Diskussion um EU-Kommissionsvorsitz

Die EU gleicht "Game of Thrones"

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Intrigen, Ränkespiele und Kampf um den Thron: Gibt es nicht nur bei "Game of Thrones".
Intrigen, Ränkespiele und Kampf um den Thron: All das gibt es nicht nur bei "Game of Thrones". © Imago/HBO
Von Matthias Finger · 29.05.2019
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Der König dankt ab und die Thronfolge ist ungeklärt. Was sich derzeit in Brüssel abspielt, erinnert schwer an "Game of Thrones". Aus der Erfolgsserie lässt sich zudem einiges über die aktuelle Situation in der EU lernen.
Spannungen zwischen mächtigen Reichen, Intrigen und ein offener Kampf um den Thron: Willkommen beim Jobkarussell in Brüssel. Der Kampf hat begonnen um die Nachfolge des alten Königs: Jean-Claude Juncker. Die Anwärter aus den verschiedenen Ländern bringen sich mit Selbstbewusstsein in Stellung. Zum Beispiel Frans Timmermans von den europäischen Sozialdemokraten:
"Für Klimawandel werde ich auch selbst als Kommissionspräsident einstehen und auch für Nachhaltigkeit. Ich glaube, der Kommissionspräsident muss sich persönlich dafür einsetzen, muss dafür sorgen, dass er auch die Verantwortung dafür übernimmt."

Die Konservativen wollen wieder auf den eisernen Thron

Ganz "Game of Thrones"-mäßig schmiedet Timmermans fröhlich Ränke: Er will eine neue progressive Allianz in Brüssel – ohne die Konservativen. Die Grünen oder die Liberalen könnten als Königsmacher fungieren. Doch Manfred Weber, Spitzenkandidat der konservativen Fraktion, reagiert mit Säbelrasseln.
"Es geht um die Selbstbehauptung des Kontinents", erklärt Manfred Weber. "Und wir brauchen einen Aufbruch auf dem Kontinent. Das ist, was mir wichtig ist. Und für das werbe ich jetzt um Unterstützung und auch ein Stück weit Begeisterung, damit wir die Leute begeistern können."
In Brüssel will die EVP trotz Verlusten wieder auf den, um im "Game of Thrones"-Slang zu bleiben, eisernen Thron und den Präsidenten der Europäischen Kommission stellen: Die konservative Fraktion erinnert irgendwie ans House Lannister. In "Game of Thrones" wird das auch immer kraftloser.

Aus der geschrumpften Mitte eine Kommission basteln

Gestern Abend zogen die gezeichneten Politkrieger dann in ihre erste Schlacht nach der Wahl am Wochenende: Auf einem EU-Gipfel wurde um die Verteilung der Topjobs in der Kommission gerungen. Aus der geschrumpften Mitte soll irgendwie eine EU-Kommission gebastelt werden.
Frankreich intrigiert ebenfalls gegen Manfred Weber, denn Macron träumt von einer europäischen Renaissance unter liberaler Führung. Außerdem will er nicht unbedingt einen Spitzenkandidaten aus dem Wahlkampf auf dem eisernen Thron sehen, wie es das europäische Parlament fordert. Für mehr Transparenz: Schwache Kandidaten lassen sich leichter lenken.
Der konservative Jean-Claude Juncker nimmt es gelassen: "Wir kennen die Vorschläge von Macron und haben sie wohlwollend zur Kenntnis genommen." Er tritt ja auch ab.
In der Fantasyserie heißt das riesige Reich, das sich fast über den ganzen Kontinent Westeros erstreckt, übrigens "Siebenkönigslande", weil es – fast wie die EU – aus anderen älteren Königreichen hervorgegangen ist.

Die EU-Feinde erinnern an Drachenkönigin Daenerys

Und die Feinde der europäischen Einigung, die Brüssel von innen heraus zerstören wollen? Ließen sich vielleicht mit der Drachenkönigin Daenerys in "Game of Thrones" vergleichen, die an einer Stelle in der Serie ihrem Gegenüber schwört, ihn zu verbrennen, sollte er sie hintergehen.
Gegen Daenerys ist kein Kraut gewachsen. Das erinnert an die Rechtspopulisten, die Brüssel triumphierend erobern wollen.

Ein reinigendes Feuer könnte gut tun

Margrethe Vestager von der Allianz der Liberalen und Demokraten erklärt: "Wir haben nicht genügend Handhabe. Es gibt einige die sagen: Wir wollen nur in der EU sein, wenn wir sie gut finden. Und wenn die EU beißt und wir das machen müssen, was wir unterschrieben haben, als wir beigetreten sind, dann mögen wir die EU nicht. Und wenn man sich daran nicht hält, sollte das Konsequenzen haben."
Allerdings – Achtung Spoiler, wer die letzte Staffel noch nicht gesehen hat: bitte hier aufhören – legt Daenerys alles in Schutt und Asche mit ihren Drachen. Das Königreich wird zerstört und eine neue Demokratie entsteht, die weniger auf Konfrontation und mehr auf Konsens ausgerichtet ist.
Vielleicht könnte so ein reinigendes Feuer auch Europa gut tun. Das House Stark tritt am Ende übrigens aus dem "Siebenkönigslande" aus. Dann sind es nur noch sechs. Die EU geht mit Großbritannien gerade durch denselben Prozess.
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