"Du bist was wert"

Von Petra Marchewka |
Die SoulKeepers, ein Chor aus Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und 17 Jahren, schreiben ihre Texte selbst und möchten mit ihren öffentlichen Auftritten zum Nachdenken über Kinderrechte anregen. Viele der engagierten Jungen und Mädchen wissen, wovon sie da singen, denn einige mussten Mobbing, Angst oder Aggressionen im Alltag selbst erleben.
Angelina: "Also manche Kinder werden von den Eltern einfach übersehen."
Leila: "Kinder in Afrika, die haben ja nicht dieselben Rechte wie wir, die sind ja schon so mit 13 im Krieg und die kennen glaube ich gar nicht das Wort Mama und Papa und die kennen glaube ich auch keine Liebe. Die wissen gar nicht, dass es so was gibt."
Ann-Christin: "Ich hab auch in Büchern gesehen, da wurden Kinder von Erwachsenen geschlagen und auch in der Öffentlichkeit hab ich das gesehen, hab's auch selber miterlebt."
Angelina: "Und das finden wir eben halt nicht gut und haben deshalb das Kinderrechte-Lied geschrieben."

Daria: "'Du sollst stark sein fürs Leben/ den Anteil ergeben/ den Du die Welt kostest/ das geht so aber nicht!/ Wie sollst Du denn stark sein/ wenn Dir immer wieder/ die Welt wie sie ist/ Herz und Rückgrat bricht?/ Das Recht Kind zu sein/ das Recht Kind zu bleiben/ ist was uns wichtig ist/ sich täglich von Neuem auf die Zukunft zu freuen/ heißt erkenne wer Du wirklich bist.' Und dann kommt noch mal 'Du bist was wert'."

Es ist heute ungewöhnlich leer bei der wöchentlichen Probe der SoulKeepers in Bremerhaven. Während die eine Hälfte der 30 jungen Sängerinnen und Sänger zu Hause die Grippe kuriert, versuchen die Gesundgebliebenen, trotz schwacher Besetzung ihr "Du bist was wert" mal wieder zu üben. "Du bist was wert" ist ein selbst geschriebenes und produziertes Stück, mit dem sich die SoulKeepers im vergangenen Sommer an einem Wettbewerb des Kinderhilfswerks UNICEF beteiligt haben.

Vivian Glade: "Eins, zwei, drei!"

Die Chorleiterin und -gründerin Vivian Glade.

"Der Chorverband ist zurzeit Partner von UNICEF und es war eben ausgelobt ein Preis für Chöre, die ein Lied zum Thema Kinderrechte schreiben und singen möchten, und wir haben uns halt daran beteiligt, das Konzept der SoulKeepers hat eingeschlagen, weil das einzigartig in Deutschland ist, eben Leistungsorientierung und diesen sozialen Gedanken zu verbinden."

Mit "Du bist was wert" haben die SoulKeepers den ersten Preis gemacht, sind jetzt UNICEF-Juniorbotschafter und vor allen Dingen unendlich stolz. Für viele der Mitglieder ist es nicht selbstverständlich, beachtet zu werden, geschweige denn, unter Applaus im Rampenlicht zu stehen. Der neunjährigen Daria bedeutet der Chor noch mehr:

"Für mich ist das so wie eine Therapie, ich kann alle meine Sorgen raussingen, und das erleichtert mich, wenn ich dann später nach Hause komme und Papa sagt: Mach deine Hausaufgaben fertig und mach das und das, und dann sage ich: Ganz ruhig, Daria, du warst beim Singen und nächstes Mal gehst du da wieder hin, kannst du deine Sorgen wieder loslassen."

Was zu Hause nicht immer funktioniert, klappt im Chor reibungslos: Wenn Vivian Glade die 30 Jungen und Mädchen fordert, ihnen regelmäßiges Stimm- und Choreografietraining "verordnet", sind die Kinder begeistert bei der Sache. Das Konzept, musikalische Leistung mit sozial bedeutsamer Arbeit zu verbinden, geht auf.

Vivian Glade: "Es gibt, ich glaube, laut Statistik 40 Prozent Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger in Bremerhaven, man merkt es auch gerade in diesem Stadtteil hier ganz krass, und viele haben nicht das, was man Kindern wünschen würde, aber wir machen das nicht, um sie sozial zu erziehen, sondern wir wollen, dass die Kinder auf einer Bühne Songs singen, die nicht nur den Mitleidsbonus einheimsen, sondern die wirklich so gut sind, dass sie damit vor jeder anderen Audition, vor jedem anderen Publikum wirklich bestehen können."

"Regen jeden Tag und jede Stunde/ kaum hört er auf, gibt's schon die nächste Runde/ bei Sonne hat halt jeder seinen Spaß, doch selbst mir wird Regen jetzt zu nass ..."

Vivian Glade hat vor zehn Jahren begonnen, mit Kindern und Jugendlichen zu singen, hat mit ihnen zum Beispiel ein Musical zum Klimaschutz erarbeitet und ein Musiktheaterstück über Apartheid. Mit den SoulKeepers, die seit Anfang des Jahres bestehen, plant sie für das Frühjahr eine CD.

Daria: "Du bist was wert/ trau Dir was zu/ gib nicht auf/ du kannst das!"

Wenn sie mit den anderen auf der Bühne steht, erzählt die blonde Daria, dann fühlt sich das ungefähr so an, als wäre Michael Schumacher in ihrem Bauch mit seinem Rennwagen unterwegs. Und Leila sagt, dass ihre Angst, die anderen könnten sie für einen Fehler auslachen, ganz schnell verschwunden war.

Hoffnungen und Wünsche, in Musik verpackt und an die Erwachsenen adressiert: Daria, Angelina und Ann-Christin, Saskia, Michelle und Leila glauben, dass ihre Botschaft ankommt.

Saskia: "Und ich denke mal, wenn man sich das Lied genau anhört, dann denken die Eltern richtig schön nach, und dass sie wenigstens an der Erziehung was ändern tun. Was wir auch sehr stark hoffen."
Michelle: "Also, der Chor, das ist das Beste im Leben, und das fühlt sich so an, als ob das eine ganze Familie ist. Das gibt ein schönes Gefühl."

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.