E-Mobilität

Ein Schildbürgerstreich

Ein Elektroauto wird in Kassel an einer Tankstelle mit Strom aufgetankt.
Ein Elektroauto wird in Kassel an einer Tankstelle mit Strom aufgetankt. © picture alliance / dpa / Uwe Zucchi
Von Thomas Wagner · 11.12.2013
In Baden-Württemberg ließ sich ein Betreiber einer Autobahnraststätte auf eigene Kosten eine Elektro-Tankstelle installieren. Das Problem ist: Schilder, die auf die Tankstelle hinweisen, darf er nicht aufstellen. Es gibt noch keine genormten E-Tankstellen-Schilder.
Was Bundeskanzlerin Angela Merkel einst als wichtiges Ziel formuliert hat:
"Eine Million Fahrzeuge, die elektrisch angetrieben werden, bis zum Jahr 2020."
Ist Rolf Riemensberger, Betreiber der beiden Autobahnraststätten Hegau-Ost und Hegau-West an der Autobahn A 81, ganz im Süden Baden-Württembergs, längst angegangen:
"In Vorleistung habe ich zwei Elektrotankstellen aufgestellt, zwei Schnellladestellen und Parkplätze dazu."
Das war vor fast zwei Jahren. Alleine: Viel Strom ist an Riemensbergers E-Tankstellen, die von Solarzellen auf dem Dach der Raststätte gespeist werden, noch nicht geflossen.
"Sie ist grundsätzlich überhaupt nicht frequentiert, weil wir haben keine Hinweisschilder an der Autobahn, um darauf hinzuweisen, dass es dort eine Elektrotankstelle gibt. Und deshalb fährt dort auch keiner hin, um zu tanken."
"Elektromobilität bewegt weltweit": Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Konferenz zur E-Mobilität in Berlin
E-Mobilität - das Hoheitsgebiet der Bundesregierung© picture alliance / dpa / Soeren Stache
Rund 36.000 Euro hat Riemensberger in seine beiden E-Tankstellen investiert. Auf ein paar Euro mehr für die Hinweisschilder wäre es ihm nicht angekommen. Doch die Behörden machten ihm unmissverständlich klar.
"Das ist verboten, das ist Hoheitsgebiet der Bundesregierung. Und da darf ich nicht irgendwelche Schilder aufstellen."
Zwar weisen Hinweise auf der Autobahn auf alles nur Denkbare hin, was die Autofahrer in den beiden Raststätten tun und lassen können: Essen, trinken, die Toilette benutzen, Benzin tanken, Diesel tanken, ja sogar auf die Möglichkeit, zu beten - auf der Anlage befindet sich auch eine Autobahn-Kapelle. Der Hinweis auf die E-Tankstelle fehlt - und zwar deshalb, weil es dafür noch kein genormtes Piktogramm gibt - kleine blaue Symbole auf weißem Grund, wie sie die Autofahrer zu Tausenden auf Deutschlands Autobahnen finden.
"Wo das Toilettenzeichen drauf ist oder das Besteck, wo man essen kann oder die Zapfsäule, dass man tanken kann - genauso eines bräuchte man für die Elektrotankstelle auch."
So Iris Brütsch, Geschäftsführerin der Autobahn-Rastanlage Hegau . Alleine: Genormte Piktogramme f+r E-Tankstellen gibt es noch nicht. Folglich dürfen, sagen die Behörden, auch keine aufgestellt werden - und deshalb verharren E-Tankstellen am Rande von Autobahnen weiterhin so einsam und verlassen wie bisher - allen politischen Lippenbekenntnissen der Politiker zur E-Mobilität zum Trotz. Raststätten-Geschäftsführerin Iris Brütsch:.
"Wir haben uns lange genug darüber geärgert. Wir staunen nur noch, schütteln den Kopf - mehr können wir leider nicht mehr machen."
Behördlicher Hickhack
Fast alle Autofahrer, die an der Raststätte Hegau-Ost Station machen, sind mit einem Wagen mit Verbrennungsmotor unterwegs. Dennoch empfinden sie das behördliche Hickhack um mögliche Hinweisschilder auf die E-Tankstelle als regelrechten Schildbürgerstreich.
"Wenn ich ein Elektroauto habe, muss ich schon wissen, wo ich tanken kann. Und dann sollte das schon irgendwo vor der Autobahnraststätte stehen."
"Nachdem sowieso Elektrotanken die Zukunft ist, hinkt Deutschland natürlich mal wieder hinterher."
Doch immerhin hat die Politik jüngst begonnen, sich des Problems anzunehmen: Im September bereits, so verlautete auf Anfrage aus dem baden-württembergischen Verkehrsministerium, hat ein gemeinsamer Ausschuss, bestehend aus Vertretern des Bundesverkehrsministeriums und der Verkehrsministerien der Bundesländer, über den Entwürfen für Hinweis-Piktogramme für E-Tankstellen gebrütet: Stecker mit Auto, Stecker mit Tank-Zapfsäule - wie so ein neues Schildchen mal aussehen soll, bedürfe der weiteren Erörterung, heißt es aus dem Ministerium.

Raststätten-Geschäftsführerin Iris Brütsch dagegen bräuchte nur einen Bleistift und ein Blatt Papier - und fertig wäre ihr Entwurf:
"Ein Stecker und ein Auto - eine andere Möglichkeit gibt es ja gar nicht. Ein Atomkraftwerk wird man da nicht hinstellen können."
Da hat sie aber die Rechnung ohne die Behördenvertreter gemacht: Ob erst ein Stecker, dann ein Auto oder umgekehrt, ob neben- oder übereinander - darüber werden die Vertreter von Bund und Ländern wohl noch Monaten beraten. "Anhörung" heißt so etwas im Behördendeutsch.

Iris Brütsch hofft dagegen eher auf eine Art "Erhörung", auf ein kleines Wunder in der Adventszeit:
"Vielleicht kommt ja dieser Tage ein Brief ins Haus, dass wir doch ein kleines Hinweisschildchen aufstellen dürfen. Es ist ja bald Weihnachten."
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