Diskussion um Zahnspangen

"Ohne jeden gesundheitlichen Nutzen"

Zahnspangen in Regenbogenfarben sind am 26.09.2014 an der Charité, Campus Benjamin Franklin für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde, in Berlin zu sehen.
Zahnspangen gibt es inzwischen in allen möglichen Farben: Hier die Edition Regenbogen © picture-alliance/ dpa / Stephanie Pilick
Henning Madsen im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 11.06.2015
Die Hälfte aller Kinder in Deutschland wird kieferorthopädisch behandelt. Kritik kommt auch aus den eigenen Reihen. Zahnspangen hätten in der Regel einen rein ästhetischen Nutzen, sagt der Kieferorthopäde Henning Madsen.
Der Ludwigshafener Kieferorthopäde Henning Madsen greift seinen Berufsverband scharf an: Patienten müssten endlich ehrlich über den gesundheitlichen und ästhetischen Nutzen der Behandlungen aufgeklärt werden, fordert er im Deutschlandradio Kultur.
"Was nicht geht und absolut unfair ist: Wenn an sich zufriedene Menschen mit der Drohung eventueller gesundheitlicher Schäden zu kieferorthopädischen Behandlung veranlasst werden. Das sollte einfach aufhören. Und es ist leider so, dass unser Berufsverband, der BDK, sogar auf seiner Publikums-Website genau so eine Drohkulisse aufbaut. Da wird behauptet, dass man von schiefen Zähnen alle möglichen Erkrankungen bekäme bis hin zu Depressionen und Suizid-Gefahr, und das ist eigentlich dreist."
In Deutschland übernehmen die Krankenkassen die Behandlungskosten
Madsen sagte, in Deutschland werde fast die Hälfte aller Kinder kieferorthopädisch behandelt. Diese Quote ist international beispiellos. Nicht einmal die USA schafften das, so Madsen, hier seien es nur 20 Prozent. Der Grund für die hohe Quote hierzulande liege im Umstand begründet, dass die Krankenkassen in Deutschland die Behandlungskosten in der Regel übernähmen.
Nach Madsen gibt es keine "ideale Anatomie" des menschlichen Gebisses. Weder Karies und Paradontitis noch Kiefergelenks-Erkrankungen seien mit Zahnfehlstellungen verbunden. Bereits 2008 sei dies in einem wissenschaftlichen Bericht nachgewiesen worden. "Die meisten kieferorthopädischen Behandlungen haben als Hauptnutzen eine ästhetische Verbesserung." Madsen räumte sogar ein, dass entsprechende Behandlungen unter Umständen langfristig auch kleine Schäden am Zahnhalteapparat verursachen.
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