Durch Babelsberg zum Film gekommen

03.11.2011
Vor 100 Jahren wurde in Potsdam die Baugenehmigung zum ersten Großfilmstudio der Welt vergeben, die Filmstudios Babelsberg. Im Filmmuseum in Potsdam zeigt eine Ausstellung die Geschichte des "deutschen Hollywood".
Einerseits sei natürlich alles anders als damals, sagt der Regisseur Volker Schlöndorff. Andererseits hätten sich die wesentlichen Merkmale seit der Stummfilmzeit kaum verändert: Noch immer stehe neben der Kamera ein Team aus Regisseur und Helfern und vor der Kamera Schauspieler, die das Leben wahrheitsgemäß imitieren. "Daran hat sich nichts geändert", so Schlöndorff.

Ihre Glanzzeit hatten die Babelsberger Studios in den 20er-Jahren. Stummfilme "Made in Babelsberg" seien auf der ganzen Welt gezeigt worden, so Schlöndorff. "Wir waren da Marktführer." Das habe sich aber schlagartig geändert, als der Ton erfunden wurde und nun plötzlich eine gutturale Sprache gezeigt wurde, die kein Mensch im Ausland verstand.

Der Film habe sich dann erst mal auf Sprachgebiete konzentriert, als größter Markt wurde nun der angelsächsische Raum Marktführer, Synchronisation gab es noch nicht. "Damit waren wir sozusagen raus", sagt Schlöndorff.

Während der Nazizeit und auch in der DDR mit der DEFA wurden dann vorwiegend Propaganda-Filme gedreht. Die beste Propaganda sei, so Schlöndorff, wenn die Leute nicht merken, dass es Propaganda ist. Dadurch sei ein Freiraum für Künstler entstanden. "Wirkliche Künstler mit guten Schauspielern konnten sich frei vom Markt zeit nehmen, einen Film so gut zu machen, wie es überhaupt nur geht", sagt Schlöndorff.

Heute wird Babelsberg oft als "Klein-Hollywood" bezeichnet. Er liebe den Standort Babelsberg, sagt Schlöndorff. Durch ihn sei er zum Film gekommen, er habe ihn motiviert, Regisseur zu werden. "Wenn Ausländer hierher kommen, dann hat das nur Geldgründe", so Schlöndorff. Der Deutsche Filmfonds locke die internationale Szene an. Erst an zweiter Stelle kämen die Möglichkeiten, die die Studios bieten.

In Europa gebe es kaum mehr große Filmstudios mit bis zu 16 Ateliers wie Babelsberg. Zudem biete die Nähe zu Berlin einen Standortvorteil. Daher könne man schon vom "europäischen Hollywood" sprechen.

Die Vorwürfe des Lohndumpings für Mitarbeiter hält er für übertrieben. In den USA seien die meisten Produktionen heute independent, da werde die Hälfte bezahlt im Vergleich zu Babelsberg. "Ich glaube nicht, dass Löhne für große Produktionen in Deutschland international gesehen Dumping sind", so Schlöndorff.

Das Besondere an Babelsberg sei die Kultur, die sich durch die Förderung entwickelt habe: im Kostüm, Bühnenbild, in Teams, im Digitalbereich und der Elektronik. Es sei fabelhaft, was da entstanden sei. Leute aus der Region hätten so die Chance, international arbeiten zu können. Zudem fände so ein Knowledge Transfer statt. "Die Leute kucken das Wissen ab und können es im nächsten Film selber", so Schlöndorff.

Das vollständige Gespräch mit Volker Schlöndorff können Sie bis zum 3. April 2012 als MP3-Audio in unserem Audio-On-Demand-Player nachhören.