Durch dick und dünn - Wie wichtig sind Freunde?

11.06.2011
"Unsere Freunde sind das Tor zur Welt", sagt die Familiensoziologin Ursula Nötzoldt. "Sie werden manchmal sogar wichtiger als Familie und Partner", bestätigt der Soziologe Janosch Schobin. Diskutieren Sie mit: Wie wichtig sind Freunde?
"Freundschaft, das ist eine Seele in zwei Körpern", sagt Aristoteles. "Die eigentliche Aufgabe eines Freundes ist es, dir beizustehen, wenn du im Unrecht bist. Jedermann ist auf deiner Seite, wenn du im Recht bist", Mark Twain.

"Unsere Freunde sind das Tor zur Welt", sagt die Familiensoziologin Ursula Nötzoldt. Die Wissenschaftlerin beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Frage, was Freundschaften zusammenhält, und warum Menschen – jenseits ihrer festen familiären Bindungen – freiwillige Beziehungen eingehen. "Wie machen sie es, in dieser flexiblen Welt Kontinuität aufzubauen? Bei diesen ständigen Wechseln, Beziehungen sind nicht mehr sicher, wir haben eine erhöhte Scheidungsrate, Patchworkfamilien. Heute haben wir eine Situation, in der jeder sein Leben basteln kann, wir gehen individuell durchs Leben, aber wir brauchen jemanden an der Seite, auf den wir uns verlassen können."

"Seit den 80er-Jahren nimmt die Bedeutung der Freunde zu", bestätigt der Soziologe Janosch Schobin. "Sie werden manchmal sogar wichtiger als Familie und Partner." Dies sei auch ein Zeichen der wachsenden Single-Rate.

"Das Problem ist, dass es zunehmend Leute gibt, die einfach keine Familie haben. Wenn zwei Einzelkinder zusammenfinden und wieder ein Einzelkind bekommen, dann hat dieses Kind keine Schwester und keinen Bruder, keine Onkels und Tanten, weder Cousins noch Cousinen." Dann seien Freunde oft die einzige verlässliche Bindung.

Freundschaften seien aber auch harten Proben ausgesetzt: "Ein Freundschaftskiller ist Mobilität, da wo sich Biografien ändern, ändern sich auch Freundschaften. Ein weiterer klassischer Freundschaftskiller ist das erste Kind, hier gehen viele Freundschaften in die Brüche, da die Lebensläufe nicht mehr kompatibel sind, wo auch die Anzahl der Freunde radikal abnimmt. Wenn Partnerschaften auseinanderbrechen, werden Freundschaftskreise aufgeteilt, manchmal bricht der ganze Freundeskreis weg."

Rund zehn Prozent der Deutschen - vor allem die Singles und Kinderlosen - verbrächten ihre Lebenszeit hauptsächlich mit Freunden im engeren Sinne. "Das ist kein Randphänomen mehr. Wenn sie eine Partei wären, dann würden sie in den Bundestag einziehen."

"Durch dick und dünn – Wie wichtig sind Freunde?"
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute gemeinsam mit Ursula Nötzoldt und Janosch Schobin. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254 oder per E-Mail: gespraech@dradio.de