr deutsch, weil ökologische Architektur natürlich ein deutsches Steckenpferd ist. Und da gibt es die zwei deutschen Traditionslinien, persifliert gesagt: Müsliarchitektur und Vorsprung durch Technik. Aber mit dieser Fixierung brechen wir ja.“
Friedrich von Borries kommt selbst aus der „Müsliecke“, auch wenn man ihm das heute nicht mehr ansieht. Damals, als er in seiner Heimatstadt Wiesbaden noch zur Schule ging, hatte er auch einen „Atomkraft – Nein danke“-Aufkleber, und kämpfte dafür, dass die Plastik- durch Keramikbecher ersetzt werden. An die Architektur führte ihn niemand heran. Er entdeckte sie alleine.
„Ich komme nicht aus ’ner Architektenfamilie. Ich war in einer Bauhaus-Ausstellung, das fand ich toll... aus was für einer Familie ich komme? Jetzt wird es ja Homestory. Mein Vater war Physiker, meine Mutter hatte Philosophie studiert.“
Borries ist Architekt. Aber Häuser hat er noch nicht gebaut. Seit seinem Studienabschluss vor fast zehn Jahren beschäftigt er sich eher forschend mit „Raum“, mit der Veränderung des öffentlichen Raums, aber auch mit Freiräumen und Parallelwelten. Zur Zeit als Gastprofessor an der Universität der Bildenden Künste in Nürnberg und schon lange als Buchautor. Er hat Bücher veröffentlicht, die sich teilweise weit weg bewegen von der klassischen Architektur, aber dafür, wie er sagt, nahe an seinem eigenen Leben dran sind. Bücher über Computerspiele, über den Einfluss von Turnschuhfirmen auf Städte, oder, wie zuletzt, über die Cowboy-Szene in der DDR.
„Ich hab jetzt keinen Hochkulturanspruch. Mich interessieren die Alltagsphänomene und der tatsächliche Raum, der uns umgibt. Die Cowboys, das ist nicht Popkultur, das ist nicht Party. Und ich feiere das ja nicht.“
Vielleicht ist es ja die Ernsthaftigkeit , die Friedrich von Borries sich bis heute bewahrt hat. Ironiefrei und gründlich ist sein Blick auf diese Alltagsphänomene und Menschen. Menschen wie den Indianer Hartmut, der bei der Vorstellung des Buchs „Sozialistische Cowboys“ in einem Berliner Country-Club auftritt.
„Hartmut, der uns in den Gesprächen immer wieder gesagt hat, er will seine Stasi-Akte nicht lesen, weil er Angst hat, Freunde zu verlieren. Und der dann auf unserer Veranstaltung getanzt hat, und auf dieser Veranstaltung für ihn unerwartet ein früherer IM kam und sich ihm offenbart hat und er daraufhin noch einen weiteren Tanz aufgeführt hat, nämlich einen Vergebungstanz, mit dem er dem IM vergeben hat.“
Sein Zuhause sieht aus wie aus dem Architekten-Bilderbuch: Ein 50er-Jahre-Bungalow im Berliner Hansaviertel, möbliert mit Designklassikern, die so wirken, als ob sie bereits seit Jahrzehnten hier stehen. Ein bisschen Spielzeug liegt auch herum. Borries lebt hier mit Frau und seinen zwei kleinen Kindern. Hinter einer Trennwand lugen vollgestopfte Bücherregale hervor. Auch der Ausstellungskatalog, den er damals mit 14 bei seiner ersten Begegnung mit dem Bauhaus erwarb, steckt dort irgendwo. Will nicht, wer in so einem schönen Haus wohnt, auch einmal selber bauen?
„In 10 Jahren baue ich vielleicht, und sag: Ich hab jetzt genug Bücher geschrieben und hab Lust auf Realisierung.“
Die Studiowände in der lichten Fabriketage sind übersät mit Handskizzen, überall liegen Notizzettel herum. Das Wort „Feierabend“ existiert für die jungen Menschen, die hier arbeiten, in diesen Tagen nicht. Einer von ihnen ist Friedrich von Borries, Jeanshosenträger, mit legerem weißen Hemd und modischem Brillengestell aus Titan. Ein Typ, der ungern Privates von sich preisgibt und am liebsten nur über seine Arbeit spricht:
„Wir haben (...) einen sehr didaktischen Pavillon. Der soll schön sein und Spaß machen, aber natürlich haben wir einen Inhalt, und das ist ein sehr ernster. Wir haben natürlich eine moralische Botschaft – das sagt auch schon der Untertitel: „Für eine bessere Zukunft.“
Borries ist erst 34 Jahre alt und damit der jüngste Generalkommissar, der je einen deutschen Pavillon in Venedig gestaltet hat. Auf dem Biennale-Gelände wird er, zusammen mit seinem Partner Matthias Böttger, Projekte zum Thema Ökologie und Nachhaltigkeit zeigen. Doch mit Architektur im klassischen Sinn, mit hochgedämmten Gebäuden oder umweltfreundlichen Materialien beim Hausbau, hat das weniger zu tun als mit Ideen und Utopien.
Visionen für ein ökologisches Leben, erklärt Friedrich von Borries, von der intelligenten Steuereinheit zum Energiesparen bis hin zu ganzen Städten, die ihre Energie aus der Kraft von Pflanzen beziehen. Etwas unkonkret. Aber Genaueres will von Borries vor der Eröffnung der Biennale nicht verraten.
„Wir sind natürlich auch sehr deutsch, weil ökologische Architektur natürlich ein deutsches Steckenpferd ist. Und da gibt es die zwei deutschen Traditionslinien, persifliert gesagt: Müsliarchitektur und Vorsprung durch Technik. Aber mit dieser Fixierung brechen wir ja.“
Friedrich von Borries kommt selbst aus der „Müsliecke“, auch wenn man ihm das heute nicht mehr ansieht. Damals, als er in seiner Heimatstadt Wiesbaden noch zur Schule ging, hatte er auch einen „Atomkraft – Nein danke“-Aufkleber, und kämpfte dafür, dass die Plastik- durch Keramikbecher ersetzt werden. An die Architektur führte ihn niemand heran. Er entdeckte sie alleine.
„Ich komme nicht aus ’ner Architektenfamilie. Ich war in einer Bauhaus-Ausstellung, das fand ich toll... aus was für einer Familie ich komme? Jetzt wird es ja Homestory. Mein Vater war Physiker, meine Mutter hatte Philosophie studiert.“
Borries ist Architekt. Aber Häuser hat er noch nicht gebaut. Seit seinem Studienabschluss vor fast zehn Jahren beschäftigt er sich eher forschend mit „Raum“, mit der Veränderung des öffentlichen Raums, aber auch mit Freiräumen und Parallelwelten. Zur Zeit als Gastprofessor an der Universität der Bildenden Künste in Nürnberg und schon lange als Buchautor. Er hat Bücher veröffentlicht, die sich teilweise weit weg bewegen von der klassischen Architektur, aber dafür, wie er sagt, nahe an seinem eigenen Leben dran sind. Bücher über Computerspiele, über den Einfluss von Turnschuhfirmen auf Städte, oder, wie zuletzt, über die Cowboy-Szene in der DDR.
„Ich hab jetzt keinen Hochkulturanspruch. Mich interessieren die Alltagsphänomene und der tatsächliche Raum, der uns umgibt. Die Cowboys, das ist nicht Popkultur, das ist nicht Party. Und ich feiere das ja nicht.“
Vielleicht ist es ja die Ernsthaftigkeit , die Friedrich von Borries sich bis heute bewahrt hat. Ironiefrei und gründlich ist sein Blick auf diese Alltagsphänomene und Menschen. Menschen wie den Indianer Hartmut, der bei der Vorstellung des Buchs „Sozialistische Cowboys“ in einem Berliner Country-Club auftritt.
„Hartmut, der uns in den Gesprächen immer wieder gesagt hat, er will seine Stasi-Akte nicht lesen, weil er Angst hat, Freunde zu verlieren. Und der dann auf unserer Veranstaltung getanzt hat, und auf dieser Veranstaltung für ihn unerwartet ein früherer IM kam und sich ihm offenbart hat und er daraufhin noch einen weiteren Tanz aufgeführt hat, nämlich einen Vergebungstanz, mit dem er dem IM vergeben hat.“
Sein Zuhause sieht aus wie aus dem Architekten-Bilderbuch: Ein 50er-Jahre-Bungalow im Berliner Hansaviertel, möbliert mit Designklassikern, die so wirken, als ob sie bereits seit Jahrzehnten hier stehen. Ein bisschen Spielzeug liegt auch herum. Borries lebt hier mit Frau und seinen zwei kleinen Kindern. Hinter einer Trennwand lugen vollgestopfte Bücherregale hervor. Auch der Ausstellungskatalog, den er damals mit 14 bei seiner ersten Begegnung mit dem Bauhaus erwarb, steckt dort irgendwo. Will nicht, wer in so einem schönen Haus wohnt, auch einmal selber bauen?
„In 10 Jahren baue ich vielleicht, und sag: Ich hab jetzt genug Bücher geschrieben und hab Lust auf Realisierung.“