E-Sport

Rosige Aussichten für Vollzeit-Gamer

07:15 Minuten
Yannick Reiners sitzt im Stadion in einem Treppenaufgang.
Sein Weg zum E-Sport-Profi war von Zufällen geprägt: Yannick „Jeffry“ Reiners spielt für Borussia Mönchengladbach. © Borussia-E-Sports
Von Marc Bädorf · 18.01.2022
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Jeder zweite Deutsche „gamt“. So wie Yannick "Jeffry" Reiners, der schon mit vier Jahren zockte. Inzwischen ist er Profi-E-Sportler für Borussia Mönchengladbach. Sein Gehalt? Geheim! Und die Boom-Jahre des E-Sports haben gerade erst begonnen.
Die zweite Halbzeit läuft schon, als es für Yannick „Jeffry“ Reiners ernst wird. Es ist der letzte Spieltag vor der Winterpause der virtuellen Bundesliga-Saison. Mit Borussia Mönchengladbach trifft der Profi-E-Sportler auf Hannover 96, den aktuellen Tabellenführer.

Die Gladbacher brauchen jeden Punkt, um den vierten Tabellenplatz zu halten und damit am Ende der Saison an den Playoffs teilnehmen zu dürfen.

E-Sportler „Jeffry“, 26 Jahre alt, eins achtzig groß, Läufer-Statur, sitzt in einem Gaming-Sessel: ein Drehstuhl mit extra hoher Rückenlehne. Vor ihm ein Computer-Monitor, in der Hand ein Controller: eine Konsole mit mehreren Knöpfen. Damit steuert er die gesamte Fußballmannschaft auf dem Bildschirm.– Yannick Reiners‘ Arbeitsplatz: ein Büro in der Borussia-Geschäftsstelle in Mönchengladbach. An der Wand klebt das Bild eines Fohlens: das Maskottchen der Borussia.

„Ich spiele FIFA, seitdem ich denken kann, seitdem ich vier, fünf Jahre alt bin, auf Playstation 2, immer gegen meinen Bruder gespielt, gegen einen Älteren. Also FIFA begleitet mich mein Leben lang.“

Mehr als 10.000 Euro im Monat

E-Sport-Profi war nicht Reiners‘ ursprünglicher Karriere-Plan. Nach dem Abitur schloss er ein Studium für Mittelstands-Management in seiner Heimatstadt Koblenz ab.

„Habe währenddessen immer viel FIFA gespielt, auch größtenteils gegen Freunde, kleine Turniere und dann mit der Zeit wird das immer intensiver. Dann konnte ich mich für ein sehr großes Turnier qualifizieren, für den Champions Cup in Barcelona 2018.“

Bei diesem Turnier, an dem die besten Spieler der Welt teilnehmen, wird eine Agentur auf ihn aufmerksam. Bald darauf unterschreibt Yannick Reiners seinen ersten Vertrag beim E-Sports-Team von Borussia Mönchengladbach. Seitdem ist „Jeffry“ Vollzeit-Gamer. Sein Gehalt ist geheim. Andere FIFA-Spieler berichten, dass sie mehr als 10.000 Euro im Monat verdienen.
Die Spieler der 2019 von Bayern München gegründeten eSports Mannschaft sitzen auf einer Bank in der Umkleide, im Hintergrund hängen ihre Spielertrikots.
Ein Team von Bayern München: Einige FIFA-Spieler berichten, dass sie mehr als 10.000 Euro im Monat verdienen.© imago images / Lackovic / FC Bayern München / Mannschaft FC Bayern eSports
Und: Die Boom-Jahre des E-Sports haben gerade erst begonnen. 2021 lag der weltweite Umsatz für Games und E-Sport bei geschätzt mehr als einer Milliarde Euro. Fast 80 Prozent davon wurden mit Medienrechten und Sponsoring verdient.

„Ich wünsche mir manchmal ein bisschen ich wäre jetzt 16. - Warum fängst nicht jetzt damit an? Weil das Potenzial… in fünf bis zehn Jahren reden wir über andere Summen im Preisgeld, im Gehalt.“

E-Sport-Vereine als „gemeinnützig“ anerkennen

Eine Umfrage des Branchenverbands „game“ hat ergeben: Jeder zweite Deutsche „gamt“, und ein Viertel der deutschen Gamerinnen und Gamer wünscht sich E-Sport-Vereine, erklärt Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands:

„Da ist es wichtig, dass diese Chance auch eröffnet wird. Dass beispielsweise vor Ort, wenn das Jugendzentrum da seit Jahren leer steht und dann kommt eine Gruppe von eSports-Enthusiasten, die sagen zum Bürgermeister: ‚Mensch, wir würden gern hier einen Sportverein in den Raum hier machen‘, dass der Bürgermeister nicht sagt: ‚Ja, tut mir leid, ihr seid aber nicht gemeinnützig, dann kann ich euch den Raum nicht geben.‘ "

Die neue Bundesregierung will E-Sport-Vereine als „gemeinnützig“ anerkennen, Steuer-Erleichterungen schaffen und E-Sport wirtschaftlich stärken. - Private Gaming-Unternehmen generieren Vermögen. Deutsche Spiele machen nur fünf Prozent des weltweiten Umsatzes aus.

Bundesregierung will Games fördern

„Viele Länder im Ausland unterstützen die Produktion im eigenen Land mit viel Geld. Und da hat sich die Bundesregierung auf die Fahne geschrieben, dass wir hier etwas aufbauen wollen, dass wir auch dort, wo es notwendig ist, mit unterstützen, damit der Markt hier nicht nur von der Verkaufsseite aus Deutschland gedeckt wird, sondern dass auch die Angebote steigen. Angebote bedeutet auch immer Arbeitsplätze. Und das sind vor allem kreative Arbeitsplätze, die wir in unserem Land ja auch wollen und brauchen.“

Das sagt Thomas Hacker, Bundestagsmitglied und medienpolitischer Sprecher der FDP.

„Die Games waren beim Verkehrsministerium, wo man sich schon mal die Frage stellen konnte: Was hat es da miteinander zu tun? Jetzt ist es im Wirtschaftsministerium angesiedelt, die entsprechende Fachabteilung wechselt rüber, aber die Kultur und Kreativwirtschaft als Ganzes wird da natürlich auch ihre Kompetenzen bündeln können. Aber auch ihre Wirksamkeit und ihre Sichtbarkeit nach außen bringen können, ist ein wichtiger Schritt.“

Der Traum vieler Jugendlicher

In Gladbach neigt sich das Spiel dem Ende zu. Yannick „Jeffry“ Reiners starrt, den Controller in der Hand, konzentriert auf den Bildschirm. Er lebt den Traum vieler Jugendlicher: Geld verdienen mit Zocken.

Ich glaube, die junge Generation, die neue Generation, die damit aufwächst, die weiß: Hey, Gamer sind auch krasse Jungs, sie können genauso krass im Leben stehen wie ein Steuerberater oder wie ein Anwalt oder wie ein Polizist.“

Sein Weg zum E-Sport-Profi war von Zufällen geprägt. Inzwischen hat sich die Ausbildung professionalisiert. 2020 wurde zum Beispiel, angetrieben von der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die „esports player foundation“ gegründet; eine E-Sporthilfe-Stiftung, von großen Wirtschaftsunternehmen mitfinanziert. Stipendien, Trainingscamps, Medien-Training und Elternberatung für rund 100 E-Sport-Talente.

Mit 30 Jahren ist als Profi meistens Schluss

Die Konkurrenz im E-Sport ist groß, die Verträge sind befristet und werden beendet, wenn die Leistung nicht stimmt. Und spätestens mit 30 Jahren ist als Profi meistens Schluss. Die Zeit läuft für Yannick „Jeffry“ Reiners.

„Ich sehe mich langfristig schon im E-Sport. Ich persönlich kann mir fast alles vorstellen; ob es als Coach ist, auf den die Jungs so ein bisschen hochschauen, wo ich denen auch viel mit auf den Weg geben kann - da sehe ich mich schon.“

Es steht immer noch 0:0. Das Spiel endet Unentschieden, und Reiners geht unzufrieden vom virtuellen Platz. Denn: Für ihn geht es beim Spiel nicht nur um den Punktesieg, sondern immer auch ein Stück weit um den nächsten Vertrag und damit um seine Zukunft als Profi-Gamer.

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