Düstere Prognosen, knallharte Komik

Von Christoph Leibold · 03.03.2010
Nach dem Maya-Kalender hört am 21.12.2012 die Zeitrechnung auf und eine neue beginnt. Dieses Datum nehmen Chris Kondek und Christiane Kühl zum Ausgangspunkt einer spekulativen Reise in die Zukunft, die voll abstruser Theorie und zugleich reichlich komisch ist.
Übermorgen ist eigentlich übernächstes Jahr. Der Punkt, auf den das Denken an diesem Abend gerichtet ist, ist der 21.12.2012. Der Tag, an dem nach dem Maya-Kalender ein Schöpfungszyklus endet. Esoterische Kreise erwarten daher für diesen Tag den Weltuntergang.

Da passt es ins Bild, dass die NASA für Ende 2012 Sonnenstürme vorhersagt - zugleich aber sofort betont, die seien keine Bedrohung für die Erde. Was dennoch sofort die Verschwörungstheoretiker auf den Plan ruft: Wenn die NASA Entwarnung gibt, dann verheimlicht sie doch sicher etwas Brisantes!

Zwischen diesen zwei Polen – Weltuntergangs-Prophezeiungen und wissenschaftliche Prognosen – breiten Chris Kondek und Christiane Kühl verschiedene Gedankenspiele zur Zukunft aus. Im Neuen Haus der Münchner Kammerspiele bewegen sich drei Schauspieler – Walter Hess, Rene Dumont und Lena Lauzemis – vor einer großen Videoleinwand um zwei Schreibtische herum, und tragen mit einer Mischung aus wissenschaftlichem Ernst und prophetischer Emphase Theorien, Hypothesen, Spekulationen zur Zukunft der Welt vor.

Buchstapel und Laborgeräte geben dem Raum einen Anstrich von Studierstube und Science Lab. Über die Leinwand flimmern vorproduzierte und live hergestellte Bilder. Da wird beispielsweise ein Weltuntergangsszenario geschildert, während ein Darsteller ganz dicht vor einer der zahlreichen, auf der Bühne verteilten Kameras winzige Papphäuschen zerquetscht. Auf der Leinwand erlebt man das überdimensional zur großen Katastrophe aufgepumpt.

Oder aber es werden Interviewschnipsel eingespielt. Da verbreitet etwa Außerirdischen-Forscher Erich von Däniken seine abenteuerlichen Theorien. Aber auch seriöse Wissenschaftler kommen zu Wort und denken beispielsweise über die Folgen nach, die die Schaffung künstlicher Intelligenzen in letzter Konsequenz für die Menschheit bedeutet: Wird es irgendwann Roboter geben, die so intelligent sind, dass sie ihre Schöpfer schließlich beherrschen? Der Computer, als Sklave gedacht, wird zum Herrn, der Mensch verkommt zu seinem Haustier?

Das permanente Nebeneinander von Wissenschaft und wüster Spekulation, das Kondek und Kühl clever angerichtet haben, führt beim Zuschauer zu Verunsicherung: was glauben, was nicht? Welche Zukunftsszenarios müssen wir wirklich fürchten, welche sind doch eher unwahrscheinlich, wenn nicht gar abwegig?

Abgefedert wird diese Verstörung durch eine gute Portion Humor. Gegen düstere Prognosen hilft eben nur Komik, die die Aufführung reichlich zu bieten hat. Etwa wenn ein Chaosforscher im Interview darlegt, wie bei der Urknallsimulation im Labor theoretisch ein kleines schwarzes Loch entstehen könnte, das in einer Art Kettenreaktion erst die Erde, dann den Mond, dann unser Sonnensystem und schließlich das ganze Universum verschlucken könnte. Ein bedrohlicher Gedanke einerseits, aber eben auch eine aberwitzige Vorstellung.

Am Ende diese im besten Sinne nachdenklich machenden Theaterabends steht die Erkenntnis: 2012 wird kommen, die Frage ist nur: wann?


"Übermorgen ist zweifelhaft / 2012"
Ein Projekt von Chris Kondek (Regie/Video) und Christiane Kühl (Text/Dramaturgie)
Premiere am 3.3.2010 im Neuen Haus der Münchner Kammerspiele
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