Drahtlose Endoskopie

Von Peter Kaiser |
Endoskope werden nach und nach immer kleiner und schmaler, auch die Übertragung der Bilder aus dem Körperinneren wird immer perfekter. Forscher des Stuttgarter Fraunhofer-Institutes IPA haben nun ein drahtloses Endoskop entwickelt, das die Untersuchung der inneren Organe erheblich erleichtern soll.
"Grundsätzlich ist es ja so, wir haben das Endoskop, das ist ein langes Stahlrohr, wo ein Optikgang drin ist, und ein Lichtwellenleiterbündel, und am Ende haben wir den Kamerakopf und dieses Endoskop wird eben in den Bauchraum eingeführt."

Eine Untersuchung der Organe in der Bauchhöhle wird mit Endoskopen, also hohlen Stahlrohren von drei bis fünf Millimeter Durchmesser durchgeführt. Durch mehrere wenige Zentimeter große Schnitte werden die Endoskope in den Körper gesteckt. Sie bieten Platz für Lichtleitungen, eine kleine Videokamera und für Spezialgeräte zur Entnahme von Gewebeproben. Mit all diesen Zuleitungen zu hantieren erfordert Übung und Geschick. Jonathan Brix, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Stuttgarter IPA.

"Und diese Kabellage behindert den Operateur, wenn er einen Eingriff vornimmt. Man kann sich das vorstellen wie bei einem Staubsauger. Da hat man auch immer das Stromkabel und muss dann ziehen und ist dadurch eingeschränkt. Und dadurch sind bestimmte Positionswechsel nur schwierig möglich."

Abhilfe beim Kabelgewirr könnte das drahtlose Endoskop schaffen, das am Stuttgarter Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, IPA, entwickelt wird. Es ist kleiner als bisherige konventionelle Kabel-Endoskope.

"Das aktuelle Funktionsmuster hat eine Größe von 40 mal 50 mal 80 Millimeter. Ziel ist natürlich diesen Körper noch weiter zu verkleinern. Das ist sehr stark von der Akkutechnologie abhängig."

Mit dem derzeitigen Eigengewicht des Prototyps von nur 315 Gramm lässt es sich auch leicht führen. Das Wichtigste aber ist: Ein Kabel fällt weg, denn die hochauflösenden Bilder aus dem Bauchraum werden zu einem Empfängermonitor gefunkt. Dabei greifen die Entwickler auf etablierte Übertragungstechniken wie WLAN zurück, wie man sie bei Computernotebooks antrifft. Bei bisherigen Kabel-Endoskopen sind vor allem die Zuleitungen in den Patientenkörper ein Problem im Operationsalltag.
"Das bedeutet, diese Kabel werden in sterile Einweghüllen verpackt, um sie dann in dem OP steril zu haben. Dennoch besteht immer das Risiko, dass Keime sich dort ansiedeln können, und dadurch natürlich auch ein Infektionsrisiko besteht."

Doch die neue Entwicklung aus Stuttgart ruft nicht gleich helle Begeisterung im Kollegenkreis hervor. Für Andreas Adler, Gastroenterologe an der Berliner Charité, macht ein kabelloses Endoskop nur bedingt Sinn.

"Denn die meisten der Endoskopien haben therapeutischen Anspruch, das heißt, man muss Instrumente in den Körper des Patienten einführen, um dort Therapien durchführen zu können. Natürlich ist jedes Kabel, was weniger ist, ein Vorteil. Ganz klar. Nur wie das Spül- und das Reinigungskabel und die Instrumentierkanäle sozusagen kabellos gestaltet werden sollen, das erschließt sich mir jetzt noch nicht."

Dass der medizinische Nutzen des kabellosen Endoskops nur indirekt ist, wissen die Konstrukteure am Stuttgarter Fraunhofer Institut. Jan Stallkamp, der Projektleiter am IPA:

"Der Vorteil sind die Aufbauzeiten. Das wird immer vergessen. Ich habe letztens eine Operation gesehen, der war eine halbe Stunde damit beschäftigt das System aufzubauen, und dazu gehört auch das Verlegen von Kabeln. Diese Kabel stören beim Aufbau und das dauert einfach und kostet Operationszeit, und damit auch das Belegen des Operationssaals.

Und das Zweite ist, dass man dieses Endoskop in der Hand freier führen kann, und nicht eine doch ziemlich beachtliche Kabelschleppe hinter sich hinterher schleppen muss, die dann wiederum zu ergonomischen Behinderungen führt."

Natürlich hat der Prototyp des drahtlosen Endoskops noch mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen: Die Ausleuchtung muss verbessert werden und auch mit der äußeren Form des Apparates hadern die Ingenieure noch. Zudem muss noch geklärt werden, ob es zu einer elektromagnetischen Belastung von Arzt und Patient kommt, wenn aus dem Bauch gefunkt wird. Bis dahin bleiben die guten alten Kabel im Einsatz.