Digitaler Doktor
Menschen mit seltenen Erkrankungen haben ein besonderes Problem: Oftmals wissen die niedergelassenen Ärzte und sogar Fachkliniken nicht weiter, weil sie die Krankheit nicht einordnen können. Neuartige "Symptomdatenbanken", die auch im Internet zur Verfügung stehen, sollen helfen.
Marion Lesney leidet an "Syringomyelie". Das ist eine sehr seltene Krankheit, bei der sich winzige Hohlräume im Rückenmark bilden:
"Bei mir waren es anfangs Halbseitenlähmungen teilweise und ich habe die Symptome so seit meinem 16. Lebensjahr. Die Diagnosestellung war aber erst vor zweieinhalb Jahren. Ich bin mittlerweile fast 53 Jahre alt. Also, es hat ein paar Jahre länger gedauert."
Genau genommen: 37 Jahre. So wie Marion Lesney geht es vielen Patienten. Sie warten mitunter Jahre auf die Diagnose, denn viele Mediziner sind überfordert. Ihnen fehlt die praktische Erfahrung. Dabei leiden vier Millionen Menschen allein in Deutschland unter einer seltenen Erkrankung. Da komme es schon häufiger vor, so Dr. Gisbert Voigt, niedergelassener Kinderarzt in Melle bei Osnabrück, dass man in seiner Praxis vor einem Rätsel steht:
"Sie haben immer wieder Krankheitsbilder, die man den großen klassischen Krankheitsbildern nicht zuordnen kann. Und es ist für uns auch als Ärzte sehr, sehr bedrückend, dass wir ihnen das eigentlich definitiv nicht sagen können."
Medizinische Hochschule Hannover. Katrin Rommel arbeitet hier für das "Orpha.net". Das ist eine Datenbank für seltene Erkrankungen, die auch im Internet abrufbar ist:
"... jetzt sieht man verschiedene Felder, wo man zum Beispiel Personen-daten eintragen kann oder aber Ambulanzen, oder auch diagnostische Tests. Wir können Netzwerke eintragen, klinische Studien, Forschungsprojekte und Patientenorganisationen."
Zum Kernbereich von "Orpha.net" gehört eine sogenannte "Symptomdaten-bank". Da seltene Erkrankungen in der Regel sehr ungewöhnliche Symptome hervorrufen, auf die sich "Dr. Nomalmediziner" keinen Reim machen kann, können sie eine wertvolle Hilfe sein, meint Prof. Manfred Stuhrmann-Spangenberg, der Leiter von "Orpha.net":
"Ärzte, die jetzt zum Beispiel Patienten haben und über die Diagnose sehr im Unklaren sind, aber bestimmte, klar umrissene Symptome sehen, nur nicht wissen, wie diese Symptome zusammenhängen, die haben auch die Möglichkeit, über "Orpha.net" durch eine entsprechende Eingabe dieser Symptome herauszufinden, ob das möglicherweise alles zusammen in ein Syndrom passt."
Ute Kühn leidet an einer Dystonie, äußerlich erkennbar an unkontrollierbaren Muskelverkrampfungen. Bei ihr sind besonders die Augen betroffen. Manchmal steht sie mitten auf dem Zebrastreifen und kommt keinen Schritt weiter, weil sich die Augen verkrampfen. Ihr Arzt hatte dafür kein Verständnis:
"Dann heißt es: Ach, das ist psychosomatisch, schauen Sie, dass Sie Ihre Probleme beseitigt kriegen, dann sind Ihre Muskelzuckungen auch weg. Dann können Sie auch wieder Ihre Augen öffnen."
Die Praxis um die Ecke, in der Regel die erste Anlaufstelle für Patienten mit seltenen Erkrankungen, ist häufig überfordert. Verständlich: Manche Krankheiten sind so selten, dass Mediziner selbst mit 40 Jahren Berufserfahrung nur ein einziges Mal damit konfrontiert werden. "Symptomdatenbanken" können helfen, weiß Dr. Gisbert Voigt, der den "digitalen Doktor" aus dem Internet gerne mal zu Rate zieht:
"Da können solche Symptomdatenbanken tatsächlich mehr helfen, weil sie rausfiltern, wo sind diese Kernsymptome in welchen Krankheitsbildern enthalten, und dann zu sagen, so in diese Richtung gehts. Also von daher ist diese Entwicklung gut und ist meiner Meinung nach der einzige Weg, über den wir tatsächlich diese seltenen Fälle weitergehend abklären können. Und das sind glaube ich die entscheidenden Sachen."
Die "Symptomdatenbank" fragt nach klinischen Auffälligkeiten, gesundheitlichen Beschwerden, Laborwerten. Je präziser die Angaben, desto präziser das Ergebnis. Auch die Charité in Berlin entwickelte eine Symptomdatenbank für seltene Erkrankungen. Speziell für solche mit genetischem Hintergrund. Diese machen mehr als 80 Prozent der Fälle aus. Die Datenbank ist im Internet unter dem Stichwort "Phenomizer" zu finden. Prof. Stefan Mundlos von der Klinik für medizinische Genetik hat das Ganze auf den Weg gebracht:
"Der typische ärztliche Ansatz der Diagnose ist ja eigentlich mehr einer aus dem Bauch raus. Wenn sie das aber in einer großen Kombination von faktisch unendlich vielen unterschiedlichen Symptomatiken haben, dann wird das schwierig. Und dann versuchen wir das einfach auf einer wissenschaftlich basierten Basis über computergestützte Maßnahmen herauszufinden."
Für Patienten sind Symptomdatenbanken leider weniger geeignet, weil auch Fachbegriffe nötig sind, um die richtige Fährte zu finden. Falsche Ergebnisse sind dann quasi programmiert.
"Bei mir waren es anfangs Halbseitenlähmungen teilweise und ich habe die Symptome so seit meinem 16. Lebensjahr. Die Diagnosestellung war aber erst vor zweieinhalb Jahren. Ich bin mittlerweile fast 53 Jahre alt. Also, es hat ein paar Jahre länger gedauert."
Genau genommen: 37 Jahre. So wie Marion Lesney geht es vielen Patienten. Sie warten mitunter Jahre auf die Diagnose, denn viele Mediziner sind überfordert. Ihnen fehlt die praktische Erfahrung. Dabei leiden vier Millionen Menschen allein in Deutschland unter einer seltenen Erkrankung. Da komme es schon häufiger vor, so Dr. Gisbert Voigt, niedergelassener Kinderarzt in Melle bei Osnabrück, dass man in seiner Praxis vor einem Rätsel steht:
"Sie haben immer wieder Krankheitsbilder, die man den großen klassischen Krankheitsbildern nicht zuordnen kann. Und es ist für uns auch als Ärzte sehr, sehr bedrückend, dass wir ihnen das eigentlich definitiv nicht sagen können."
Medizinische Hochschule Hannover. Katrin Rommel arbeitet hier für das "Orpha.net". Das ist eine Datenbank für seltene Erkrankungen, die auch im Internet abrufbar ist:
"... jetzt sieht man verschiedene Felder, wo man zum Beispiel Personen-daten eintragen kann oder aber Ambulanzen, oder auch diagnostische Tests. Wir können Netzwerke eintragen, klinische Studien, Forschungsprojekte und Patientenorganisationen."
Zum Kernbereich von "Orpha.net" gehört eine sogenannte "Symptomdaten-bank". Da seltene Erkrankungen in der Regel sehr ungewöhnliche Symptome hervorrufen, auf die sich "Dr. Nomalmediziner" keinen Reim machen kann, können sie eine wertvolle Hilfe sein, meint Prof. Manfred Stuhrmann-Spangenberg, der Leiter von "Orpha.net":
"Ärzte, die jetzt zum Beispiel Patienten haben und über die Diagnose sehr im Unklaren sind, aber bestimmte, klar umrissene Symptome sehen, nur nicht wissen, wie diese Symptome zusammenhängen, die haben auch die Möglichkeit, über "Orpha.net" durch eine entsprechende Eingabe dieser Symptome herauszufinden, ob das möglicherweise alles zusammen in ein Syndrom passt."
Ute Kühn leidet an einer Dystonie, äußerlich erkennbar an unkontrollierbaren Muskelverkrampfungen. Bei ihr sind besonders die Augen betroffen. Manchmal steht sie mitten auf dem Zebrastreifen und kommt keinen Schritt weiter, weil sich die Augen verkrampfen. Ihr Arzt hatte dafür kein Verständnis:
"Dann heißt es: Ach, das ist psychosomatisch, schauen Sie, dass Sie Ihre Probleme beseitigt kriegen, dann sind Ihre Muskelzuckungen auch weg. Dann können Sie auch wieder Ihre Augen öffnen."
Die Praxis um die Ecke, in der Regel die erste Anlaufstelle für Patienten mit seltenen Erkrankungen, ist häufig überfordert. Verständlich: Manche Krankheiten sind so selten, dass Mediziner selbst mit 40 Jahren Berufserfahrung nur ein einziges Mal damit konfrontiert werden. "Symptomdatenbanken" können helfen, weiß Dr. Gisbert Voigt, der den "digitalen Doktor" aus dem Internet gerne mal zu Rate zieht:
"Da können solche Symptomdatenbanken tatsächlich mehr helfen, weil sie rausfiltern, wo sind diese Kernsymptome in welchen Krankheitsbildern enthalten, und dann zu sagen, so in diese Richtung gehts. Also von daher ist diese Entwicklung gut und ist meiner Meinung nach der einzige Weg, über den wir tatsächlich diese seltenen Fälle weitergehend abklären können. Und das sind glaube ich die entscheidenden Sachen."
Die "Symptomdatenbank" fragt nach klinischen Auffälligkeiten, gesundheitlichen Beschwerden, Laborwerten. Je präziser die Angaben, desto präziser das Ergebnis. Auch die Charité in Berlin entwickelte eine Symptomdatenbank für seltene Erkrankungen. Speziell für solche mit genetischem Hintergrund. Diese machen mehr als 80 Prozent der Fälle aus. Die Datenbank ist im Internet unter dem Stichwort "Phenomizer" zu finden. Prof. Stefan Mundlos von der Klinik für medizinische Genetik hat das Ganze auf den Weg gebracht:
"Der typische ärztliche Ansatz der Diagnose ist ja eigentlich mehr einer aus dem Bauch raus. Wenn sie das aber in einer großen Kombination von faktisch unendlich vielen unterschiedlichen Symptomatiken haben, dann wird das schwierig. Und dann versuchen wir das einfach auf einer wissenschaftlich basierten Basis über computergestützte Maßnahmen herauszufinden."
Für Patienten sind Symptomdatenbanken leider weniger geeignet, weil auch Fachbegriffe nötig sind, um die richtige Fährte zu finden. Falsche Ergebnisse sind dann quasi programmiert.