Drohendes EU-Verfahren

Deutschland schlampt beim Elektroschrott

Ein Mitarbeiter der Hamburger Stadtreinigung stapelt am 04.02.2013 ausrangierte Fernseher und Monitore in einem Sammelcontainer für Elektroschrott auf dem Recyclinghof Bahrenfeld in Hamburg.
So ist es richtig: Ein Mitarbeiter stapelt in einem Recyclinghof ausrangierte Fernseher und Monitore in einem Sammelcontainer für Elektroschrott. © picture-alliance / dpa / Christian Charisius
Von Thomas Otto · 20.10.2015
In Europa landet immer noch zu viel Elektroschrott im Müll. Zwar hat die EU vor über drei Jahren eine verschärfte Richtlinie zur Entsorgung verabschiedet, die in der Zwischenzeit aber nicht überall Gesetz geworden ist. Auch in Deutschland steht die Umsetzung noch aus.
Gold, Silber, seltene Erden – in Elektroschrott finden sich jede Menge wertvoller Rohstoffe. Viel zu oft landen die entweder in der Müllverbrennung oder noch schlimmer auf illegalen Deponien in Afrika. Mit der Novelle der Richtlinie über Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall will die EU das ändern. Bis zum Jahr 2019 sollen zwei Drittel der verkauften Geräte wieder eingesammelt und recycelt werden.
"Momentan gibt es bei drei Ländern Probleme mit der Umsetzung. Die Richtlinie hätte bis Februar 2014 umgesetzt sein müssen. Deutschland, Slowenien und Polen haben wir dem Europäischen Gerichtshof gemeldet, weil sie die Elektro- und Elektronikgeräte-Richtlinie nicht umgesetzt haben,"
Erklärt Enrico Brivio, Sprecher der EU-Kommission. Nun läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland.
Geschicktes Lobbying der Discounter
Die neue Richtlinie soll es den Bürgern leichter machen, alte und defekte Elektrogeräte beim Händler zurückzugeben – auch beim Online-Kauf. Werden Neugeräte gekauft, müssen die Händler die ausrangierte Elektronik kostenlos zurücknehmen. Kleingeräte mit einer Größe von unter 25 Zentimetern müssen generell zurückgenommen werden. Das gilt allerdings erst ab einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmetern – und damit nicht für Supermärkte, die ebenfalls Elektronik verkaufen.
"Die Lebensmittel-Discounter sind gute Lobbyisten. Und genau die haben das leider Gottes im Rat durchgesetzt. Der Rat ist Mitentscheider und er hat die Mehrheit der Unvernunft an diesem Tag auf seiner Seite gehabt."
Ärgert sich Karl-Heinz Florenz. Er sitzt für die CDU im Europaparlament und hat an der neuen Richtlinie als Berichterstatter mitgearbeitet:
"Da gab es dann eine ganze Menge Duckmäuser und Hasen in den Reihen des Rates, weil sie einfach da wenig motiviert waren – auch Deutschland war da kein Himmelsstürmer. Die konnten sich nicht einigen in der Großen Koalition."
Im Grunde sei er aber mit der Richtlinie zufrieden, meint Florenz. Am wichtigsten sei es ihm, nun den illegalen Export von Elektroschrott zu bekämpfen. Mit dem Vertragsverletzungsverfahren hat die EU-Kommission im Mai ein Strafgeld von über 200.000 Euro pro Tag für Deutschland angekündigt. Entscheiden wird darüber der Europäische Gerichtshof.
Die Neuregelung ist auf dem Weg
Bei dem sind die entsprechenden Unterlagen allerdings noch gar nicht eingegangen. Womöglich liegt das auch daran, dass die Bundesregierung seit März ihre Hausaufgaben nacharbeitet, betont Stephan Haufe, Sprecher des Bundesumweltministeriums:
"Das hätte in der Tat eher passieren sollen. Die Vorgängerregierung hat sich aber nicht auf einen Entwurf einigen können. Die jetzige Umweltministerin Barbara Hendricks hat gleich am Anfang beim Amtsantritt das Gesetz zur Hand genommen und die Novelle vorangetrieben. Und jetzt wird sie eben auch in dieser Legislaturperiode bzw. in diesem Jahr in Kraft treten."
Bundestag und Bundesrat haben dem Gesetz schon zugestimmt. Nun muss noch der Bundespräsident unterschreiben. Ist das passiert, informiert die Bundesregierung darüber die EU-Kommission, erklärt Kommissionssprecher Brivio:
"Wenn der Text, den wir erhalten, die Richtlinie ordnungsgemäß umsetzt, dann könnte das Verfahren gestoppt werden und Deutschland muss keine Strafe zahlen. Aber solange wir das endgültige Gesetz nicht analysiert haben, wissen wir nicht, ob das passiert."
Sobald das Elektrogeräte-Gesetz in Kraft tritt, hat der Handel dann neun Monate Zeit, die neuen Regeln vollständig umzusetzen.
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