DSO mit Martin Fröst und Thomas Søndergård

Schmeichelnd kreischende Klarinette

Der Dirigent mit Taktstock bei einer bedeutungsvollen Geste Richtung Orchester.
Der Dirigent Thomas Søndergård ist Generalmusikdirektor des Royal Scottish National Orchestra. © homas Søndergård / Andy Buchanan
28.04.2016
Der schwedische Klarinettist Martin Fröst ist ein Tausendsassa: ein weltweit renommierter Virtuose auf seinem Instrument, Leiter zweier Kammermusikfestivals und darüber hinaus ein begnadeter Performer, der seine Auftritte gelegentlich auch multimedial inszeniert. Beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin gab er jetzt sein Debüt mit Carl Nielsens Klarinettenkonzert. Am Pult stand Thomas Søndergård.
Carl Nielsens Klarinettenkonzert aus dem Jahr 1928 ist ein in mancherlei Hinsicht bemerkenswertes Werk. Den Komponisten erinnerte das Instrument an Trolle aus der nordischen Mythologie. Die Klarinette, so meinte Nielsen, könne warmherzig und einschmeichelnd klingen, sich aber auch hysterisch gebärden und kreischen wie eine Straßenbahn auf schlecht geschmierten Schienen. Das allerdings auf technisch höchstem Niveau. Der Solist der Uraufführung, der Klarinettist Aage Oxenvard, stöhnte in einer Mischung aus Bewunderung und Verzweiflung, Nielsen müsse "gut Klarinette spielen können; sonst hätte er sich nicht immer für die schwerstmöglichen Tonkombinationen entschieden". Für einen Interpreten wie Martin Fröst sind die technischen Herausforderungen allerdings höchstens ein zusätzliches Stimulans.
Den Auftakt zum Konzert des DSO machen zwei kurze Orchesterstücke aus den "Scènes historiques" von Jean Sibelius. Sie entstanden 1899 für eine Galaveranstaltung, bei der nicht zuletzt für die Unabhängigkeit Finnlands vom russischen Zarenreich geworben werden sollte. Die Bilder beschwören die Sagenwelt Finnlands und dienten so auch der patriotischen Selbstversicherung.
Das gewichtigste Werk des Abends ist die "Pathétique" von Peter Tschaikowsky, das sinfonische Vermächtnis des großen russischen Komponisten. Tschaikowsky hielt diese Sechste "entschieden für die beste und insbesondere für die aufrichtigste" seiner Sinfonien. Es ist ein großes Bekenntniswerk, ohne doch explizit Programmmusik zu sein. Nirgendwo sonst hat Tschaikowsky seine innere Zerrissenheit so radikal in Musik verwandelt wie hier. Und konsequenterweise endet dieses Werk mit einem dunkel getönten, langsamen Satz. Der denkbar schärfste Kontrast zum Silvesterkonzert des DSO, bei dem der dänische Dirigent Thomas Søndergård, Chefdirigent des BBC National Orchestra of Wales, beim DSO 2014 seinen Einstand gab.
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 24. April 2016
Jean Sibelius
"All overtura" und "Scena" aus der Suite "Scènes historiques" für Orchester op. 25
Carl Nielsen
Konzert für Klarinette und Orchester op. 57
Peter Tschaikowsky
Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 74 "Pathétique"
Martin Fröst, Klarinette
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Thomas Søndergård