Durchsuchung im Finanzministerium

Ein Einsatz mit Geschmäckle

08:14 Minuten
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz im Porträt
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: Der Vorwurf, er gehe nicht ausreichend gegen Schwarzgeldwäsche vor, könnte Folgen für das Wahlergebnis haben, sagt Cerstin Gammelin. © picture alliance /dpa / Soeren Stache
Cerstin Gammelin im Gespräch mit Anke Schaefer · 16.09.2021
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Die Vorgänge rund um die Durchsuchung im Finanzministerium setzen dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz zu. Die Journalistin Cerstin Gammelin glaubt, der Fall könnte wahlentscheidend sein. Im Fokus: ein Oberstaatsanwalt, der CDU-Mitglied ist.
Die Schlagzeilen am vergangenen Donnerstag suggerierten eine regelrechte Razzia. Mittlerweile allerdings ist klar: Es ging nicht um eine Hausdurchsuchung bei Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Vielmehr galt der Durchsuchungsbeschluss, ausgestellt von der Staatsanwaltschaft Osnabrück, einer Nebenstelle, der Finanzpolizei.
Dennoch las sich die Pressemitteilung aus Osnabrück so, als würde gegen Scholz ermittelt. Diese Diskrepanz machte dessen Staatssekretär Wolfgang Schmidt per Twitter öffentlich, was ihm wiederum ein Ermittlungsverfahren derselben Staatsanwaltschaft einbrachte.
Cerstin Gammelin im Porträt
Sieht Aufklärungsbedarf durch den zuständigen Oberstaatsanwalt: Cerstin Gammelin, stellvertretende Redaktionsleiterin im Parlamentsbüro der Süddeutschen Zeitung.© SZ / Johannes Simon
Dass sich Schmidt wie ein "Bodyguard" vor seinen Minister gestellt habe, diene durchaus der Transparenz, sagt Cerstin Gammelin von der Süddeutschen Zeitung:
"Ich glaube, dass es gut wäre, wenn der Oberstaatsanwalt, der die Behörde leitet in Osnabrück, auch noch mal klarstellen würde, wieso es zu dieser Diskrepanz gekommen ist. Wir leben ja in einem Rechtsstaat und die Deutschen vertrauen auf den Rechtsstaat und deswegen ist es gut, dass da nicht so ein Einsatz mit Geschmäckle stehen bleibt."
Auch das Justizministerium sollte sich nach Überzeugung der Journalistin dazu äußern. Auffällig: Der Oberstaatsanwalt sei ein "aktiver CDU-Politiker", so Gammelin, der auch früher schon "großen Eifer" gezeigt und über das Ziel hinausgeschossen sei.
So sei 2014 bekannt geworden, dass der Mann an einer anonymen Anzeige gegen den Fleischfabrikanten Tönnies mitgearbeitet habe. "Er hätte das eigentlich anzeigen müssen, seine Mitwirkung an dieser Anzeige. Es ist die Pflicht für Staatsanwälte, dass sie das kennzeichnen. Das hat er damals nicht getan", sagt Gammelin.

Ein Angriff auf Scholz von hoher Dimension

Benutzt die CDU also, wie SPD-Chef Norbert Walter-Borjans meint, die Justiz, um Olaf Scholz zu schaden? Gammelin sieht es so:
"14 Tage vor dem Wahltermin hat diese Durchsuchung natürlich eine Steilvorlage für die CDU, für die Union geliefert, um Olaf Scholz anzugreifen. Das politische Gewicht dieser Durchsuchung, das kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Ich halte es sogar für groß genug, um den Unterschied zu machen, dann im Wahlergebnis."
Zumal Scholz es geschafft habe, sich den Bürgern als seriös und verlässlich zu präsentieren. Wenn er nun dem Vorwurf ausgesetzt sei, er gehe nicht gut gegen Schwarzgeldwäsche vor, sei das "ein Angriff von einer sehr hohen Dimension."
(bth)
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