Dystopie "Club der hässlichen Kinder"

Gegen die Diktatur des Perfektionismus

08:17 Minuten
Der Club der hässlichen Kinder: Die Befreiten drängen ihre Wachen zurück.© NDR/Umami Media - Honorarfreie Verwendung gemäß AGB im engen redaktionellem Zusammenhang mit genannter Sendung bei Nennung "Bild: NDR/Umami Media" einschließlich Social Media.
Sie wollen die Unterdrückung nicht einfach hinnehmen: Der "Club der hässlichen Kinder" in dem gleichnamigen Jugendfilm. © © NDR / Umami Media
Elisabeth Lechner im Gespräch mit Ute Welty · 23.04.2021
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Wer keinem Schönheitsideal entspricht, landet im Lager: Das zeigt der Jugendfilm "Der Club der hässlichen Kinder". In unserer Gesellschaft drehe sich alles um den "Look", sagt Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Lechner. Dagegen könne man sich wehren.
In dem niederländischen Jugendfilm "Der Club der hässlichen Kinder" werden Kinder nach ihrem Aussehen sortiert - und die hässlichen in ein Lager gesperrt. Protagonist Paul tut sich mit den anderen Kindern zusammen. Sie entschließen sich zum Aufstand gegen das System und wehren sich gegen die Diktatur des Perfektionismus.

Der Kindersender KiKa zeigt den Film "Der Club der hässlichen Kinder" am heutigen 23. April um 19.30 Uhr.

Ist ein solches Szenario reine Dystopie und oder zum Teil Realität, wenn auch drastisch auf die Spitze getrieben? Die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Lechner beschäftigt sich mit der Wahrnehmung von Körpern – Body Shaming, Body Positivity - und hat unter anderem das Buch "Riot, don’t diet" geschrieben.
Sie sagt: Wir leben in einer "lookisitschen Gesellschaft", die den Perfektionismus kultiviert "und viele Formen der Diskriminierung in sich vereint".

Der innere Zwang sich zu perfektionieren

Der Schönheitsnorm entspreche, wer einen jungen, weißen und fitten Körper habe, sagt die Kulturwissenschaftlerin. Und indem durch soziale Medien wie Instagram viel mehr Möglichkeiten bestünden, sich und seinen Körper im Foto zu präsentieren, sei auch der innere Zwang gestiegen sich zu perfektionieren.
Auch die Schönheitsindustrie bediene den Druck, mit Kosmetikprodukten immer neue Bereiche des Körpers zu pflegen und zu optimieren, sagt Lechner.
Aktuelle Studien belegten, "dass auch in unserer Zeit, im Jahr 2021, schöne Menschen viel mehr Chancen im Leben haben und einfachere Lebenswege: in Sachen Jobwahl, in Sachen Partner*innenwahl, in Sachen Hypotheken aufnehmen, Versicherungen, Gesundheitsversorgung. Und dass hässliche Menschen es sehr viel schwerer haben, besonders jene, die als eklig gelten".
Das zeige der Film "Der Club der hässlichen Kinder" sehr gut. Wer als "eklig" wahrgenommen werde, werde zum Objekt – und damit schneller Opfer von Gewalt, erläutert die Kulturwissenschaftlerin. Und: Es sei empirisch belegt, dass, im Gegenzug, schöne Kinder meist bessere Noten bekämen.

Es gibt Möglichkeiten, sich zu wehren

Dennoch seien Jugendliche dieser Situation nicht hilflos ausgeliefert. Sie könnten die sozialen Medien vielmehr nutzen, um den Spieß umzudrehen, das zeige auch der Film. Es gebe "absolut kritische, intersektional denkende Accounts, die verschiedene Formen von Diskriminierung mitdenken und denen Millionen von Menschen folgen", betont Elisabeth Lechner.
Natürlich werde großer Druck durch die sozialen Medien ausgeübt. Doch umgekehrt könnten medienkompetente Jugendliche sich vernetzen und sich dagegen wehren, sagt sie.
(mkn)
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