"Ich bewege mich gern in fremden Welten"
Geschichte ist für die Drehbuchautorin Annette Hess ein Spiegel der Gegenwart. Sie greift immer wieder zu diesem Spiegel. Ob im Drehbuch "Was nützt die Liebe in Gedanken" oder in der Serie "Weissensee" - warum das so ist, verrät sie im Gespräch.
Monika poussierte mit Jungs, trug Petticoat und las Romane. All das war unanständig. Zumindest in den 50er-Jahren. Die Drehbuchautorin Annette Hess machte aus dieser Monika, von der ihre Mutter oft erzählte, die Protagonistin ihrer Miniserie "Kudamm 56", die Ende März im ZDF ausgestrahlt wird.
Geschichte als Spiegel der Gegenwart
Darin taucht Annette Hess in das Berlin der 50er-Jahre ein. Sie lässt die Moralvorstellungen, die Umgangsformen, die Mode, Einrichtung und auch die Alltagssprache dieser Zeit filmisch wieder aufleben. Geschichte ist für Annette Hess ein Spiegel der Gegenwart. Sie greift immer wieder intuitiv zu diesem Spiegel. Ob im Drehbuch "Was nützt die Liebe in Gedanken" oder in der Fernsehserie "Weissensee", die für den Grimmepreis 2016 nominiert ist.
"Ich träume mich gern in fremde Welten, ferne Welten hinein", sagt sie. Zum Beispiel habe sie die besondere Ästhetik der 1950er-Jahre angezogen oder - im Fall von "Weissensee" - der besondere DDR-Geruch von Trabis und Braunkohle. "Das graue November-Diesige hat mich immer angezogen."
Geschichte vermitteln ohne pädagogisch erhobenen Zeigefinger
Ihre Begeisterung für Geschichte erklärt sie damit, dass sie wissen will, wie wir wurden, was wir sind:
"Ich bin ja auch überzeugt davon, dass man bestimmte Traumata der Eltern und Großeltern in sich trägt, von denen man gar nichts weiß."
Einen pädagogischen Anspruch verfolgt sie mit ihren Drehbüchern jedoch nicht: "Ich stehe nicht unter der Dusche und denke: meine Filme sollen…", sagte Annette Hess. "Das würde ja gar nicht funktionieren, so dogmatisch." Sie folge einfach ihrer Faszination.