Discounterland goes fair

Von Maria Riederer |
Das Image der hilflosen Dritten Welt hat sich geändert. Längst gibt es feste Handelsbeziehungen zwischen den Kontinenten, und fair gehandelte Waren stehen immer häufiger in deutschen Supermarktregalen.
"Mein Name ist Gabi Laube, ich wohn' in Frechen, nicht weit von hier, paar hundert Meter links, und komm' meistens am Samstag rein, wenn ich Zeit hab', und unter der Woche ist es schwierig, weil da bin ich noch nicht zu Hause, wenn offen ist. Aber Samstag gerne mal gucken, paar Kleinigkeiten kaufen, der Hintergrund gefällt mir, das Geschäft gefällt mir, die Leute sind nett."

Gabi Laube vertraut dem kleinen Weltladen gleich neben der Kirche, in Frechen bei Köln. Die dürftigen Öffnungszeiten hat sie verinnerlicht und stellt sich darauf ein. Denn hier gibt es fair gehandelte Waren. Dabei könnte sie fair gehandelte Schokolade auch beim Discounter kaufen.

"Davon hab' ich gehört, aber ich kenn' den Hintergrund nicht, also da würd' ich mich erstmal kundig machen, was dahinter steckt. Ich vertraue halt dem Geschäft hier. Ich denke, dass die wirklich nur Sachen nehmen, wo wirklich sicher ist, dass da auch die Leute was davon haben in den Ländern."

Der Weltladen in Frechen - und viele ähnliche in anderen Städten – arbeitet noch ausschließlich mit ehrenamtlichen Mitarbeitern. Diese Struktur stammt aus der Zeit, in der die ersten Aktionsgruppen die Trommeln für den fairen Handel rührten. Elisabeth Kann, die Vorsitzende des Frechener Weltladens, erinnert sich noch gut.

"Der Laden hat sich vor mehr als 25 Jahren gegründet, da waren wir die Abiturklasse des Gymnasiums. Einige von uns waren hier in der Messdienergruppe aktiv, und wir haben mit Freunden zusammen erst 'ne Aktionsgruppe gegründet und hinterher dann den Laden."

"Mein Name ist Peter Eicher, ich beschäftige mich mit dem Thema fairer Handel schon seit 30 Jahren, damals noch in der katholischen Jugend, aber heute als Professioneller, als bezahlte Kraft und als Berater im Bereich Weltläden."

Auch Peter Eicher aus München gehört zu den Pionieren des fairen Handels.

"Der überwiegende Verkauf fand in Kirchen nach der Messe statt. Damals war noch in der Gesellschaft die Meinung, die armen Negerlein, die hungern, weil sie wenig zu essen haben - aber nicht aus Welthandelsstrukturen, die nicht ganz gerecht sind, und eigentlich waren die Jugendverbände aus den beiden Kirchen diejenigen, die das Thema als erstes aufgenommen haben und haben sich dann einen Partner gesucht, der diesen fairen Handel, die das finanzieren. Und die Kirchen waren und sind ja immer noch reich und haben das vorfinanziert, die Ware zu importieren. Die erste Ware war die Jutetasche aus Bangladesch. Ich weiß selber noch, ich bin jeden Tag mit meiner Jutetasche rumgerannt und am besten noch mit dem Alpakapullover, also wie man sich's klischeehaft vorstellt, auch solch eine Geschichte hab' ich hinter mir."

Die Gottesdienstbesucher in den 70er-Jahren durften den fair gehandelten Kaffee allerdings nur kaufen, wenn sie sich vorher über die Zustände im Herkunftsland informieren ließen. Der Verkauf war eine politische Aktion. Das hat sich längst geändert. Fairer Handel ist in erster Linie Handel. Allerdings ein Handel mit wichtigen Richtlinien. John Kanjagaile ist Export-Manager der "Kagera Kooperative" in Tansania. Seit Jahren arbeitet er eng mit deutschen Fairhandelsorganisationen wie der GEPA oder "Transfair" zusammen und weiß die Vorteile für die Kaffeebauern in seinem Land zu schätzen.

"Wenn der Kaffeepreis zu niedrig gehandelt wird, dann kann man eben nur weniger Kinder in die Schule schicken. Wenn der Preis höher ist, kann ich mehr Kinder in die Schule schicken, ihnen eine Schuluniform kaufen und so weiter. Man kann seine medizinische Versorgung absichern, und als Gruppe, wenn man in der Gemeinde zusammenarbeitet, kann man sogar Spenden sammeln und aus den Gewinnen zum Beispiel eine Schule bauen. Alleine geht so was nicht. Und mit Fairtrade kann man sogar da hin kommen, mehrere Schule zu bauen oder Krankenstationen. So funktioniert das."

"Das hier sind die reifen Kaffeekirschen. Die pflücken wir, und die grünen lassen wir hängen. Die Bäume sind in einer Linie gepflanzt. Wir folgen der Linie, bis wir unten angekommen sind."

Tansania, am Fuße des Kilimanjaro. Die Luft ist feucht und warm. Jonathan Urio und seine Frau arbeiten sich geduldig durch die niedrigen Kaffeebüsche und pflücken die reifen knallroten Kirschen. Fast verschwinden die kleinen Kaffee-Pflanzen unter den hohen, satt grünen Bananenstauden. Es ist eine winzige Farm, eher ein großer Garten. Ich wundere mich über das gute Englisch des älteren Ehepaares.

"Eigentlich bin ich Lehrer. Aber als ich in den Ruhestand ging, bin ich zurückgekommen hierher auf die Farm. Ich habe vorher in verschiedenen Schulen gearbeitet und war dann noch Sekretär in der Diözese. Aber dann war ich müde und bin wieder nach Hause gekommen, um Kaffee zu pflücken."

Aber das Geschäft mit dem Kaffee ist schwierig. Die Ernte ist wetterabhängig und findet nur einmal im Jahr statt. Meistens verkaufen und verarbeiten die Bauern gleichzeitig Bananen und andere Produkte. Junge Menschen trauen sich nur noch selten, Kaffee anzubauen, um damit ihr Leben zu bestreiten. Jonathans Farm gehört zur Fairtrade-Kooperative KNCU, eine Fairtrade-Kooperative der GEPA. Trotzdem ist er nicht zufrieden mit dem Kilopreis für seinen Kaffee. Während er mit einer kleinen Handkurbel-Maschine seine Kaffeebohnen schält, rechnet er nach.

"Darum bitten wir die unablässig um einen guten Preis für unseren Kaffee, denn die Arbeit hier auf der Fläche ist anstrengend: Das Pflücken, Schälen, Ausbreiten, Waschen, Trocknen, und dann bekommt man umgerechnet einen Euro fünfzig pro Kilo. Das ist einfach nicht genug."

Das ist verwirrend. Der Kunde zahlt im Laden mehr für den fair als für den konventionell gehandelten Kaffee, der durch Preisdrückerei vor allem bei den Discountern oft extrem billig ist. Warum also bekommt Jonathan nicht den Preis, den er sich wünscht? Tatsächlich verwaltet die Organisation den Erlös des höheren Preises zugunsten der Bauern. Die sogenannten "Primary Societies", eine Art dörflicher Genossenschaften, entscheiden demokratisch, was mit der Prämie passiert, die durch den Mehrpreis entsteht. Kisuma Mapunda, Pressesprecher von KNCU, erklärt, wie das geht; und warum nicht immer der einzelne Bauer profitiert.

"Wenn wir in einem Jahr sagen: 'Die Prämie beträgt 100 Millionen tansanische Schilling', und dann geht die Frage in die Jahresversammlung: 'Was machen wir mit dem Geld?' Wir wollen den und den Betrag für etwas verwenden und einen anderen Betrag für etwas anderes. In den Jahren 2006 und 2007 haben wir Geld in die Anlage von Baumschulen investiert; und in die Bildung. Manche Farmer haben selbst keine Schulbildung, und wir unterstützen sie dann, damit ihre Kinder in die Schule gehen können. Eine weitere Summe wurde in den Umweltschutz gesteckt."

Diese Entscheidungen trifft nicht die GEPA, und auch nicht "Transfair", die Organisation, die Kontrollen vornimmt und dann das Fairtrade-Siegel vergibt – oder auch verweigert. Kisuma Mapunda ist dennoch kritisch. Dass die Kriterien, ob etwas fair gehandelt ist oder nicht, aus dem Ausland kommen, ärgert ihn.

"Die Idee des fairen Handels kommt nicht von hier. Sie ist nicht Teil unserer Gesellschaft und unserer Traditionen. Sie haben ihre Standards. Wenn wir Teil der Fairtrade-Kette sein wollen, müssen wir diese Standards erfüllen. In einem Jahr kommen sie und wollen fairen Handel beginnen, dann kommen sie im nächsten Jahr und wollen auch Bio-Kaffee. Ich glaube, dass die Leute, die solche Standards festlegen, sich nicht wirklich für das Leben der Menschen hier interessieren: für ihre Traditionen und ihre Lebensweise. Sie sollten hierher kommen und sich das alles ansehen und dann ihre Standards formulieren. Sonst ist das nicht fair."

"So ganz von der Hand zu weisen ist das nicht; wobei man aber ganz klar auch sagen muss: 'Wenn ich so ein System aufbaue, mit Spielregeln, dann muss ich mich irgendwo an die Spielregeln halten'. Da führt kein Weg dran vorbei. Wie soll ich dem Kunden hier im Supermarkt vermitteln, dass er ein Produkt kauft – muss ja geprüft sein. Jeder kann ja behaupten: 'Ich hab zu einem fairen Preis bei dem Bauern eingekauft'. Ich muss ja irgendein System haben, was mir genau diesen kompletten Aufbau belegt."

Hans Jürgen Wotzniak, Produktmanager bei GEPA, gehört zu den Menschen, die sich regelmäßig die Zustände in Afrika ansehen. Er kennt die KNCU und auch die Nöte vieler dazugehöriger Bauern, und er weiß um die Probleme, die im Handel mit Afrika immer wieder auftreten und die Sache verteuern.

"Qualitativ ist der Kaffee dort sehr gut, es ist aber benachteiligt durch Logistik, durch Schifffahrtslinien, durch Container-Bereitstellung, das führt oft dazu, dass exportfertiger Kaffee, drei, vier, fünf Wochen im Hafen liegt, weil es entweder keine Schiff oder keine Container gibt."

Die Internationale Zertifizierungsorganisation FLO kann – so meint Hans Jürgen Wotzniak - auf diese Gegebenheiten keine Rücksicht nehmen. Das Siegel hat auf der ganzen Welt die selben Voraussetzungen.

"Das ist natürlich auch schwierig, wenn ich ein Siegel habe, was weltweit gilt, dann zu sagen: 'Ja, aber Afrika ist ganz anders'. Das ist genau dieses Spannungsfeld. Wenn ich jetzt Armut als absolute Größe nehme, dann dürfte ich in Lateinamerika gar keinen Kaffee mehr kaufen, dann müssten wir alles in Afrika kaufen, weil der afrikanische Bauer per se wesentlich ärmer ist."

Manchmal geht die GEPA eigene Wege. Die meisten der dort gehandelten Produkte wie Kaffee, Schokolade, Kakao, Reis und andere Getreidesorten, Gewürze, Süßigkeiten und mittlerweile viele Waren aus dem Non-Food-Bereich – tragen das Transfair-Siegel, andere nicht.

"Jetzt gibt es eine klassische Bauernorganisation, die nahezu ausschließlich aus Frauen besteht. In Honduras, da sind einzelne Personen Mitglieder und auch Gruppen, weil die halt auch in Gruppen arbeiten. Und das widerspricht aber diesen Kriterien. Und das hat dazu geführt, dass sie nicht zertifiziert wurden, obwohl es die ureigenste Zielgruppe des fairen Handels sein müsste. Es sind alleinerziehende Frauen, Witwen - also im Prinzip die, worum es hier letztendlich geht; und wurden aufgrund dieser Kriteriengeschichte nicht zertifiziert. Also wir als Gepa haben dann entschieden, weil die für uns die Zielgruppe schlicht und ergreifend ist, dass wir den Kaffee kaufen und dann ohne FLO-Siegel verkaufen."

Dass die GEPA mit solchen Aktionen nicht ihre Glaubwürdigkeit verliert, verdankt sie ihrer langen Geschichte und der Trägerschaft durch die Kirche. Thomas Speck, einer der Geschäftsführer:

"Wir haben ja einen einhundert Prozent kirchlichen Gesellschafterhintergrund bei der GEPA. Wir sind ein ökumenisches Joint Venture, also eine Firma, ein reines Handelsunternehmen, was schwarze Zahlen schreiben muss. Also man macht Profit; muss man auch. Aber es bleibt alles im fairen Handel. Noch nie hat ein Gesellschafter einen Cent der Firma entzogen, das ist eine ungewöhnliche Konstruktion."

Auch die Zertifizierungs-Organisation Transfair hat zu einem großen Teil kirchliche Teilhaber. Ihre Aufgabe ist es, als fair zertifizierte Produkte so breit wie möglich in den Handel einzuführen: mit Werbeaktionen und Städtewettbewerben und seit einigen Jahren auch verstärkt durch ihre Präsenz in Supermärkten und Discountern. So bietet Lidl seit 2006 Jahren eine eigene Fairtrade-Linie mit einem knappen Dutzend Artikeln an. Peter Eicher arbeitet mit der Professionalisierung der Weltläden ebenfalls daran, den fairen Handel aus seiner Nische zu holen. Die Zusammenarbeit von Transfair mit Discountern sieht er allerdings kritisch.

"Der Deutsche Weltladen-Dachverband hat das sehr klar kommuniziert, dass das begrüßenswert ist, dass der Markt sich ausweitet. Aber zu hinterfragen ist, wenn die Produkte, die man versucht, fair zu importieren, dann über Strukturen verkauft werden, die in der Öffentlichkeit ganz klar als nicht fair gesehen wird, so wie Lidl mit seinen Angestellten umgeht oder aushorcht - das ist eigentlich nicht das, wie sich die Weltläden das vorstellen. Unsere Kunden wissen: Sie gehen in den Laden rein und einhundert Prozent unseres Sortiments ist fair gehandelt. Bei Lidl muss man mit der Lupe gucken, wie viele Produkte sind fair gehandelt, es sind dann eine, zwei Hände voll, und der Rest ist fragwürdig: Wo kommt der her, wie wird der gehandelt."

Gepa-Geschäftsführer Thomas Speck sieht aber auch eine Chance in der Entwicklung hin zu den Discountern.

"Man könnte jetzt sagen: 'Ach, jetzt ist mit Lidl alles in Ordnung, weil die haben ein kleines Regal mit Fairtrade-Produkten' - einen winzigen Ausschnitt von ihrem Sortiment. Oder Sie sagen: 'Ich gucke mal, ob es ein erster Schritt ist auf eine Änderung der Unternehmensgrundsätze und der Lebensphilosophie'. Weitet es sich aus, ändert sich was, auch vielleicht an der eigenen sozialen Verantwortung im eigenen Unternehmen, den eigenen Mitarbeitern gegenüber – das muss man eben sehen, wie sich das entwickelt."

Bei Transfair ist die Linie klar. Die Betriebsfairness eines Discounters ist kein Kriterium für die Vergabe des Siegels.

"Das Fairtrade-Siegel ist ein Siegel für Produkte, nicht für Unternehmen. Wir müssen alle Vertriebsstrukturen in Deutschland nutzen: Dazu gehören Weltläden, dazu gehören klassischer Supermarkt, aber auch Discount. Deutschland ist das preisgünstigste Land überhaupt, und der Discounter hat einen sehr großen Marktanteil. Diesen Vertriebsbereich aus dem fairen Handel außen vor zu lassen wäre sträflich. Alles, was wir tun, ist genau dafür da, um den Produzenten über den fairen Handel ein besseres Leben zu ermöglichen, und uns ist es sehr egal, ob das eine GEPA macht oder ob es ein Lidl macht, wir sind nicht die Vertretung einer Firma hier in Deutschland, sondern wir öffnen das Feld für alle."

Claudia Brück, der Pressesprecherin von Transfair, ist durchaus klar, dass Lidl abgesehen von den wenigen Fairtrade-Produkten nicht als faires Unternehmen zu bezeichnen ist. Und gerade deshalb will Transfair hinein in den Discounter.

"Deswegen sind wir inzwischen sehr froh, dass Lidl sich geöffnet hat für Fairtrade, dass sie nicht irgendwas eigenes gemacht hat, irgendein Siegelchen selber entworfen, sondern wirklich auf das Original zurückgegriffen hat, und wir merken es – manchmal besser, manchmal weniger gut - dass da auch was passiert bei Lidl selber. Wir machen Vereinbarungen. In diesen Gesprächen sagen wir natürlich auch, was wir gerne uns wünschen, dass Fairtrade eingebettet ist in eine nachhaltige Unternehmenskultur, und dass es auch Ausstrahlungen hat."

Anzeichen dafür, dass diese schönen Worte dem Unternehmen Lidl ans Herz gehen, gibt es kaum. Immerhin sorgt der Discounter mit seiner Fairglobe-Marke aber dafür, dass der Anteil an fair gehandeltem Kaffee in Deutschland von unter einem Prozent auf über ein Prozent angestiegen ist. Die wenigsten Kunden in Deutschland achten auf das Transfair-Siegel. Und das, obwohl die Qualität der fair gehandelten Waren sich schon längst mit den konventionellen Artikeln messen kann. In England wird 20 Mal soviel Fairtrade-Kaffee gekauft wie in Deutschland.

"Erstens haben die viel früher angefangen, die Produkte breit in den Markt zu bringen, es ist in England eine viel weniger ausgeprägte Discounterschiene. Es ist mehr so der klassische Lebensmitteleinzelhandel. Es haben sich sehr früh große Ketten dahinter gestellt. Und das Ganze ist in Deutschland bisschen mühsamer gewesen. Deutschland hat eine ausgeprägte Discountermentalität, ist ein Volk von Schnäppchenjägern, jeder zweite Euro wird im Discounterbereich ausgegeben, also das ist schon extrem, da haben wir was aufzuholen."

Transfair wartet nicht ab, ob die Mentalität der Deutschen von alleine von "billig" auf "fair" umschlägt. Ein groß angelegter Banana-Day in Köln diente zum Beispiel dazu, Käufer auf fair gehandelte Bananen aus Ecuador aufmerksam zu machen. Dazu fuhr die gesamte Chefetage mit einem auffällig gestalteten Bus durch die Stadt, und besuchte - unter anderem - Penny und Lidl. Mit dabei war Nadividad, Bananenbäuerin aus Ecuador.

"Der faire Handel hilft uns, denn anders als im konventionellen Handel haben wir hier stabile Preise und die Prämie. Sie hilft uns und unseren Familien zu leben und auch den Kindern von Kleinbauern eine Ausbildung zu ermöglichen."

"Ich bin jetzt nicht von Lidl ,sondern von Fairtrade, und wir haben heute den Banana-Day. 22 Schultage für die Kinder in Ecuador, und zusätzlich spenden wir ja heute noch einen Euro."

Eine junge Frau lässt sich von Transfair-Geschäftsführer Dieter Overath überzeugen und kauft die pestizidfreien Fairtrade-Bananen. Sie kosten pro Kilo einen Euro neunundneunzig, also einen Euro mehr als die konventionell gehandelten Chiquita Bananen. Normalerweise, bemerkt die Kundin, achte sie nicht auf das Fairtrade-Siegel.

"Ist nett, wenn's auch dabei steht, dass das nicht so ein Ausbeuterprodukt ist, wie man das bei Kaffee oft hört oder bei Tee zum Beispiel. Also das schon. Ein netter Nebeneffekt. Kaffee bin ich auch ein Fan von, sonst im Moment eher weniger. Ich bin grad erst fertig geworden mit dem Studium, und das ist dann doch noch ein Preisunterschied gewesen. Natürlich tun mir die Menschen dort auch leid, und ich weiß natürlich, dass wir auch auf dem Rücken der anderen leben und es uns gut gehen lassen."

Trotzdem siegt in den meisten Fällen der Blick auf das Preisschild; oder das Misstrauen. Eine ältere Kundin lässt sich zunächst nicht überzeugen, kauft die Bananen am Ende aber doch.

"Weil ich an sich so was gerne unterstütze, aber nicht glaube, dass das wirklich da hinkommt. Das versickert doch jetzt. Gucken Sie mal, wie viele Angestellte hier rumlaufen. Bis die bezahlt sind - so viele Bananen können die ja gar nicht verkaufen, und woher kriegen die Bauern dann das Geld?"

Claudia Brück von Transfair ist diese Frage vertraut. Egal, ob für Bananen, Seidenschals, Gewürze, Tee oder Kaffee – die Antwort ist klar. Es geht um Handel, nicht um Spendenaktionen.

"Wir sind kein Charity-Unternehmen. Wenn der Verbraucher hier das Geld bezahlt, dann hat der Bauer schon längst sein Geld, weil die ganze Wertschöpfungskette andersrum geht. Wir haben eine klare Auflistung beim Kaffee. Davon geht soundsoviel an den Produzenten, ein Anteil an Transport und Verpackung, es geht auch ein Euro zehn an die Kaffeesteuer und elf Cent an Transfair. Und mit diesen elf Cent ist ganz klar festgelegt, was wir mit diesem Geld machen. Von diesen elf Cent sind wir dafür angetreten, um die Produzentenunterstützung vor Ort zu organisieren, und dass wir den fairen Handel bekannter machen, damit Verbraucher das überhaupt erkennen und dann auch kaufen. Der Bauer kriegt schon von dem Exporteur sein Geld, der hat das schon längst."

Der faire Handel hat sich schon lange aus dem Klischee des kratzigen Pullovers und bitteren Kaffees herausgearbeitet. Firmen wie die Gepa und Transfair als Siegel-Organisation versuchen Händler und Käufer zu überzeugen. Aber auch die weniger sichtbaren Akteure - wie kirchliche Gruppen und ehrenamtliche Mitarbeiter - engagieren sich unermüdlich, weiter darauf aufmerksam zu machen: Wer fair einkauft, kann mithelfen, die Welt zu verändern.

"Brot für die Welt macht zum Beispiel gerade eine Kampagne '1000 Gemeinden trinken fair' und versuchen, die Kirchengemeinde dazu zu bekommen, dass sie den Kaffee umstellen auf fair gehandelten Kaffee. Diese Kampagne ist gestartet vor drei Jahren, und jetzt haben sie die 1.000 Gemeinden, und jetzt ist das nächste Ziel 2.000 Gemeinden ausgerufen. Wir haben eine Mitarbeiterin, die sich ausschließlich damit beschäftigt, für die 36 Mitgliedsorganisationen Ansprechpartnerin zu sein, Beraterin zu sein, Kampagnen zu planen, den fairen Handel in deren Hauspublikationen einzubringen, und und und."

"Es gibt wirklich viele Tausend kirchliche Aktionsgruppen, die stetig und regelmäßig in ihrer Pfarrei verkaufen, ihre Kirchgänger informieren und Veranstaltungen zu dem Thema machen."

"Es ist wohl so, dass es schwer ist, so Leute zwischen 18 und 25 dazu zu gewinnen. Also, wir hatten mal junge Leute im Laden, die hatten Interesse, aber die sind dann leider doch nicht wieder aufgetaucht. Ich bin immer aktiv gewesen, ich bin Dinosaurier, ich hab hier im Laden angefangen, und ich hab' auch vor, noch zu bleiben."