Doping-Prävention

Achtsam auch in der Freizeit

Moritz Raykowski (TSV Bayer 04 Leverkusen) beim Weitsprung bei den Nordrheinmeisterschaften in Leverkusen für Menschen mit und ohne Behinderung, TSV Bayer 04 Leverkusen. (17.1.2014)
Immer erreichbar für einen Doping-Test: Profisportler wie Moritz Raykowski. © dpa picture-alliance / Mika Volkmann
Von Heinz Schindler · 16.09.2018
Moritz Raykowski ist 19 Jahre alt und Profisportler. Mit Eintritt in den Spitzensport verändert sich das Leben der Athleten nachhaltig: Plötzlich müssen sie rund um die Uhr auf der Hut sein - denn die Gefahr, versehentlich einen positiven Doping-Test zu produzieren, ist groß.
Der Schweiß, der beim Krafttraining fließt; der Duft von frisch gemähtem Gras, über das Diskus oder Speer fliegen, oder der charakteristische gummiartige Geruch der Laufbahn: All dies verbindet man mit Leichtathletik. Doch hinter den Kulissen gibt es noch viel mehr – und das fordert eher den Geist als den Körper. Denn wer im Leistungsbereich aktiv ist, wird auch mit dem Thema Doping-Prävention konfrontiert, das erfuhr auch der 19-jährige Läufer und Weitspringer Moritz Raykowski.
"Das kam im Sommer 2014, da bin ich meine allerersten Normen für 'ne J-WM gesprungen und gelaufen. Und wenn man dann die erste Norm hat, dann kommt man in den ATP – den 'allgemeinen Test-Pool' - und dann kommt natürlich auch der ganze Rattenschwanz: Die ganze Bürokratie dahinter, die Athletenvereinbarung. Man hat der NADA, der Nationalen Anti-Doping-Agentur, zu kommunizieren und transparent zu machen, wo man wann zu welcher Zeit ist, um erreichbar zu sein eventuell für 'ne Abnahme von 'ner Probe. Und, ja, das war im Alter von fünfzehn."
Mit dem Eintritt in den Spitzensport ändern sich für einen Athleten große Teile seines Lebens grundlegend. Hilfestellungen erfährt er dabei von vielen Seiten, erzählt Jörg Frischmann, Stützpunktleiter beim TSV Bayer 04 Leverkusen.

Die Verantwortung liegt beim Sportler ganz allein

"Und deshalb fangen unsere Trainerinnen sehr sehr früh an, die Athleten drauf vorzubereiten. Und das sind natürlich die einfachen Gespräche: Wenn Du Husten hast, was machst Du? Nicht direkt zum Arzt laufen, weil viele Ärzte haben überhaupt keine Kenntnis darüber, welche Mittel man nehmen darf und nicht. Sondern den Trainern erstmal Bescheid sagen und dann gibt es natürlich Listen der NADA, die da helfen können. Also, NADA hat eine so genannte Positiv-Liste, wo Medikamente drauf stehen, die bei bestimmten Krankheiten genommen werden können."
Denn die Verantwortung, "sauber" zu sein, liegt immer nur beim Sportler selbst, nicht bei Betreuern oder Ärzten. Das gilt übrigens im paralympischen Bereich selbst dann, wenn ein Athlet eine geistige Beeinträchtigung hat.
"Nur Du selbst! - Also, das haben wir ja schon häufig gehabt, nehmen wir Evi Sachenbacher-Stehle, dann war da der Berater, der gesagt hat, Du sollst diesen Tee trinken und im Tee war dann halt irgendwas drin. Und den Tee hat dann am Ende natürlich Evi Sachenbacher- Stehle getrunken! Es gibt natürlich Fälle, wo dann 'ne Sperre vielleicht reduziert wird, weil der Trainer dann Schuld auf sich genommen hat, aber am Ende des Tages steht immer der Athlet in der Verantwortung."
Moritz Raykowski, der bei der Para-EM in Berlin debütierte, ist die Achtsamkeit für die Inhalte von Lebensmitteln ähnlich einem Allergiker in Fleisch und Blut übergegangen. Im Freundeskreis kennt man beim gemeinsamen Essen seinen kritischen Blick.
"Dass man dann am Ende, wenn man mal Zeit hat sich mit den Freunden zu treffen, dann am Tisch sitzt und rumnörgelt und sagt: mhm, das kann ich vielleicht doch nicht essen – daran gewöhnen sich Leute über die Jahre und das wissen die auch. Und man selber lädt dann auch mal gern zum Kochen ein, dass man dann also die Kontrolle drüber hat. Erstmal gibt’s die komische Reaktion am Anfang, aber das etabliert sich. Das wird so 'ne Art Habitus. Also, meine Eltern wussten dann auch direkt: Okay, wir gucken mehr auf das, was wir kochen."

Die Athleten beraten sich auch untereinander

Indem viele Leute um die Athleten herum in diese Aspekte der Doping-Prävention eingeweiht sind, entsteht auch hilfreicher moralischer und sozialer Druck. Hinzu kommen noch die Angebote der NADA, teilweise auch in direkter Zusammenarbeit mit den Vereinen. Workshops werden abgehalten, erklärende Videos produziert, Nachrichten elektronisch verschickt.
"Aber trotzdem gibt es da auch immer wieder Probleme, dass ich sag mal, ein Adams-System nicht funktioniert, dass Sportler sich nicht abmelden können, dass 'ne NADA-App nicht zu erreichen ist. Also, ich war häufiger auch schon auf der Seite und dann: 'Diese Seite ist grad nicht erreichbar.' Wenn man Forderungen an die Athleten stellt, muss man auf der anderen Seite natürlich auch gewährleisten, dass diese Systeme funktionieren."
Die Werte der Anti-Doping-Arbeit werden aber auch auf analogem Weg weitergegeben. Wissen wird unter den Trainern, Betreuern und Sportlern tradiert, der 19 Jahre alte Moritz Raykowski gibt seine Erfahrungen an noch jüngere Athleten weiter. Die Arbeit aller an der Prävention Beteiligter sieht er als ein Geben und Nehmen:
"Dadurch wird einfach jedem ermöglicht, auch einen fairen Sport zu betreiben auf sehr hohem Niveau. Und das ist ein großer Aufwand, der von diesen Institutionen – WADA, NADA, DLV – betrieben wird. Wenn ich einen sauberen Sport haben möchte, muss ich auch ganz rational faktisch-objektiv einsehen, dass ich auch was von mir aus zu geben habe. Damit das Konzept Anti-Doping und Doping-Prävention und fairer sauberer olympischer Sport realisierbar ist."
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