Drogenbeauftragte will einheitlichen Nichtraucherschutz

Moderation: Jörg Degenhardt |
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, hat an die Bundesländer appelliert, sich auf ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie zu einigen. Der Schutz der Nichtraucher müsse in allen Bundesländern gleich wichtig sein, sagte die SPD-Politikerin. Allerdings erwarte sie, dass beim heutigen Treffen der Ministerpräsidenten "einige Ausnahmen" vereinbart würden.
Jörg Degenhardt: Das Heimatland des Marlboro-Cowboys hat sich zum Paradies für Nichtraucher gewandelt. In Gaststätten und Büros ist Nikotin inzwischen weitgehend tabu, und sogar unter freiem Himmel können sich dort Raucher nicht mehr nach Belieben eine Zigarette anstecken. Und das in einem Land, das sich selbst als Hort der individuellen Freiheiten betrachtet. Aus der Sicht deutscher Nichtraucher beispielhafte Zustände in den USA.

Heute soll die Ministerpräsidentenkonferenz die Beschlüsse der Gesundheitsminister billigen. Die hatten sich ja auf ein umfassendes Rauchverbot in Gaststätten und in öffentlichen Gebäuden geeinigt. Nur noch in abgetrennten Nebenzimmern sollten sich Raucher gegenseitig einnebeln dürfen. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hatten sich allerdings vorbehalten, Ausnahmen von dem Kneipenrauchverbot zu gewähren. Auch andere Länder schielen jetzt auf Sonderregelungen. Am Telefon begrüße ich Sabine Bätzing, SPD, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Guten Morgen!

Sabine Bätzing: Hallo, schönen guten Morgen!

Degenhardt: Steht nun eine bundesweit einheitliche Regelung wieder in den Sternen?

Bätzing: Also sie steht nicht in den Sternen, aber durch die Ankündigung bezüglich der Ausnahmen wird es sicherlich etwas schwieriger, wirklich bundesweit einen einheitlichen Nichtraucherschutz, zumindest für die Gastronomie, hinzubekommen.

Weil in den Bereichen für Kindertagesstätten, Schulen, Diskotheken, da ist man sich ja sehr einig, aber, wie gesagt, für den Bereich der Gastronomie, da wird es zumindest einige Ausnahmen geben. Was ich sehr bedauere, weil es, wie gesagt, für einen effektiven Nichtraucherschutz in Deutschland sicherlich nicht zuträglich ist, wenn es mehrere Ausnahmen oder sogar wieder Freiwilligkeit in einigen Bereichen geben wird.

Degenhardt: Aber was wäre so dramatisch daran, wenn man zum Beispiel Eckkneipen von dieser Regelung ausnehmen würde und die von einem Rauchverbot befreit?

Bätzing: Das fängt zunächst schon bei der Definition der Eckkneipe an. Was ist eine Eckkneipe? Das geht dann weiter damit, dass selbst zwei Drittel der Bundesbürger sich eine rauchfreie Gastronomie wünschen, das heißt auch dort der Wille ganz klar vorhanden ist, und wir auch vor dem Hintergrund des Verbraucherschutzes eine klare Regelung benötigen würden. Und es geht darüber hinaus an die Wirte, die mittlerweile auch immer mehr und mehr ein Interesse daran haben, wirklich einheitliche Regelungen zu bekommen für alle Bereiche, um nämlich Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern und auch damit dann zu verhindern, dass die Umsätze sinken.

Denn nur wenn wirklich gleiche Bedingungen für alle Gastronomiebereiche herrschen und es keinerlei Ausnahmen gibt, dann gibt es auch keine Umsatzrückgänge, dann gibt es, so wie es uns die Beispiele in Italien, in Irland zeigen, sogar Umsatzsteigerungen. Aber das setzt voraus, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen vorherrschen, und das setzt voraus ein Rauchverbot in allen Bereichen der Gastronomie.

Degenhardt: Die Bundesjustizministerin, Ihre Parteifreundin Frau Zypries, sieht in möglichen unterschiedlichen Landesregelungen zum Nichtraucherschutz eine akzeptable Folge des Föderalismus in Deutschland. Sie können also mit verschiedenen Varianten nicht leben?

Bätzing: Also ich finde, es ist sehr schwierig. Ich würde es nicht begrüßen, sondern ich plädiere für eine bundesweit einheitliche Regelung, damit es eben nicht zu diesen Wettbewerbsverzerrungen kommt, damit wirklich für alle Gastronomen auch die gleichen Bedingungen gelten.

Und wir wissen darüber hinaus, dass das Passivrauchen gesundheitsgefährlich ist, und deswegen erlassen wir dieses Nichtraucherschutzgesetz für den Gesundheitsschutz. Und der Gesundheitsschutz ist uns eigentlich in Rheinland-Pfalz genau so wichtig wie in Nordhrein-Westfalen oder wie in Bayern. Von daher streben wir hier bundesweit einheitliche Regelungen an.

Degenhardt: Was ist denn, wenn es keine länderübergreifende Regelung heute geben sollte, wird dann der Bund wieder aktiv? Sie hätten ja noch einen Trumpf im Ärmel, den Arbeitsschutz im Gastronomiebereich, also den Schutz der Mitarbeiter in Kneipen und Restaurants vor dem blauen Dunst.

Bätzing: Die Arbeitsstättenverordnung ist nicht der wirkliche Trumpf, weil die Arbeitsstättenverordnung regelt lediglich das Verhältnis des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmer und hat damit keine direkte Wirkung auf die Gäste. Ich denke, wenn uns das nicht gelingt, wenn es wirklich einen Flickenteppich geben wird oder wenn mehrere Länder sich jetzt dazu entscheiden, Ausnahmen zuzulassen, dann werden wir beobachten, wie sich die Entwicklung darstellt.

Und ich gehe davon aus, dass, wenn die Länder spüren, es hat wirklich negative Konsequenzen in ihrer Gastronomie, dass sie sich dann anschließen und vielleicht doch noch den Schritt tun hin zu einem einheitlichen Rauchverbot, wie in den anderen Bundesländern es dann auch gilt.

Degenhardt: Viele Raucher würden gerne von ihrem Laster lassen, schaffen es aber nicht. Muss diese Nikotinabhängigkeit nicht auch berücksichtigt werden beim Erlassen von Rauchverboten?

Bätzing: Also es geht uns mit diesem Gesetz keineswegs darum, dass die Raucher jetzt alle mit dem Rauchen aufhören sollten oder dass sie diskriminiert werden. Wenn irgendwelche aufhören, ist es sehr gut, wenn aber nicht, es wird keiner diskriminiert. Sondern es geht uns lediglich darum, die Nichtraucher vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen.

Von daher dann die Bitte, in einem Restaurant, wenn man den Wunsch nach einer Zigarette hat, kurz für diese Zigarette vor die Tür zu gehen und dann nachher wieder mit ins Restaurant zurück und weiter zu feiern und weiter mit der Gesellschaft dort zu sitzen, wie es in Italien, wie es in Irland, wie es in Schottland auch bislang schon möglich ist und wie es auch dort durchgeführt wird. Das ist zumutbar, und, wie gesagt, es geht um den Gesundheitsschutz der Nichtraucher.

Degenhardt: Aber die Gastronomen, wenn ich richtig informiert bin, Frau Bätzing, haben doch schon jetzt die Möglichkeit, ihr Lokal zur Nichtraucherkneipe zu erklären. Bisher haben dies aber nur 3,2 Prozent der Wirte getan. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Bätzing: Ja, das ist genau der Punkt. Wir haben es ja versucht über eine Freiwilligkeit und wollten den Gastronomen anraten, dies freiwillig schon zu regeln. Sie haben es nicht getan, und die Erklärung liegt eben darin, dass, wenn ein Gastronom sagt, mein Restaurant wird rauchfrei, und mein Nachbarrestaurant, da habe ich noch nach wie vor die Möglichkeit zu rauchen, dass dann die Gäste abwandern in das Raucherrestaurant, und ich von daher Umsatzeinbußen in meinem rauchfreien Restaurant habe. Und von daher die Gastronomen dieses Risiko nicht eingehen wollten.

Und dann gesagt haben, nee, bevor ich nachher Rückgänge zu verzeichnen habe, dann behalte ich lieber auch meine komplette Gaststätte als Rauchergaststätte und verändere nichts. Und vor diesem Hintergrund dieser Wettbewerbsverzerrung, dieser veränderten Bedingungen, plädieren wir eben für ein bundesweit einheitliches Rauchverbot, dass da wirklich gleiche Bedingungen für alle herrschen.

Degenhardt: Vielen Dank für das Gespräch.
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