Doppelagent im Identitätskonflikt
Es geht um Geheimnisse, Verrrat und die Liebe: In „Die Wanderer“ des israelischen Dramatikers Joshua Sobols verstrickt sich ein für Israel und die Palästinenser arbeitender Doppelagent immer tiefer in seinen Identitätsproblemen. Trotz spannender Thematik bleibt die Uraufführung im Wiener Theater „Drachengasse“ eher blass.
Warum bietet der renommierte israelische Dramatiker Joshua Sobol in den letzten Jahren Uraufführungen seiner Stücke ausgerechnet dem kleinen Wiener Theater „Drachengasse“ an? „Drachengasse“ ist eine jener traditionsreichen Wiener Kleinbühnen, die einmal – Jahrzehnte ist es freilich her – Theateravantgarde waren; das Burgtheater hat inzwischen schon lange diese Avantgarde (etwa mit Schlingensief-, Pollesch- und Hermann-Nitsch-Inszenierungen) eingekauft und die Off-Szene überholt.
Sobol meinte vor der Premiere, dass er vor allem die Intimität des kleinen Raumes in der Drachengasse – die Bühne in einem der ältesten Wiener Häuser, fast eine Art Katakombe in der Nähe des Stephansdoms – schätze und die Intimität zwischen Zuschauer und Schauspieler. Möglicherweise mag er aber auch die konventionelle Spielweise, die in diesen Wiener Off-Theatern – im Gegensatz zum deutschen Regietheater – überlebt hat.
Das Theater Drachengasse hat sich in der gut subventionierten Wiener Theaterszene als Nische, als „Frauentheater“ positioniert, doch das Gender-Thema bedient Sobol nur am Rande. „Die Wanderer“ ist eine Liebesgeschichte zwischen einem älteren – soldatischen – Mann und einer jungen Frau. Bob hat Ana durch ein Zeitungsinserat angeworben, sie soll drei Kartons mit Schriften zu seinem Leben ordnen. Doch mürrisch weigert Bob sich immer wieder, seine Identität preiszugeben. Hat er überhaupt eine? Lässt sie sich erzählen? Heißt er überhaupt Bob?
Im Laufe des Stückes wird klar, dass Bob – traumatisiert durch den Krieg – Doppelagent geworden ist. Als Agentenstück hat Sobols Liebesdialog Gewicht. Gewürdigt und gebilligt wird nämlich der Verrat. Das Bekenntnis zum Verrat als Wert: Das ist ein spannendes theatralisches Thema. Denn der Verräter, der ein Doppelleben auf beiden Seiten, der palästinensischen und der israelischen Seite führt, rettet durch Verrat von Freunden (verbunden mit theatralischer Verstellung) hunderten Menschen das Leben, indem er als Agent seinen Führungsoffizieren Selbstmordattentäter – auch wenn diese Attentäter die als Freunde bewirteten Eltern von Schulfreunden der eigenen Kinder sind – mit dem Handy nennt.
Die Denunzierten werden dann vor seinen Augen vom israelischen Helikopter aus getötet. Wer er wirklich ist, darf der Doppelagent nicht zeigen, und weiß es bald auch nicht mehr. „Ich glaube“, erklärt Sobol vor der Premiere, „der Terrorismus hat uns alle verletzt, doch man muss gegen ihn kämpfen. Dabei gibt es keine Möglichkeit, sich nicht die Hände schmutzig zu machen.“
Gerade die Künstler – und Sobols Held Bob ist Musiker – sind meist auch bei den Feinden beliebt und werden in „Frieden stiftenden“ EU-Kunstprojekten instrumentalisiert. Künstler, meint Sobol, sind in der Regel Doppelagenten und von Natur aus Verräter. In seinem Agentenroman „Whisky ist auch in Ordnung“ hat Sobol 2005 dieses Identitätsproblem lustvoll geschildert. Der Agent hat im Roman den Namen Shakespeare. Aber wie funktioniert das im Theater?
Möglicherweise ist ein in die Jahre gekommenes Off-Theater ja der richtige Ort für Sobols neue Stücke; trotz interessanter Thematik wirken „Die Wanderer“ langatmig und geschwätzig. Die Regie (Günther Treptow) lässt vom Blatt spielen, und das Liebespaar (Peter Gruber und Katja Gerstl) zeigt wenig Ausdrucksvarianten. Da kann über Längen auch die Intimität des Raumes in der Drachengasse nicht hinweghelfen. In Israel wird aber gerade eine weitere Aufführung vorbereitet, einen neuerlichen Versuch wäre das Agenten-Liebesdrama „Die Wanderer“ durchaus auch in Deutschland wert.
Sobol meinte vor der Premiere, dass er vor allem die Intimität des kleinen Raumes in der Drachengasse – die Bühne in einem der ältesten Wiener Häuser, fast eine Art Katakombe in der Nähe des Stephansdoms – schätze und die Intimität zwischen Zuschauer und Schauspieler. Möglicherweise mag er aber auch die konventionelle Spielweise, die in diesen Wiener Off-Theatern – im Gegensatz zum deutschen Regietheater – überlebt hat.
Das Theater Drachengasse hat sich in der gut subventionierten Wiener Theaterszene als Nische, als „Frauentheater“ positioniert, doch das Gender-Thema bedient Sobol nur am Rande. „Die Wanderer“ ist eine Liebesgeschichte zwischen einem älteren – soldatischen – Mann und einer jungen Frau. Bob hat Ana durch ein Zeitungsinserat angeworben, sie soll drei Kartons mit Schriften zu seinem Leben ordnen. Doch mürrisch weigert Bob sich immer wieder, seine Identität preiszugeben. Hat er überhaupt eine? Lässt sie sich erzählen? Heißt er überhaupt Bob?
Im Laufe des Stückes wird klar, dass Bob – traumatisiert durch den Krieg – Doppelagent geworden ist. Als Agentenstück hat Sobols Liebesdialog Gewicht. Gewürdigt und gebilligt wird nämlich der Verrat. Das Bekenntnis zum Verrat als Wert: Das ist ein spannendes theatralisches Thema. Denn der Verräter, der ein Doppelleben auf beiden Seiten, der palästinensischen und der israelischen Seite führt, rettet durch Verrat von Freunden (verbunden mit theatralischer Verstellung) hunderten Menschen das Leben, indem er als Agent seinen Führungsoffizieren Selbstmordattentäter – auch wenn diese Attentäter die als Freunde bewirteten Eltern von Schulfreunden der eigenen Kinder sind – mit dem Handy nennt.
Die Denunzierten werden dann vor seinen Augen vom israelischen Helikopter aus getötet. Wer er wirklich ist, darf der Doppelagent nicht zeigen, und weiß es bald auch nicht mehr. „Ich glaube“, erklärt Sobol vor der Premiere, „der Terrorismus hat uns alle verletzt, doch man muss gegen ihn kämpfen. Dabei gibt es keine Möglichkeit, sich nicht die Hände schmutzig zu machen.“
Gerade die Künstler – und Sobols Held Bob ist Musiker – sind meist auch bei den Feinden beliebt und werden in „Frieden stiftenden“ EU-Kunstprojekten instrumentalisiert. Künstler, meint Sobol, sind in der Regel Doppelagenten und von Natur aus Verräter. In seinem Agentenroman „Whisky ist auch in Ordnung“ hat Sobol 2005 dieses Identitätsproblem lustvoll geschildert. Der Agent hat im Roman den Namen Shakespeare. Aber wie funktioniert das im Theater?
Möglicherweise ist ein in die Jahre gekommenes Off-Theater ja der richtige Ort für Sobols neue Stücke; trotz interessanter Thematik wirken „Die Wanderer“ langatmig und geschwätzig. Die Regie (Günther Treptow) lässt vom Blatt spielen, und das Liebespaar (Peter Gruber und Katja Gerstl) zeigt wenig Ausdrucksvarianten. Da kann über Längen auch die Intimität des Raumes in der Drachengasse nicht hinweghelfen. In Israel wird aber gerade eine weitere Aufführung vorbereitet, einen neuerlichen Versuch wäre das Agenten-Liebesdrama „Die Wanderer“ durchaus auch in Deutschland wert.