Drängende Fragen dieser Zeit

Von Jürgen Stratmann |
100 Fragen, 112 Persönlichkeiten, die sie beantworten sollen, 112 Kameras und ein Tisch mit einer Platte von 38 Meter Durchmesser, das sind die wichtigsten Zahlen zu "Dropping Knowledge". Bei diesem gemeinnützigen Projekt sollen Antworten gefunden werden, die anschließend auf ein Internetportal gestellt werden, das immer weiter ergänzt werden kann.
Der, die, das, wer, wie, was, wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm. Das ist in etwa auch das Prinzip von "Dropping Knowledge". Nur, werden da andere Fragen gestellt:

"Ist es wirklich so, dass jeder Versuch, die Welt gerecht zu machen, immer an der Kreativität des einzelnen scheitern wird"

Das fragt in einem hübsch aufbereiten Internetclip Sänger Smudo von den Fantastischen Vier, und Kollege Thomas D. will wissen:

"Warum ham wir noch kein Auto, das ohne Sprit fährt?"

Oder theologisch:

"”What is God’s religion?”"

Fragen wie diese sollen nicht allein klüger machen. Die Theorie: Leute, die sich Fragen stellen, machen sich Probleme bewusst, und wenn sie von anderen Lösungen bekommen, werden sie aktiv –"Turn apathy to activity" ist der griffige Slogan, den Werbeprofi und Initiator Ralf Schmerberg seinem werbeprofessionell aufgezogenem Projekt vorangestellt hat.

Alles ist groß bei diesem Event: Hollywoodstar Willem Dafoe wird am Samstag auf dem Berliner Bebelplatz die ganz großen Fragen stellen, die die ganz großen Geister dieser Welt erörtern sollen:

"Persönlichkeiten, Denker, Künstler, Philosophen, soziale Aktivisten aus aller Welt…"

Darunter auch Wim Wenders, Vivienne Westwood, der Musiker Giora Feidmann, die Menschenrechtlerin Monira Rahman aus Bangladesh und so weiter. Zusammen ein idealistischer Thinktank aus insgesamt 112 Juroren, den so genannten Partizipanten.

Alle zusammen werden an einem Guinessbucheintrag verdächtig großen Tisch sitzen,
38 Meter Durchmesser, ein pompöses Podium mitten auf dem Bebelplatz, der größte runde Tisch aller Zeiten, auch einer der Partizipanten. Groß sind nicht nur Fragen und Tisch: Groß war auch die zu bewältigende Aufgabe, über Jahre wurden tausende Fragen gesammelt, die im Internet auf der Website von "Dropping Knowledge" mit einem bis vier Sternen bewertet werden konnten...

"Aus diesen Fragen werden dann 100 ausgesucht... und dann kommen da 11.200 Antworten heraus..."

Die alle in Echtzeit als Videostream im Netz verfolgt werden können. Die Sammlung der Fragen hat drei Jahre gedauert, die Antworten werden zügiger abgehandelt...

"Wir müssen das rausfühlen, ich denk so zwischen zwei bis vier Minuten wird die Antwortzeit liegen, ne!"

Das ergibt gut 700 Stunden Videomaterial, dazu Hans Uszkereit vom Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz, der die Software für die Initiative entwickelt hat:

"Das ist nur der Startschuss, der Beginn eigentlich des wichtigsten Ergebnisses von ‚Dropping Knowledge’."

Denn "Dropping Knowledge" will nicht nur eine einmalige Fragestunde, sondern eine Art Wikipedia der Lösungen, Myspace für Menschenrechtler, eine Online-Plattform des sozialen Wandels sein.

Aber auch, wenn "Dropping Knowledge" allen Internetnutzern alle Inhalte zur freien Nutzung zur Verfügung stellen will, umsonst ist solcher Idealismus nicht zu haben, ohne Großsponsoren wäre das Idealistenweb nicht realisierbar gewesen, und so haben die "Dropping Knowledge" Leute mit der "Allianz" Versicherung einen Verbündeten im Boot, der wegen angedrohter Massenentlassungen umstritten ist. Und außerdem: Ob die 100 wichtigsten Fragen der Menschheit von 112 gleichzeitig redenden Universalexperten in nur wenigen Minuten geklärt werden können, man wird sehen.