E-Mail-Flut und Handyterror – Fluch und Segen der ständigen Erreichbarkeit
Ein ganz normaler Bürotag: Das Telefon klingelt im Zehnminutentakt, im Computer häufen sich die E-Mails, das Handy piepst, weil eine neue SMS eingegangen ist, Kollegen bestürmen einen mit Fragen.
Und dabei soll man noch arbeiten – eigentlich ...
Der Bruchsaler Unternehmensberater Georg Kraus kennt diesen Alltag nur zu gut. „Durch E-Mail, Handy und die Blackberrys hat sich der Erwartungsdruck stark erhöht, schnell zu reagieren“. Durch diesen Reaktionsdruck beobachtet der Coach aber auch eine „Nichteffizienz durch permanente Ablenkung“ und macht eine Rechnung auf: Einem Softwareprogrammierer, der nur zwei bis drei Anrufe pro Stunde hat, die maximal 30 Sekunden dauern, brauche jedes Mal 10 Minuten, bis er wieder an dem Punkt angelangt ist, wo er vor dem Telefonat war. „So geht die Stunde rum und sie werden immer wieder rausgerissen. Man kann nicht mehr sequentiell arbeiten.“
Dies sei eine der großen Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt. " Durch die Effizienzminderung wird man eine Art Themenspringer. Man hüpft von Thema zu Thema, man verwaltet Dinge, man hat mit vielen Menschen Kontakt, organisiert. Und abends geht man nach Hause und fragt sich: Was habe ich eigentlich gemacht?“ Inhaltliche Arbeit trete oft in den Hintergrund, vieles bleibe liegen. „Es stellt sich die Frage: Was wird überhaupt noch produziert und geschafft?“
Die Folgen dieses Büro-Multitaskings: Mitarbeiter verschwenden nicht nur wertvolle Arbeits- und Lebenszeit. Allein die US-Wirtschaft – so zitiert „Spiegel Online“ Zahlen des US-Beratungsunternehmens Basex – verliert pro Jahr 588 Milliarden Dollar durch unnütze Bürokommunikation.
Im Privaten sieht es indes kaum anders aus: Mittlerweile gibt es mehr Handys als Bundesbürger, es wird gechattet, gesimst, täglich werden wehr als 60 Milliarden E-Mails verschickt, kaum ein Jugendlicher kommt mehr ohne das neueste Handymodell aus. Das Private und Geschäftliche vermischen sich immer mehr: Mitarbeiter checken abends noch einmal ihre Büromails von ihrem privaten PC, auf Reisen surfen sie per WLAN in der Bahn, selbst am Urlaubsstrand kommt man mittlerweile drahtlos ins Internet. Georg Kraus: „Durch die permanente Erreichbarkeit wächst die Chance, ein Junkie zu werden. Der Blackberry muss immer dabei sein, damit man ja alle E-Mails lesen kann ... "
Fluch und Segen der ständigen Erreichbarkeit – dieses Thema beschäftigt den Offenbacher Psychologen Werner Gross seit langem. Eines seiner Hauptthemen: Die seelischen Kosten der Karriere. Das Gefühl, immer und überall erreichbar sein zu wollen und zu müssen, gehöre zu den Risikofaktoren: „Eine große Gefahr ist, dass man nicht mehr von der Erregung runterkommt. Die Leute werden total zugebaggert, sie wissen nicht, wie sie sich einen Freiraum schaffen sollen. Das ist wie ein Schwungrad. Nur ich sage auch immer: Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein.“
Er vergleicht die Erscheinungen mit denen der Sucht: „Da ist eine Janusköpfigkeit: Auf der einen Seite ist es Klasse, ist der Rausch, aber es frisst einen auch auf. Ich bin kein Apokalyptiker, aber die Frage ist: Wo ist die biologische Grenze? Wo werden der Körper, die Gehirnverschaltungen, die Sinne Grenzen setzen? Man wird im immer höheren Maß von außen gelenkt, mit der Illusion, ´ich wähle`, aber im Grunde wähle ich nicht.“
„E-Mail-Flut und Handyterror – Fluch und Segen der ständigen Erreichbarkeit“ – darüber diskutiert Dieter Kassel heute gemeinsam mit dem Unternehmensberater Georg Kraus und dem Psychologen Werner Gross. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Informationen im Internet:
Werner Gross
Dr. Georg Kraus
Der Bruchsaler Unternehmensberater Georg Kraus kennt diesen Alltag nur zu gut. „Durch E-Mail, Handy und die Blackberrys hat sich der Erwartungsdruck stark erhöht, schnell zu reagieren“. Durch diesen Reaktionsdruck beobachtet der Coach aber auch eine „Nichteffizienz durch permanente Ablenkung“ und macht eine Rechnung auf: Einem Softwareprogrammierer, der nur zwei bis drei Anrufe pro Stunde hat, die maximal 30 Sekunden dauern, brauche jedes Mal 10 Minuten, bis er wieder an dem Punkt angelangt ist, wo er vor dem Telefonat war. „So geht die Stunde rum und sie werden immer wieder rausgerissen. Man kann nicht mehr sequentiell arbeiten.“
Dies sei eine der großen Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt. " Durch die Effizienzminderung wird man eine Art Themenspringer. Man hüpft von Thema zu Thema, man verwaltet Dinge, man hat mit vielen Menschen Kontakt, organisiert. Und abends geht man nach Hause und fragt sich: Was habe ich eigentlich gemacht?“ Inhaltliche Arbeit trete oft in den Hintergrund, vieles bleibe liegen. „Es stellt sich die Frage: Was wird überhaupt noch produziert und geschafft?“
Die Folgen dieses Büro-Multitaskings: Mitarbeiter verschwenden nicht nur wertvolle Arbeits- und Lebenszeit. Allein die US-Wirtschaft – so zitiert „Spiegel Online“ Zahlen des US-Beratungsunternehmens Basex – verliert pro Jahr 588 Milliarden Dollar durch unnütze Bürokommunikation.
Im Privaten sieht es indes kaum anders aus: Mittlerweile gibt es mehr Handys als Bundesbürger, es wird gechattet, gesimst, täglich werden wehr als 60 Milliarden E-Mails verschickt, kaum ein Jugendlicher kommt mehr ohne das neueste Handymodell aus. Das Private und Geschäftliche vermischen sich immer mehr: Mitarbeiter checken abends noch einmal ihre Büromails von ihrem privaten PC, auf Reisen surfen sie per WLAN in der Bahn, selbst am Urlaubsstrand kommt man mittlerweile drahtlos ins Internet. Georg Kraus: „Durch die permanente Erreichbarkeit wächst die Chance, ein Junkie zu werden. Der Blackberry muss immer dabei sein, damit man ja alle E-Mails lesen kann ... "
Fluch und Segen der ständigen Erreichbarkeit – dieses Thema beschäftigt den Offenbacher Psychologen Werner Gross seit langem. Eines seiner Hauptthemen: Die seelischen Kosten der Karriere. Das Gefühl, immer und überall erreichbar sein zu wollen und zu müssen, gehöre zu den Risikofaktoren: „Eine große Gefahr ist, dass man nicht mehr von der Erregung runterkommt. Die Leute werden total zugebaggert, sie wissen nicht, wie sie sich einen Freiraum schaffen sollen. Das ist wie ein Schwungrad. Nur ich sage auch immer: Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein.“
Er vergleicht die Erscheinungen mit denen der Sucht: „Da ist eine Janusköpfigkeit: Auf der einen Seite ist es Klasse, ist der Rausch, aber es frisst einen auch auf. Ich bin kein Apokalyptiker, aber die Frage ist: Wo ist die biologische Grenze? Wo werden der Körper, die Gehirnverschaltungen, die Sinne Grenzen setzen? Man wird im immer höheren Maß von außen gelenkt, mit der Illusion, ´ich wähle`, aber im Grunde wähle ich nicht.“
„E-Mail-Flut und Handyterror – Fluch und Segen der ständigen Erreichbarkeit“ – darüber diskutiert Dieter Kassel heute gemeinsam mit dem Unternehmensberater Georg Kraus und dem Psychologen Werner Gross. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.
Informationen im Internet:
Werner Gross
Dr. Georg Kraus