Der Fall Armstrong
Zwei Jahre nach seinem Dopinggeständnis kämpft Lance Armstrong noch immer vor amerikanischen Gerichten gegen Schadenersatzklagen, die ihn mehr als 100 Millionen Dollar kosten können. Die Geschichte eines Lügners.
Bei der Suche nach dem berühmtesten Radsportler der Welt landet man im Internet ziemlich schnell auf dessen Webseite. Sie heißt Lancearmstrong.com und es gibt seit fast 20 Jahren. Doch anders als früher, als hier ziemlich viel los war – es gab Nachrichten aus dem Radrennsport, Bilder, ein Gästebuch – ist das Angebot mittlerweile ausgesprochen dünn. Eine Aufmacher-Seite mit einem Foto, das einen in die Jahre gekommenen Armstrong beim Lauftraining auf einer einsamen Straße zeigt. Dazu zwei Adressen, darunter der Name einer Kontaktperson. Das ist alles.
Die Seite sieht aus wie eine innere Emigration. Die begann, nachdem er Anfang 2013 in einer Fernsehbeichte ein weitreichendes Geständnis ablegte.
"I view this situation as one big lie that I repeated a lot of times."
Eine einzige Lüge, die er ständig wiederholte. Sie lautete: Er habe noch nie in seinem Leben verbotene leistungssteigernde Mittel genommen.
Er mag sich zurückgezogen haben. Aber mit ihm fertig ist die amerikanische Öffentlichkeit noch nicht. Denn Lance Armstrong hat damals im Fernsehen wichtige Details ausgelassen oder umschifft. Vor allem Informationen über Mitwisser und Mittäter. Und über das, was die amerikanische Anti-Dopingagentur USADA eine "Verschwörung" nannte. Eine kriminelle Vereinigung.
Zwei Armstrong-Verfolger streiten hartnäckig um viele Millionen
So muss die Justiz des Landes einmal mehr die wichtigste Arbeit leisten. In der Hoffnung, dass die laufenden Prozesse endlich die ganze Wahrheit an den Tag bringen könnten.
Zwei Armstrong-Verfolger sind besonders hartnäckig. Die chronisch defizitäre amerikanische Post, die einst als Sponsor einst um Millionen betrogen wurde. Und die nun ihren Schaden ersetzt bekommen will. Es geht um 40 Millionen Dollar.
Und ein texanisches Versicherungsunternehmen. Das will die Bonuszahlungen zurück haben, die man am Ende eines Rechtsstreits Armstrong für seine letzten drei Tour-de-France-Siege bezahlen musste. Die Forderung lautet auf 12,5 Millionen Dollar.
Die Firma sitzt in Dallas und heißt SCA. Ihr Anwalt Jeff Tillotsen ist ein Mann mit einer sanften Stimme, aber mit festen Überzeugungen:
"Now that he has admitted he doped and those titles have been stripped from him, my client believes he his entitled to the return of that money."
Mein Mandant ist der Ansicht, dass ihm das Geld zusteht, sagte Jeff Tillotsen neulich zum wiederholten Mal. Auch Armstrongs ehemaligen Teamgefährten Floyd Landis steht im Erfolgsfall Geld zu. Der Mann, der selbst einst gedopt hatte und erwischt wurde, hatte 2010 als sogenannter Whistleblower – als Informant – mit ersten Hinweisen die Aufklärungsarbeit in Gang gebracht. Von der Summe, die die amerikanische Post erhalten wird, steht ihm nach amerikanischem Recht ein Viertel zu.
In Interviews zeigt er sich als reuiger Mann
Armstrong hat seit seinem Geständnis in aller Stille durchaus kleinere Rechnungen von anderen Geschädigten beglichen. Aber zur Zeit geht das meiste Geld dafür drauf, seine Anwälte zu bezahlen. Die stellen ständig irgendwelche Verfahrensanträge und zögern die Sache hinaus.
Dann und wann gibt der Mann im Zentrum des Ganzen sogar Interviews. In denen zeigt er sich als reuiger Mensch, der zugibt: Ja, er habe gedopt. Aber seine Verfehlungen müsse man bitte ins Verhältnis setzen. Gedopt hätten die anderen auch.
"The reality, I think, is, we are all learning, all of us, that it was just a messy time. It was basically an arms race. And we all played ball that way."
Sein Rechtfertigungsschema lautet: Es sei im Radsport wie beim Wettrüsten der Großmächte im Kalten Krieg zugegangen, wie er der amerikanischen Zeitschrift Outside in einem Gespräch sagte, das von dem Magazin auf seine Webseite hochgeladen wurde. Bloß dass nicht alle in gleichem Maße bestraft wurden: Die anderen wurden gesperrt und durften zum Sport zurückkehren und wieder Geld verdienen. Er jedoch wurde zum Sündenbock gemacht. Der Mann am Pranger. Auf Lebenszeit ausgeschlossen. Arbeitslos. Ohne Einkommen. Und als einziger mit enormen finanziellen Forderungen konfrontiert.
"The UCI will ban Lance Armstrong from cycling and the UCI will strip him of his seven titles. Lance Armstrong has no place in cycling."
Theoretisch kann man in den USA seine zivilgerichtlichen Auseinandersetzungen außergerichtlich abwickeln. Was meistens auch passiert. Denn Prozesse sind teuer und riskant. Aber Armstrong wäre wohl nicht Armstrong, wenn er nicht seinen ganzen Ehrgeiz darauf verwenden würde zu fighten.
Notfalls log er sogar unter Eid
Aggressiv, hartnäckig, dominierend, kontrollierend und zielstrebig – das war er schon als Rennfahrer. Und im Kampf gegen die amerikanische Anti-Dopingagentur. Deren Arbeit versuchte er auf allen Kanälen zu unterminieren. Vor zahllosen Gerichten. In den Hinterzimmern der Washingtoner Politik. Und natürlich in den Medien.
Notfalls log er sogar unter Eid.
"You solemnly swear the testimony you will be about to give will be the truth, the whole truth and nothing but the truth."
Lance Armstrong: "Yeah."
Jeff Tillotsen: "If you state your name for us, please."
Lance Armstrong: "Lance Armstrong."
Die Verhaltensmuster eines solchen Menschen zu erklären, ist nicht ganz einfach. Die amerikanische Journalistin Juliet Macur hat ein ganzes Buch über Armstrong geschrieben. In dem geht sie einer der zentralen Fragen auf den Grund:
"Wer ist dieser Mensch, der die ganze Welt in seinen Bann zog, alle ständig anlog? Sogar unter Eid. Wo kam er her? Und wie wurde er zu diesem Mann, dem das Lügen so leicht fiel?"
Man kann die – ausführliche – Antwort in Macurs Buch nachlesen. Es ist vor kurzem auf Deutsch erschienen: "Lance Armstrong: Wie der erfolgreichste Radprofi aller Zeiten die Welt betrog". Und dann wird man vermutlich feststellen, dass Armstrong – aufgewachsen in Texas in kaputten familiären Verhältnissen – von Anfang an das Zeug zum Soziopathen hatte. So nennt die amerikanische Psychiatrie Menschen, die keinerlei Mitgefühl für andere entwickeln, aber eine klare Vorstellung davon haben, was man für den Erfolg braucht. Hauptsächlich auf Kosten anderer.
Etwas, was im Zentrum des Films von Alex Gibney steht. Titel: "The Armstrong Lie". Der einst mit einem Oscar ausgezeichnete Regisseur gehört zu jenen, die zunächst auf die Beteuerungen des Texaners hereinfielen. Er war fasziniert von der Möglichkeit, 2009 einen langen Film über die Rückkehr von Armstrong zum Radsport zu drehen. Jahre später sah sich Gibney gezwungen, das Material komplett umzuschneiden. Aus einer Eloge wurde eine Abrechnung.
"In 2009 I set out to make a film about Lance Armstrong’s comeback year."
So ganz naiv sei er nicht gewesen, sagt Gibney, der seinen Film aus der Ich-Perspektive präsentiert.
"I wasn’t naive about past doping allegation."
Aber er ließ sich von Armstrongs Charme einwickeln.
"But I couldn’t help but root for the old pro."
Gibney ließ sich in den Interviews unverfroren anlügen.
"He had lied to me to my face. Straight to my face. All through 2009."
Er gestaltete sich seine eigene Geschichte
Beim Lügen erwischt. War das die Moral der Geschichte? Der Grund für die Enttäuschung so vieler? Die fluchtartigen Versuche der Sponsoren, sich abzusetzen? Die Trennung von der Krebsstiftung, die ihm zusammen mit der Volkskrankheit jahrelang eine Art Schutzschild gegen Attacken gegeben hatte?
Eine solche Deutung wäre Lance Armstrong sicher recht. Denn sie gibt ihm das Gefühl, dass er bei dieser Geschichte eine besondere Rolle gespielt hat. Er war Märchenfigur und Brüder Grimm in einer Person. Er gestaltete seine eigene Geschichte.
Und versucht dies offensichtlich auch jetzt. Zu den Selbstinszenierungen gehört ein Video für die Zeitschrift "Outside". In dem steht er – in einer Schürze, wie sie Fahradmechaniker tragen – vor der Kamera und erklärt mit einem verschmitzten Gesicht, wie man einen Platten repariert.
"Hi, I am Lance Armstrong, seven times winner of the Tour de France".
"Hey, I didn’t write the script. And today I am going to teach you how to change a flat tire."
Es ist seine Art von Humor. Der Versuch, den Skandal zu etwas wie einer kleinen Panne herunterzuspielen. Einer Geschichte, in der es zwar Täter gibt, aber angeblich keine Opfer. Journalisten wie Hajo Seppelt, der als Dopingexperte der ARD Lance Armstrong lange intensiv verfolgt hat und oft über ihn berichtete, sehen das verständlicherweise ganz anders:
Ein Skandal, der noch nicht zu Ende ist
"Die Person Armstrong an sich mag ein besonderer Protagonist gewesen sein, der in besonderem Maße zu einer Figur taugte, an der man jetzt alles ablassen kann. Dann muss man sicher aber auch sagen – und das ist die andere Seite der Medaille: Da gab es genug, die geschwiegen haben, die mit Armstrong kollaboriert haben, die davon auch profitiert haben. Es ist schon so, dass wir in der öffentlichen Wahrnehmung dazu neigen, dieses auszublenden. Das ist wirklich ein Skandal, der noch nicht zu Ende ist."
Das Ende wird vermutlich wie in manchem klassischen Schauspiel einen Bogen schlagen und auf den Anfang eingehen. Das bedeutet im Fall Armstrong eine Reihe von Ereignissen aus den neunziger Jahren. Wie denen im Oktober 1996, als sein Leben eine radikale Wende nahm.
Erst war da die herbe Nachricht der Krebsdiagnose, über die er bei einer hastig arrangierten Telefonpressekonferenz sprach.
"On Wednesday, October 2nd, I was diagnosed with testicular cancer. The Cat-Scan revealed that my condition has spread into my abdomen. For now, I must focus on my treatment. However, I want you all to know that I intend to beat this disease, and further, I intend to ride again as a professional cyclist."
Man habe Hodenkrebs bei ihm festgestellt, sagte Armstrong, sowie Metastasen im Bauchraum und im Kopf. Aber er werde kämpfen, um die Krankheit zu besiegen und zum Radsport zurückzukehren.
Kurz danach gab es dann jene ominöse Szene im Krankenhaus von Indianapolis. Als Ärzte ins Besucherzimmer kamen, wo Armstrong und einige seiner Freunde zusammensaßen. Darunter Betsy Andreu mit ihrem späteren Mann Frankie, einem Teamgefährten von Armstrong. Was sie damals hörte, gab sie neun Jahre später unter Eid in einem Rechtstreit zu Protokoll.
"I just would like you to recount what took place in the Indiana University Hospital room."
Andreu: "Der Arzt hat ihn ein paar Dinge gefragt und dann die Frage gestellt: "Haben Sie jemals leistungssteigernde Mittel genommen?" "Ja", sagte Lance. "EPO, Wachtumshormon, Kortison, Anabolika und Testosteron."
Die eigene Gesundheit aufs Spiel gesetzt
Es war das Programm eines Dopers, der keine Hemmungen hatte, seinen eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Und keine Scheu, darüber zu reden. Betsys größte Sorge galt deshalb auch gar nicht mal dem krebskranken Armstrong, sondern ihrem Lebensgefährten, wie sie unlängst bei einem Besuch in ihrem Haus in einem Vorort von Detroit erzählt.
"Ich dachte sofort: Daher kommt der Krebs. Und habe mir wegen Frankie Sorgen gemacht. Ich war so weit, unsere Hochzeit abzublasen. Frankie hat gesagt: "Ich schwöre dir, ich mache diesen ganzen Scheiß nicht mit. Ich wusste nicht mal, was Lance alles genommen hat."
Vielleicht wäre Betsy gar nicht in diese Rolle hineingewachsen, in der sie half, den Skandal aufzudecken, wenn Frankie sie nicht an diesem Tag angelogen hätte. Denn er ließ nicht die Finger von EPO. Ihre Sorge wurde bestätigt, als Armstrong wieder gesund wurde, seine Karriere fortsetzte und 1999 auf sensationelle Weise die Tour de France gewann. Damals war ihr bereits während der schweren Etappen aufgefallen, wie Frankie Andreu mitgefahren war: auffällig schnell die steilsten Berge hoch.
"Ich habe nach der Tour in unserer Wohnung in Nizza im Kühlschrank EPO entdeckt und bin ausgeflippt. Wir hatten gerade ein Baby bekommen. Ich habe ihm gedroht. Und er hat geschworen, dass er nie wieder dopt."
Die Geschichte ist kompliziert. Doch soviel daran ist vergleichsweise simpel: Von da an verzichtete er auf EPO. Konsequenterweise ließen seine Leistungen nach. Armstrong riet ihm, sich von seinem Doping-Doktor, dem Italiener Michele Ferrari, fit machen zu lassen. Doch er weigerte sich und verlor nach dem zweiten Tour-Erfolg von Armstrong Ende 2000 seinen Vertrag.
"Er hat viele Leute ruiniert"
Als der irische Journalist David Walsh begann, die ersten Details des Armstrong-Doping-Netzwerks zu recherchieren, fand er in Betsy Andreu eine wichtige Quelle für seinen Verdacht. Und die Andreus bekamen die Folgen ihrer Wahrheitsliebe zu spüren. Frankie Andreu hatte Schwierigkeiten, in der Radsportszene auch nur einen Job zu finden. Armstrongs Einfluss reichte weit.
"Er hat viele Leute verklagt und viele Leute ruiniert. So mancher, der das gesehen hat, hat lieber geschwiegen. Es dürfte einige geben, die geschädigt wurden, aber nichts gesagt haben. Eine Schande, aber man kann ihnen das nicht vorwerfen."
Manche kämpften zwar um ihren Ruf und ihr Geschäft, wie der dreifache Tour-de-France-Sieger und Doping-Kritiker Greg LeMond, der dank Armstrong in eine Auseinandersetzung mit dem Radhersteller Trek verwickelt wurde. Aber er war auf verlorenem Posten. Obwohl er heimlich Telefongespräche aufnahm. Wie dieses mit Stephanie McIlvain, die damals so wie die Andreus auch im Krankenhaus in Indianapolis gewesen war. Er fragte sie, ob das in einer beeidigten Aussage bestätigen würde.
"Would you be willing to testify?"
"Ich würde aussagen, wenn ich vorgeladen würde. Ich werde nicht lügen. Ich war in dem Zimmer. Ich habe es gehört."
Es kam anders. Stephanie McIlvain und ihr Mann arbeiteten damals für den Brillenhersteller Oakley, der mit Armstrong einen Sponsorenvertrag hatte. Sie besaß nicht die Courage, sich von dieser Abhängigkeit zu befreien, und gab später unter Eid eine andere Version zum Besten. Dass im Krankenhaus über Doping geredet wurde? Davon wisse sie nichts.
Diese Aussage könnte ihr allerdings noch Schwierigkeiten bereiten. Schon während der Fernsehbeichte bei Oprah Winfrey deutete sich das an:
"Hat Betsy die Wahrheit gesagt?"
Lance Armstrong: "Dazu sage ich lieber nichts."
Sagt Armstrong die Wahrheit, riskiert er neue Klagen
Warum zog er es vor, diese Frage nicht zu beantworten? Es gibt Kenner der Angelegenheit, die sich die Konsequenzen ausmalen können. Sagt Armstrong die Wahrheit, riskiert er eine Lawine neuerlicher Klagen. Diesmal von Leuten, die bis heute zu ihm gehalten und für ihn gelogen haben.
Dabei scheint er durchaus bereit, alte Weggefährten in ein schlechtes Licht zu rücken. Wenn es ihm nutzt. Der einstige Radsport-Weltverbandspräsident Hein Verbruggen half demnach 1999 dem Team bei der Tour de France die positive Dopingprobe wegen Kortison vom Tisch zu wischen. Im Film von Alex Gibney sagte Armstrong zum ersten Mal, auf welche Weise.
"Verbruggen sagte, ihr müsst uns einen Grund dafür geben, wie das in deinen Körper gekommen ist. Die Jungs haben also im Internet nach dieser Kortison-Sorte gesucht und eine Wundsalbe gefunden, von der wir sagen konnten, die ist für Sitzbeschwerden."
Es lohnt sich, kurz innezuhalten und sich zu erinnern: Das geschah 1999, bei seiner ersten Tour de France nach der Rückkehr vom Krebs. Und bei der allerersten Etappe. Schon damals hätte jemand wie Verbruggen dafür sorgen können, den größten Sportbetrüger aller Zeiten aus dem Verkehr zu ziehen.
Ebenso unbehelligt blieb bislang der Finanzier im Hintergrund – Thomas Weisel, der den Rennstall namens Tailwind betrieb, der Armstrong beschäftigte. Die Team-Masseuse Emma O’Reilly sagte später aus, dass er dabei war, als man sich 1999 das mit dem zurückdatierten Kortison-Rezept ausdachte, um Armstrong herauszupauken. Weisel war zeitweise so mächtig, dass er wichtige Kontrollgremien im amerikanischen Radsportverband mit seinen Vertrauten besetzen konnte. Aber das war noch nicht alles. Der Investmentbanker aus Kalifornien gestattete Hein Verbruggen, einen Teil seines Privatvermögens in seiner Firma gewinnträchtig zu deponieren.
Schaltstelle des Armstrong-Zirkels
Ein andere Schaltstelle des Armstrong-Zirkels befindet sich in Waterloo im Bundesstaat Wisconsin. Ein Freitag im Herbst. Ein Rundgang in der Fabrikanlage der Firma Trek.
Kalwa: "You still have people working."
Bjorling: "We do."
Kalwa: "Everybody else has a weekend."
Bjorling. "I know, these guys are hard at work. We’ve got a lot of orders."
Trek ist ein Familienunternehmen, das durch Armstrong seine Umsätze um ein Vielfaches steigern konnte. Die Besitzer gaben ihm aus Dank einen kleinen Anteil an der Firma. Man entsandte den Topmanager in den Vorstand von Tailwind, von wo aus Armstrongs Rennstall gemanagt wurde. Und man bekämpfte kritische Stimmen wie die von Greg LeMond. Mit Hilfe von Anwälten und Gerichten und ohne irgendwelche Skrupel.
Heute tut man in Waterloo so, als sei man wie der Rest der Welt von Armstrong düpiert worden.
"The Armstrong thing definitely shook us up a lot. A lot of the time we were learning those things just along with the rest of the world."
"Wir haben oft die Details im selben Moment erfahren wie der Rest der Welt", sagt Firmensprecher Eric Bjorling. Eine Schutzbehauptung, die der Radsportverband nie untersucht hat. Sonst würde Trek nicht seit Anfang 2014 unbehelligt einen eigenen Profi-Rennstall betreiben.
Viele tun so, als wäre nichts gewesen
Viele tun so, als wäre nichts gewesen. Man nehme Kristin Armstrong, die erste Ehefrau und Mutter von drei der fünf Armstrong-Kinder. Tyler Hamilton sah sie, als sie Dopingmittel an Teammitglieder verteilte. Eine Verschwiegenheitsklausel in ihrem Scheidungsvertrag und eine Abfindung über 10 Millionen Dollar halfen ihr, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Das hält sie nicht davon ab, öffentlich als betende und angeblich prinzipientreue Christin aufzutreten. Wie hier bei einer Veranstaltung einer evangelikalen Frauenorganisation in Austin Anfang 2014.
"Bow your heads with me. Lord, thank you, for the gift of the fine company of these beautiful women gathered here. Your beloved daughters."
Betsy Andreu hat für solche Bigotterien nichts übrig.
"Was Lance mit Krebs getan hat, macht Kristin mit Jesus. Sie hat gesehen, wie Lance Leute attackiert und zu ruinieren versucht hat. Sie hielt den Mund und hat seitdem nichts gesagt. Wie kann man zuschauen, wie Leute ruiniert werden, und sich hinter Gott verstecken? Es gibt Leute, die sagen, dass sie das wegen ihrer Kinder getan hat. Echt? Was ist denn mit meinen Kindern?"
Kann sein, dass Kristin Armstrong eines Tages noch gezwungen wird, vor Gericht unter Eid als Zeugin auszusagen. So wie die Sängerin Sheryl Crow das musste, drei Jahre lang Lebensgefährtin und jemand mit intimen Kenntnissen der Verhältnisse im Training in Spanien.
"Ich mache dein Leben zur Hölle"
Ansätze für Prozesse gibt es viele: Verdacht auf Betrug, Verstöße gegen amerikanische Arzneimittelgesetze, Einschüchterung von Zeugen wie 2011 in einem Restaurant in Aspen in Colorado, als Armstrong seinen ehemaligen Mannschaftsgefährten Tyler Hamilton konfrontierte. Der hatte kurz zuvor im Fernsehen beschrieben, wie Armstrong gedopt hatte:
"He threw out a threat. It didn’t sit so well with me. "I am going to make your life a living hell, both in the court room and outside of the court room. I am not afraid of him, but I am afraid of the power he’s got and the strings that he can pull."
Armstrong drohte: "Ich mache dein Leben zur Hölle. Überall. Auch vor Gericht." Was Hamilton durchaus ernst nahm. "Vor ihm habe ich keine Angst", sagte er, als sein Buch "Die Radsportmafia und ihre schmutzigen Geschäfte" erschien und wir uns zum Interview trafen. Angst hatte er damals allerdings vor der Macht von Armstrong. Das war als er entdeckte, dass er von Unbekannten in seinem Wohnort in Montana beschattet wurde.
Betsy Andreu glaubt, dass gerade über solche Dinge noch mehr bekannt wird, je mehr Zeit vergeht. Und sie glaubt, dass anschließend auch der letzte versteht, was an diesem Fall so anders war und was so massiv.
"Die Leute haben bisher nicht verstanden, was für eine Maschine das war. Und sie sind müde geworden. Aber sobald man das Ausmaß an Korruption sieht, haut es einen förmlich aus den Schuhen."