Dokumentarfilm-Festival in Korea

Die Kamera als Waffe des politischen Kampfs

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Drei Soldaten stehen in der militärischen Siedlung 'Panmunjeom' in der demilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea. Gesehen von Südkorea nach Nordkorea.
Dem Norden zugewandt: Militärische Siedlung an der Demilitarisierten Zone in Südkorea. © picture alliance/dpa/Daniel Kalker
Anke Leweke im Gespräch mit Julius Stucke · 26.09.2019
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In der demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea findet das DMZ Korean International Documentary Film Festival statt. Die Filme zeigen, dass auch das moderne Südkorea ein konservatives Land mit Problemen ist.
Seit dem Ende des Koreakriegs 1953 trennt eine 250 Kilometer lange und vier Kilometer breite Grenze die beiden verfeindeten Staaten Nord- und Südkorea: die demilitarisierte Zone (DMZ). Hier findet derzeit das elfte DMZ International Documentary Film Festival statt. Austragungsort ist Goyang City, eine junge Trabantenstadt von Seoul, deren ungebrochener Fortschrittsglaube sich an gigantischen Hochhauskomplexen zeigt.
Ein Aufenthalt in der DMZ wirke wie eine Reise zurück in den Kalten Krieg, sagt die Journalistin Anke Leweke. Von nordkoreanischer Seite werde man über Lautsprecher mit Propaganda beschallt. Einerseits wirke die Zone mit ihren Vergnügungsparks mit Achterbahnen und Kettenkarussells wie ein Naherholungsgebiet. Anderseits könne man in Souvenirläden Notfallrationen für den Ausnahmezustand kaufen. Zugleich gebe es Orte der Hoffnung, wie einen Bahnhof, der im Falle einer Wiedervereinigung sofort betriebsbereit wäre.

Verhungert aus Scham vor Almosen

Mit dem Dokumentarfilm-Festival wollen die Veranstalter Kultur in die Region bringen. Schwerpunkt der beim Festival gezeigten Filme seien "politisch und symbolisch aufgeladene Grenzen und Ausgrenzungen", sagt Leweke. Ein Thema seien auch Flüchtlinge aus Nordkorea - nur dass ihre Geschichten oft nicht in das Bild passten, das Südkorea von sich selbst habe.
"Man stellt den Flüchtlingen Wohnungen und finanzielle Unterstützung zur Verfügung, aber man unternimmt nichts, um sie in der Gesellschaft zu integrieren", sagt Leweke. "Im Sommer gab es den Fall einer geflüchteten Frau aus Nordkorea, die mit ihrem Sohn verhungert ist, weil sie sich geschämt hat, weiter nach Geld zu verlangen."

Ein reaktionäres Land

Ein Beispiel bringt der Dokumentarfilm "Schattenblumen": Eine Frau ist aus gesundheitlichen Gründen über Peking nach Südkorea geflüchtet und will zurück nach Nordkorea, darf aber nicht. Sie wird angefeindet, undankbar zu sein, und sie wird als Spionin verdächtigt. "Über diese Geschichte bekommt man sehr gut mit, wie sehr die Propaganda ganz tief im Bewusstsein verwurzelt ist." Auch im Alltag bekomme man das mit.
In Südkorea werde die Kamera als Waffe für den politischen Kampf genutzt: "Es sind Filme, die aufklären, Politik betreiben wollen. Es geht weniger um die filmische Form. Die Filme haben alle etwas von TV-Dokumentationen, aber man erfährt, wie konservativ und reaktionär dieses Land hinter seiner modernen Fassade noch ist. Man sieht in den Filmen Schwule, Lesben, Queere um ihre Rechte kämpfen. Es geht immer wieder um die Rechte von Frauen."
Erst im Frühjahr 2019 sei in Südkorea die Abtreibung legalisiert worden, Frauen würden am Arbeitsplatz diskriminiert, kriegten viel weniger Geld. Frauen mit unehelichen Kindern würden in Lager abgeschoben, ohne Zukunftschancen. Viele suchten Rückhalt bei christlichen Sekten.
(leg)
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