Düsseldorfer Schauspielhaus

Niedergang eines Sprechtheaters

Von Stefan Keim · 05.02.2014
Zuschauerschwund, Finanzloch, mehr schlechte als rechte Inszenierungen - um das Düsseldorfer Schauspielhaus ist es aktuell nicht gut bestellt. Den weiteren Abstieg sollen ab März Günther Beelitz und Alexander von Maravic verhindern.
Das Defizit des Düsseldorfer Schauspielhauses wächst immer weiter. Stadt und Land NRW, die das Theater gemeinsam tragen, ziehen die Notbremse. Der umstrittene Interimsintendant Manfred Weber muss gehen. Schon am 1. März übernehmen der 75-jährige Günther Beelitz, der das Haus schon einmal von 1976 bis 1986 geleitet hat, und Alexander von Maravic.
Erst vor wenigen Monaten wurde über ein Finanzloch von 5,4 Millionen Euro berichtet. Das soll in der laufenden Spielzeit weiter angewachsen sein. Um die Löhne zahlen zu können, hat Manfred Weber einen Kredit aufgenommen, ohne das Land zu informieren. Das hat die NRW-Kulturministerin sehr verärgert. Ein Wirtschaftsprüfer kontrolliert gerade die Finanzen des Schauspielhauses.
Der Niedergang eines der deutschlandweit größten Sprechtheater ist dramatisch. Oft sitzen bloß 80 Zuschauer im großen Haus. Nur gelegentlich kommen vorzeigbare Inszenierungen zustande. Als Intendant Staffan Valdemar Holm 2012 aus gesundheitlichen Gründen aufgab, war das Schauspielhaus schon künstlerisch aus dem Ruder gelaufen. Seitdem wurde es nicht besser.
In einer Mail kritisierten Mitarbeiter des Schauspielhauses am Wochenende die Berichterstattung in den Medien und die Kulturpolitik. Eine dubiose Quelle, niemand hatte unterschrieben, die Mail kam von der allgemeinen Adresse des Schauspielhauses. Vielleicht war es ein letzter Versuch der Getreuen Manfred Webers, die Entlassung zu verhindern. Die Argumentation, das Schauspielhaus habe mehr Zulauf bekommen, ist fadenscheinig. Denn Ende Januar – nach dem Weihnachtsmärchen und der lustigen Produktion zum Jahreswechsel – sehen Theaterbilanzen immer hübsch aus.
Indiskretion und Intrige
Weber hatte zuvor deutlich gemacht, dass er sich auch die künstlerische Leitung des Hauses zutraut. Als eine Findungskommission für die Holm-Nachfolge an Indiskretionen scheiterte, vermuteten viele eine Intrige. Seitdem war nichts mehr zu hören, wie sich Stadt und Land die Zukunft des Hauses vorstellen. Mit der Ernennung von Beelitz und Maravic als Interimsleitung wurde nun etwas Zeit gewonnen. Beide sind erfahrene Theaterhasen, die ihren Job so ordentlich machen werden wie es im Düsseldorfer Desaster möglich ist. Bis Sommer 2016 sollen sie das Haus führen. Das bedeutet: Anderthalb Jahre nach Holms Abgang ist immer noch kein Nachfolger gefunden worden. Die Verantwortlichen haben kläglich versagt.
Allein schon die Tatsache, dass zur gestrigen Pressekonferenz erst zwei Stunden vorher eingeladen wurde, zeigt, dass Dilettantismus und Panik herrschen. Die Bild-Zeitung hatte letzte Woche ausposaunt, dass Sven-Eric Bechtolf, bis 2016 Schauspielchef der Salzburger Festspiele, neuer Intendant in Düsseldorf wird. Prompt folgte das Dementi. Doch warum sollte man in Düsseldorf noch jemandem glauben?
Der Zeitplan scheint nun wie geschaffen für Bechtolf. Er steht für Schauspielertheater und würde große Namen mitbringen, nach denen sich das Publikum sehnt. Im Gespräch ist aber auch Oberhausens Intendant Peter Carp in Kombination mit seiner Schwester Stefanie, die zuletzt Schauspieldirektorin der Wiener Festwochen war. Doch es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis das Düsseldorfer Schauspielhaus wieder eine klare künstlerische Perspektive hat. Günther Beelitz jedenfalls wirkt fit wie ein Turnschuh. Der kann noch lange.
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