Doktor Faust in der Staatsoper

Oper vermittelt "Übernatürliches oder Unnatürliches" und soll eine "Scheinwelt schaffen, die das Leben entweder in einem Zauberspiegel oder einem Lachspiegel reflektiert". Das klingt nach einem aktuellen Trend, ist aber eine historische Forderung, die Ferruccio Busoni in seinem "Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst" vor genau 100 Jahren erhoben hat. Seine Oper "Doktor Faust" führt in eine solche Welt, wir können beim Hören dem "wirklichen Leben" entfliehen.
Busonis Faust-Oper ist kein Repertoirestück, es gibt allerdings eine lange und dichte Reihe von Inszenierungen, sie war und ist immer wieder zu hören. Ferruccio Busoni hat uns ein geradezu visionäres Stück für das Musiktheater im 20. Jahrhundert hinterlassen. Die Oper ist opus magnum, ist Fazit seiner schöpferischen Arbeit, sie ist formales wie schöpferisches Meisterwerk. Ihn interessierte vor allem der künstlerische Charakter der Oper, die Betonung von reinem Spiel, Zauber und Wunderhaftem als zentrale Elemente. Die Oper sei der Bereich des "Übernatürlichen oder des Unnatürlichen", sie soll "eine Scheinwelt schaffen, die das Leben entweder in einem Zauberspiegel oder einem Lachspiegel reflektiert; die bewusst das geben will, was in dem wirklichen Leben nicht zu finden ist!" – Das schreibt er in seinem "Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst", in der Faustoper findet das Umsetzung. Busoni komponierte hier simultane Klangwelten, er verbindet verschiedenen Stile und musikalische Ausdrücke synthetisch miteinander, die "Form wird in Empfindung" aufgelöst. Das Libretto ist "absichtlich lückenhaft" gehalten, ist Fragment und bezieht sich auf verschiedene Faustbearbeitungen aus dem 16. - 18. Jahrhundert. Busonis Faust ist ein moderner, hybrider Mensch, der bewusst Grenzen überschreitet und sich selbstbezogen, unruhig und egoman mit den Mächten des Bösen einlässt.


Live aus der Staatsoper Unter den Linden Berlin

Ferruccio Busoni
"Doktor Faust"
- Premiere -

Doktor Faust - Roman Trekel, Bariton
Wagner - Christof Fischesser, Bass
Mephistopheles - Jürgen Müller, Tenor
Der Herzog von Parma - Stephan Rügamer, Tenor
Die Herzogin von Parma - Carola Höhn, Sopran
Der Zeremonienmeister - Christof Fischesser, Bass
Soldat - Mirko Janiska, Bariton
Chorsolisten
Staatsopernchor
Staatskapelle Berlin
Leitung: Daniel Barenboim


Nachrichten in der Konzertpause nach dem 4. Bild, ca. 20:30 Uhr