Edelsteinschleifer und Leuchtturmwärter
Im „Handwerkerchor Kreis Birkenfeld“ zeigt sich der Wirtschaftsschwerpunkt der Region. Ein großer Teil der Mitglieder sind Edelsteinschleifer. Bis auf einen. Der ist zugezogen und hat früher etwas ganz anderes gemacht: Leuchtturmwärter.
„Das ist ne größere Maschine, ich habe jetzt nicht alles angemacht, sonst riechen wir nach Petroleum. Das ist eine Maschine, um roh zu schneiden.“
Kommen sie mit in meine Werkstatt, die ist gleich um die Ecke. Sagt
irgendwann während der laufenden Chorprobe der 82 Jahre alte Bariton Horst Geyer. Seine Achatschleiferei liegt tatsächlich nur ein paar hundert Meter vom evangelischen Gemeindehaus im Dorf Veitsroth bei Idar-Oberstein entfernt, in dem der Handwerkerchor probt. 38 Männer, viele sind Rentner, bei der Probe in zivil, bei Konzerten mit der schwarzen Handwerkerweste über weißem Hemd. Im hiesigen Handwerkerchor singen deshalb viele pensionierte Edelsteinschleifer, Graveure oder Goldschmiede:
„Willst Du den Sinn des Handwerks verstehen, musst Du mal ihre Häuser ansehen. Die meisterlich sind entstanden. Handwerker sind´s aus unseren Landen ... "
Friedel Schmidt: „Das Handwerk ist natürlich hier in unserer Gegend bestimmt durch das Schleifen der Edelsteine. Wir hatten nach dem Krieg 20.000 edelstein- verarbeitende Betriebe, jetzt sind es noch 7000, viele Firmen lassen in Asien für sich schleifen, weil es einfach günstiger ist. Aber insofern ist das Bewusstsein, Handwerker zu sein und wirklich den Stein in die Hand zu nehmen und ihn zu schleifen und was Schönes draus zu machen, doch im Bewusstsein der Bevölkerung stark noch vorhanden.“
Wenn Dirigent Friedel Schmidt seinen Chor ein selbstkomponiertes, neues Handwerker-Lied einüben lässt, dann hört er sich ein bisschen so an wie ein Handwerksmeister, der Lehrlinge ausbildet. Dabei ist er ein pensionierter Berufschulpfarrer:
„Wir sind es selber, die das machen. Und dann zeigen wir denen, was wir machen. Nochmal: Mörtelgemisch, aus Sand, Kies, Zement, schafft man zuerst ein Fundament. Und dann steht das. Und dann gehen wir da drauf und bauen dann das Haus: Nun setzt der Maurer Stein auf Stein. Das heißt, wenn man so einen Satz komponiert, dann soll natürlich auch das, was ausgesagt wird, musikalisch begleitet werden, so das die Zuhörer entdecken, was da passiert. Also, die Dramaturgie des Textes spielt beim Komponieren eine ganz große Rolle. Und Ihr müsst das rüberbringen, ne. Ihr müsst das weitergeben.
Versucht mal, ich zeige es Euch ja ...
Willst Du den Sinn des Handwerks verstehen, musst Du mal ihre Häuser ansehen.“
Vom Dorf Veitsroth aus, in dem der Handwerkerchor probt und auch der Schinderhannes weiter präsent ist, hat man einen weiten Blick auf die umliegenden Hunsrückhöhen. Für Tenor Werner Wolf, den die Liebe in die Region verschlagen hat, ist das ein geringer Trost: Denn der gelernte Maurer hatte 21 Jahre lang eine Arbeit mit besonders weitem Blick:
„Und wenn ich Ihnen mein Handwerk erzähle, dann fallen Sie vom Hocker. Ich war Leuchtturmwärter, 21 Jahre lang, auf einer kleinen Insel mitten in der Nordsee. Und ich komme alle vierzehn Tage hierher zum singen.“
Reporter:„"Tatsächlich?“
Wolf:„Nein, nein, ich wohne schon einige Zeit hier und habe mich denen hier angeschlossen. Ich habe seinerzeit Maurer gelernt, also bin ich diesem Handwerkerchor doch verbunden.
Der Blick hier ist auch weit, aber mein Blick, der war weiter. Das war die Insel Amrum, da war ich als Leuchtturmwärter. ( ... )“
Chor: „"Hier in weiter, weiter Ferne, zieh´s mich nach der Heimat hin,
Lustig singen die Gesellen, doch es ist ein falsches Lied. Doch es ist ein falsches Lied ... .
Andere Städtchen ... .“
Chorleiter Friedel Schmidt hat ein freundliches Gesicht mit einem akkuraten Kinnbart und Schwung in seinen Bewegungen. Er zeigt Respekt vor den Berufen seiner Chormitglieder:
" Ich versuche es natürlich, ihnen deutlich zu machen, dass es etwas ganz Edles ist, ihnen das Bewusstsein zu geben, das ihre Tätigkeit nicht nur im Rahmen einer industriellen Gesellschaft untergeht, sondern das sie wirklich noch immer auf dem goldenen Bodes des Handwerks leben. Deswegen ist das Motto für unseren Chor: Handwerk hat goldenen Boden, Handwerker haben goldene Stimmen.“
Noch läuft der Schleifstein in der Werkstatt von Bariton Horst Geyer. Doch bald steht er endgültig still, sein Sohn wird die Schleiferei nicht mehr übernehmen. Das jahrhunderte alte Kunsthandwerk des Achatschleifens in der Edelsteinregion Idar-Oberstein stirbt aus – was vorerst bleibt, ist der Handwerkerchor, in dem der Dirigent fordert, das alle singen, als seien sie zwanzig Jahre jünger – und frisch verliebt:
„Gott schütz´ das Handwerk, das ehrsame Handwerk, er möge schützen immerdar.“
Kommen sie mit in meine Werkstatt, die ist gleich um die Ecke. Sagt
irgendwann während der laufenden Chorprobe der 82 Jahre alte Bariton Horst Geyer. Seine Achatschleiferei liegt tatsächlich nur ein paar hundert Meter vom evangelischen Gemeindehaus im Dorf Veitsroth bei Idar-Oberstein entfernt, in dem der Handwerkerchor probt. 38 Männer, viele sind Rentner, bei der Probe in zivil, bei Konzerten mit der schwarzen Handwerkerweste über weißem Hemd. Im hiesigen Handwerkerchor singen deshalb viele pensionierte Edelsteinschleifer, Graveure oder Goldschmiede:
„Willst Du den Sinn des Handwerks verstehen, musst Du mal ihre Häuser ansehen. Die meisterlich sind entstanden. Handwerker sind´s aus unseren Landen ... "
Friedel Schmidt: „Das Handwerk ist natürlich hier in unserer Gegend bestimmt durch das Schleifen der Edelsteine. Wir hatten nach dem Krieg 20.000 edelstein- verarbeitende Betriebe, jetzt sind es noch 7000, viele Firmen lassen in Asien für sich schleifen, weil es einfach günstiger ist. Aber insofern ist das Bewusstsein, Handwerker zu sein und wirklich den Stein in die Hand zu nehmen und ihn zu schleifen und was Schönes draus zu machen, doch im Bewusstsein der Bevölkerung stark noch vorhanden.“
Wenn Dirigent Friedel Schmidt seinen Chor ein selbstkomponiertes, neues Handwerker-Lied einüben lässt, dann hört er sich ein bisschen so an wie ein Handwerksmeister, der Lehrlinge ausbildet. Dabei ist er ein pensionierter Berufschulpfarrer:
„Wir sind es selber, die das machen. Und dann zeigen wir denen, was wir machen. Nochmal: Mörtelgemisch, aus Sand, Kies, Zement, schafft man zuerst ein Fundament. Und dann steht das. Und dann gehen wir da drauf und bauen dann das Haus: Nun setzt der Maurer Stein auf Stein. Das heißt, wenn man so einen Satz komponiert, dann soll natürlich auch das, was ausgesagt wird, musikalisch begleitet werden, so das die Zuhörer entdecken, was da passiert. Also, die Dramaturgie des Textes spielt beim Komponieren eine ganz große Rolle. Und Ihr müsst das rüberbringen, ne. Ihr müsst das weitergeben.
Versucht mal, ich zeige es Euch ja ...
Willst Du den Sinn des Handwerks verstehen, musst Du mal ihre Häuser ansehen.“
Vom Dorf Veitsroth aus, in dem der Handwerkerchor probt und auch der Schinderhannes weiter präsent ist, hat man einen weiten Blick auf die umliegenden Hunsrückhöhen. Für Tenor Werner Wolf, den die Liebe in die Region verschlagen hat, ist das ein geringer Trost: Denn der gelernte Maurer hatte 21 Jahre lang eine Arbeit mit besonders weitem Blick:
„Und wenn ich Ihnen mein Handwerk erzähle, dann fallen Sie vom Hocker. Ich war Leuchtturmwärter, 21 Jahre lang, auf einer kleinen Insel mitten in der Nordsee. Und ich komme alle vierzehn Tage hierher zum singen.“
Reporter:„"Tatsächlich?“
Wolf:„Nein, nein, ich wohne schon einige Zeit hier und habe mich denen hier angeschlossen. Ich habe seinerzeit Maurer gelernt, also bin ich diesem Handwerkerchor doch verbunden.
Der Blick hier ist auch weit, aber mein Blick, der war weiter. Das war die Insel Amrum, da war ich als Leuchtturmwärter. ( ... )“
Chor: „"Hier in weiter, weiter Ferne, zieh´s mich nach der Heimat hin,
Lustig singen die Gesellen, doch es ist ein falsches Lied. Doch es ist ein falsches Lied ... .
Andere Städtchen ... .“
Chorleiter Friedel Schmidt hat ein freundliches Gesicht mit einem akkuraten Kinnbart und Schwung in seinen Bewegungen. Er zeigt Respekt vor den Berufen seiner Chormitglieder:
" Ich versuche es natürlich, ihnen deutlich zu machen, dass es etwas ganz Edles ist, ihnen das Bewusstsein zu geben, das ihre Tätigkeit nicht nur im Rahmen einer industriellen Gesellschaft untergeht, sondern das sie wirklich noch immer auf dem goldenen Bodes des Handwerks leben. Deswegen ist das Motto für unseren Chor: Handwerk hat goldenen Boden, Handwerker haben goldene Stimmen.“
Noch läuft der Schleifstein in der Werkstatt von Bariton Horst Geyer. Doch bald steht er endgültig still, sein Sohn wird die Schleiferei nicht mehr übernehmen. Das jahrhunderte alte Kunsthandwerk des Achatschleifens in der Edelsteinregion Idar-Oberstein stirbt aus – was vorerst bleibt, ist der Handwerkerchor, in dem der Dirigent fordert, das alle singen, als seien sie zwanzig Jahre jünger – und frisch verliebt:
„Gott schütz´ das Handwerk, das ehrsame Handwerk, er möge schützen immerdar.“