Durch Kurioses zum Glauben
Der Verlag wirbt damit, dass Bestsellerautor Peter Seewald mit seinem "Kult"-Buch einen Überblick über "die erotischsten Bibelstellen, die fleißigsten Päpste, die unglaublichsten Wunder und den schnellsten Weg in den Himmel" gebe. Zwar hat Seewald allerhand Kurioses zu bieten, doch eigentlich will der Band beim Glauben helfen.
Sammelsurien – diese Buchgattung ist noch gar nicht so lange auf dem Markt, ist aber gleich zum Garant von großen Auflagen geworden. Vielleicht, weil sie so unterhaltsam und gleichzeitig so geeignet zum Verschenken sind: Bücher mit Listen über verschiedene Merkwürdigkeiten dieser Welt. Der Pattloch-Verlag hat nun eines übers Christentum herausgebracht und verspricht – unter anderem – erotischste Bibelstellen und schlimmste Sünden. Als Autoren hat man den Papstbiographen Peter Seewald gewonnen.
Ein hübsch gemachtes Büchlein, nach der Lektüre weiß der Leser, dass der Begriff "Lazarett" vom armen Lazarus kommt, der an Aussatz litt und dem von Jesus zur Entschädigung ein wunderbares Leben im Himmel versprochen wurde. Oder dass in den Top Ten der Tiere in der Bibel die Schafe mit 200 Erwähnungen an der Spitze stehen, gefolgt von Lämmern und Löwen. Muss man nicht wissen, kann man aber. Das Buch ist überhaupt sehr hübsch gemacht, mit rotem Pappeinband, aus dem einfach nur ein Kreuz herausgestanzt ist, überhaupt keine Schrift auf dem Einband, und drinnen viele nette Illustrationen.
Dennoch ist die Lektüre nicht nur unterhaltsam. Das Buch heißt "Kult", der Verlag verspricht Kurioses aus der Welt des Christentums. Zum einen aber sind eben nicht nur nette Beobachtungen zu finden, sondern auch ganz ernst gemeinte Gebetstexte und Anleitungen zu Meditationen. Das Buch will eigentlich nicht primär unterhalten, sondern beim Glauben helfen. Das ist nicht schlimm, ist aber so nicht unbedingt zu erwarten.
Zum anderen: wenn in dem Buch von "der" Kirche die Rede ist, dann ist das die katholische. Wenn liturgische Bräuche und Fachbegriffe erläutert werden, dann bezieht sich das auf die katholische Messe. Und während unzählige Anekdoten über Päpste erzählt werden, wird überhaupt nur knapp 20 Mal die Existenz von protestantischen Kirchen erwähnt, die von orthodoxen noch seltener. Fast genauso oft werden allein die verschiedenen Erscheinungen der Jungfrau Maria in üppigster Breite aufgezählt. Auch das nicht verwerflich, aber eben gegen die Leseerwartung, weil diese Bücher, in denen solche Sammelsurien zu finden sind, dann auch wirklich Sammelsurien sein müssen.
Was einen bei dem Autoren allerdings auch nicht wirklich verwundern sollte. Denn der Publizist Peter Seewald ist schließlich bekannt für seine Gesprächsbände, die er mit Kardinal Joseph Ratzinger schon vor dessen Wahl zum Papst herausgegeben hat. Überhaupt ist Seewald jemand, der sehr öffentlich zum Glauben zurückgefunden hat. Er ist katholisch erzogen, hat mit dem Erwachsenwerden die Kirche zugunsten von Marxismus-Leninismus aufgegeben, bis er schließlich sich seit den 90er Jahren wieder dem Katholizismus annähert. Auch im Vorwort zu seinem "Kult"-Buch versteckt Seewald das nicht. Ganz im Gegenteil will er eigentlich eine Art Hausbuch des Katholizismus schreiben, eine Art Vademecum, das den christlich sprachlosen Menschen von heute helfen soll, die christliche Grundsprache der abendländischen Kultur wieder zu verstehen. Also zum Beispiel im Museum vor einer Abbildung eines Heiligen, der seine Haut zusammengefaltet auf dem Unterarm trägt, zu wissen, dass hier der heilige Bartholomäus abgebildet ist. Diese Sprachschulung in allen Ehren – aber dann reicht es nicht, einmal zu erwähnen, dass es verschiedene christliche Dialekte gibt, und dann durchgehend nur in einem einzigen zu sprechen.
Auch wenn Artikel wie die "Top Ten der Weltuntergänge" sehr unterhaltsam sind: Vielleicht hätte man einfach einen anderen Titel wählen sollen. Nicht allgemein "Kult", sondern einfach "Seewalds Catholica". Das hat auch einen schönen Anklang an andere Bücher dieser Art, verrät aber deutlicher, was drin ist. Und wenn man dann auch nichts anderes erwartet, dann ist es wirklich ein hübsches Büchlein.
Rezensiert von Kirsten Dietrich
Peter Seewald: Kult
Pattloch 2007
240 Seiten, 18 Euro
Ein hübsch gemachtes Büchlein, nach der Lektüre weiß der Leser, dass der Begriff "Lazarett" vom armen Lazarus kommt, der an Aussatz litt und dem von Jesus zur Entschädigung ein wunderbares Leben im Himmel versprochen wurde. Oder dass in den Top Ten der Tiere in der Bibel die Schafe mit 200 Erwähnungen an der Spitze stehen, gefolgt von Lämmern und Löwen. Muss man nicht wissen, kann man aber. Das Buch ist überhaupt sehr hübsch gemacht, mit rotem Pappeinband, aus dem einfach nur ein Kreuz herausgestanzt ist, überhaupt keine Schrift auf dem Einband, und drinnen viele nette Illustrationen.
Dennoch ist die Lektüre nicht nur unterhaltsam. Das Buch heißt "Kult", der Verlag verspricht Kurioses aus der Welt des Christentums. Zum einen aber sind eben nicht nur nette Beobachtungen zu finden, sondern auch ganz ernst gemeinte Gebetstexte und Anleitungen zu Meditationen. Das Buch will eigentlich nicht primär unterhalten, sondern beim Glauben helfen. Das ist nicht schlimm, ist aber so nicht unbedingt zu erwarten.
Zum anderen: wenn in dem Buch von "der" Kirche die Rede ist, dann ist das die katholische. Wenn liturgische Bräuche und Fachbegriffe erläutert werden, dann bezieht sich das auf die katholische Messe. Und während unzählige Anekdoten über Päpste erzählt werden, wird überhaupt nur knapp 20 Mal die Existenz von protestantischen Kirchen erwähnt, die von orthodoxen noch seltener. Fast genauso oft werden allein die verschiedenen Erscheinungen der Jungfrau Maria in üppigster Breite aufgezählt. Auch das nicht verwerflich, aber eben gegen die Leseerwartung, weil diese Bücher, in denen solche Sammelsurien zu finden sind, dann auch wirklich Sammelsurien sein müssen.
Was einen bei dem Autoren allerdings auch nicht wirklich verwundern sollte. Denn der Publizist Peter Seewald ist schließlich bekannt für seine Gesprächsbände, die er mit Kardinal Joseph Ratzinger schon vor dessen Wahl zum Papst herausgegeben hat. Überhaupt ist Seewald jemand, der sehr öffentlich zum Glauben zurückgefunden hat. Er ist katholisch erzogen, hat mit dem Erwachsenwerden die Kirche zugunsten von Marxismus-Leninismus aufgegeben, bis er schließlich sich seit den 90er Jahren wieder dem Katholizismus annähert. Auch im Vorwort zu seinem "Kult"-Buch versteckt Seewald das nicht. Ganz im Gegenteil will er eigentlich eine Art Hausbuch des Katholizismus schreiben, eine Art Vademecum, das den christlich sprachlosen Menschen von heute helfen soll, die christliche Grundsprache der abendländischen Kultur wieder zu verstehen. Also zum Beispiel im Museum vor einer Abbildung eines Heiligen, der seine Haut zusammengefaltet auf dem Unterarm trägt, zu wissen, dass hier der heilige Bartholomäus abgebildet ist. Diese Sprachschulung in allen Ehren – aber dann reicht es nicht, einmal zu erwähnen, dass es verschiedene christliche Dialekte gibt, und dann durchgehend nur in einem einzigen zu sprechen.
Auch wenn Artikel wie die "Top Ten der Weltuntergänge" sehr unterhaltsam sind: Vielleicht hätte man einfach einen anderen Titel wählen sollen. Nicht allgemein "Kult", sondern einfach "Seewalds Catholica". Das hat auch einen schönen Anklang an andere Bücher dieser Art, verrät aber deutlicher, was drin ist. Und wenn man dann auch nichts anderes erwartet, dann ist es wirklich ein hübsches Büchlein.
Rezensiert von Kirsten Dietrich
Peter Seewald: Kult
Pattloch 2007
240 Seiten, 18 Euro