Dustin O'Halloran über seinen "Puzzle"-Soundtrack

"Ein Bilderrahmen mit Musik drin"

Eine Frau sitzt an einem Tisch und löst gebannt ein Puzzle.
Die Schauspielerin Kelly MacDonald in dem Film "Puzzle". Eine altmodische Klangfarbe passt gut zu dieser Figur, sagt Komponist Dustin O'Halloran. © Big Beach
Von Vincent Neumann · 31.07.2018
In Berlin hat Komponist Dustin O'Halloran seine neueste Arbeit vorgestellt: den Soundtrack zu Marc Turtletaubs Film "Puzzle". Im Gespräch erklärt er seine Arbeitsweise – und warum er das Klavier sogar noch mehr liebt als die Harfe.
"So schnell hab ich noch nie gearbeitet", erklärt Komponist Dustin O'Halloran bei der Berliner Präsentation seines Soundtracks zu Marc Turtletaubs Regiedebüt "Puzzle": "Nach nur drei Wochen war der Soundtrack fertig geschrieben, dann aufgenommen und innerhalb von fünf Tagen abgemischt." Das Drama über eine junge Frau, der sich beim Puzzlen eine neue Welt erschließt, feierte Anfang 2018 beim Filmfestival Sundance Premiere. Ein deutscher Starttermin steht noch aus.

Über seine Arbeitsweise sagt der Komponist: "Manchmal mache ich Aufnahmen in einem schicken Studio, aber ich suche auch gern neue Klänge, arbeite mit ihnen, verarbeite sie – dadurch schafft man sich einfach eine viel breitere Farbpalette für seine Musik." Musik, mit der das deutsche Kinopublikum vielleicht schon vertraut ist: Für seinen Soundtrack zu "Lion: Der lange Weg nach Hause" wurde er für einen Oscar nominiert.

Die besondere Magie der Harfe

"Normalerweise fange ich mit der Instrumentierung an", erklärt er seine Arbeitsweise im Weiteren. "Jedes Instrument hat seine ganz eigene emotionale Eigenschaft, und wenn ich weiß, mit welchen Instrumenten ich arbeiten will, ergibt sich daraus gewissermaßen auch die melodische Struktur meiner Musik.

"In diesem Fall, bei 'Puzzle', wusste ich schnell, dass ich mit einem kleinen Streicherensemble, Klavier und Holzbläsern arbeiten wollte. Holzblasinstrumente vermitteln immer so einen etwas altmodischen Klangeindruck, und das passte gut zur Hauptfigur des Films, Agnes, die lieber puzzelt als ihr Smartphone zu benutzen. Und dann kam noch die Harfe dazu: Die hab' ich bislang sehr selten eingesetzt, aber in diesem Fall repräsentiert sie die besondere Magie, dieses innere Schönheit, die Agnes an sich entdeckt."
Eine besondere Liebe hegt der Komponist zum Klavier, für ihn "eines der vielseitigsten Instrumente überhaupt: von ganz zart und minimalistisch bis hin zum großen Solo-Klang. Das kann in der Geschichte so viel ausdrücken!"

Offene Zusammenarbeit mit dem Regisseur

Über seine Zusammenarbeit mit Regisseuren äußert sich O'Halloran so: "Regisseure kümmern sich inzwischen oft selbst um Musik für ihre Filme, suchen vorab schon mal Stücke aus, an denen sie dann natürlich hängen, wenn man ihnen Vorschläge macht. Das ist eine der ganz großen Herausforderungen in der heutigen, digitalen Zeit, denn wenn sich der Regisseur nicht von diesen Vorstellungen lösen kann, ist man als Komponist extrem eingeengt. Das kann ein echtes Problem sein!"

"Aber in diesem Fall war es zum Glück eine sehr offene Zusammenarbeit. Der Regisseur hat eingesehen, dass er von Musik keine Ahnung hat – und hat mir deshalb vollkommen freie Hand gelassen."

Neue Wege mit der Musik

Überhaupt ist es für O'Halloran "immer eine ziemlich große Sache, bei einem Filmprojekt einzusteigen. Ich muss auf jeden Fall erstmal einen Zugang finden. Oft kann man schon am Drehbuch erkennen, ob das was wird oder nicht – ich vertraue da auf meine Instinkte. Aber man muss natürlich vorsichtig sein, denn wenn man einmal zugesagt hat, dann bedeutet ein solches Projekt normalerweise zwei bis drei Monate sehr intensive Arbeit."
"Es gibt bei Filmmusik natürlich eine ganze Reihe von Einschränkungen: die Geschichte, Dialoge, klare zeitliche Vorgaben – und all das steht ja eigentlich schon fest, wenn ich mit der Arbeit anfange. Ich muss also mit meiner Musik immer neue Wege finden. Insofern kann das auch durchaus inspirierend sein. Aber letztendlich ist die Arbeit am Film für mich so etwas wie ein Bilderrahmen mit Musik drin."
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