"Du ahnst nicht, wer ich bin"

Richard Wagner auf einem Gemälde von 1843, dem Jahr der "Holländer"-Uraufführung
Richard Wagner auf einem Gemälde von 1843, dem Jahr der "Holländer"-Uraufführung © picture alliance / dpa / Zentralbild
Gast: Marek Janowski/Moderation: Uwe Friedrich · 20.11.2011
Nichts für Seekranke: Quinten peitschen ins Gesicht, chromatische Wellen bringen das Schiff beinahe zum Kentern, unheilvoll droht der Blechbläserhorizont. Die Erlösung: ein Hirngespinst? Richard Wagners "Fliegender Holländer" ist ein Leuchtturm der Operngeschichte – wie sich Marek Janowski diesem Werk annähert, das erzählt er vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Kapellmeister-Erfahrungen.
Das Wagner-Jahr 2013 (200. Geburtstag) wirft seine Schatten: In der vergangenen Spielzeit startete Marek Janowski einen konzertanten Zyklus der zehn großen Wagner-Opern in der Berliner Philharmonie. Mit seinem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin will Janowski einen anderen Wagner zur Diskussion stellen als jenen, den man sich in den Opernhäusern landauf, landab ansehen kann – ein Wagner-Konzentrat ohne szenische Zusätze.

"Der fliegende Holländer" mit Albert Dohmen in der Titelpartie, Ricarda Merbeth als Senta und Matti Salminen als Daland markierte den Auftakt der Reihe. Inzwischen ist diese Produktion auch auf CD (Pentatone) erschienen.

Nach den Frühwerken "Die Feen", "Das Liebesverbot" und "Rienzi" ist "Der fliegende Holländer" Wagners erste Oper, in der er seine eigene musikalische Handschrift erkennen lässt. Zwar sind viele Szenen noch an den Vorbildern Carl Maria von Weber oder Gaetano Donizetti, vor allem aber an Giacomo Meyerbeer orientiert, doch formt Wagner deren musikalische Ideen bereits nach seinen Bedürfnissen um. Der Gespensterchor im dritten Akt ist ebenso originell wie die Gestaltung des Sturms auf hoher See.

Entscheidend ist aber mit der zentralen Frauenfigur der Senta das erste Erscheinen des"Weibs der Zukunft", das sich für den erlösungsbedürftigen Mann aufopfert. Sind Holländer und Senta überhaupt ein Liebespaar? Im großen Duett singen sie jedenfalls beharrlich aneinander vorbei und verweisen bereits auf Wagners spätere Paare Tristan und Isolde, Lohengrin und Elsa oder Siegfried und Brünnhilde, die ebenfalls kaum zueinander kommen.