Doping vor Gericht

Von Verena Kemna · 31.01.2006
Der ehemaligen Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein steht derzeit wegen Doping-Verdachts vor Gericht. Doch nicht er war gedopt, sondern er hat als Trainer seine minderjährigen Sportlerinnen genötigt, gesundheitsgefährdende Anabolika und Blutdopingmittel einzunehmen, lautet die Anklage.
An den ersten beiden Verhandlungstagen gegen den ehemaligen Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein waren alle Stühle im Saal besetzt. Das große öffentliche Interesse im Amtsgericht Magdeburg erinnert an die wichtigen DDR-Doping Fälle vor einigen Jahren. Doch die Tatzeit in diesem Fall von Minderjährigen-Doping liegt in den Jahren nach 1990.

Springstein hat zu seiner Verteidigung gleich zwei prominente Anwälte an seiner Seite. Im Gerichtssaal sitzen der ehemalige DDR-Innenminister Peter Michael Diestel und der Strafverteidiger Johann Schwenn aus Hamburg. Am ersten Verhandlungstag bauen sie ihre Verteidigungsstrategie auf. Es sei ein Ost-West Konflikt, eine von langer Hand geplante Sportintrige gegen den prominenten und erfolgreichen DDR-Trainer Springstein.

Und darum geht es: Der Angeklagte soll in mehreren Fällen gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen haben. Im Jahr 2003 sollen mehrere, damals minderjährige Athletinnen, von ihm die gesundheitsgefährdenden Anabolika-Pillen Andriol bekommen haben. An den ersten beiden Verhandlungstagen sagt Thomas Springstein selbst kein Wort.

Hauptbelastungszeugin ist die heute 18 Jahre alte Anne-Kathrin Elbe. Sie belastet ihren ehemaligen Trainer am zweiten Verhandlungstag schwer. In zwei Trainingslagern, so erzählt sie, habe ihr Springstein braune Fläschchen mit Pillen gegeben. Doch sie habe die Pillen nicht geschluckt. Während des Trainings habe ihr Thomas Springstein andere, blaue Pillen gegeben, die sie dann in seinem Beisein einnehmen musste.

Außerdem wird Springstein zur Last gelegt, dass er der ehemaligen 400-Meter Läuferin Eileen Müller fünf Mal ein homöopathischen Mittel injiziert haben soll, ohne zur Ausübung eines Heilberufs berechtigt zu sein. Ihre Aussage ist für den dritten Verhandlungstag an diesem Freitag vorgesehen.

Trotz zahlreicher Einwände seitens der Verteidiger wurden im Gerichtssaal am 16. Januar die E-Mails von Springstein an ausländische Kontaktpersonen verlesen. Darin geht es um Blutdopingmittel, Testosteron, Insulin und Stimulanzien, auch das Gen-Dopingmittel Repoxygen wird in der Internet-Korrespondenz erwähnt. Es heißt, Repoxygen sei nicht nachweisbar, ein extrem gefährliches Mittel zur gentechnischen Leistungssteigerung. In den E-Mails gibt es außerdem Hinweise, dass Springstein möglicherweise auch für seine Lebensgefährtin, die Europa- und Weltmeisterin Grit Breuer, unerlaubte Mittel besorgt hat.

Der Deutsche Leichtathletik-Verband verfolgt den Prozess, hat sich aber zunächst nicht zum Gendoping-Verdacht geäußert. Am Freitag wird der Prozess in Magdeburg mit einem dritten Verhandlungstag fortgeführt. Der Prozess soll Ende März vorbei sein. Im schlimmsten Fall drohen dem 47 Jahre alten Thomas Springstein mehrere Jahre Haft.
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