Digitale Schädlinge

Von Achim Killer · 10.11.2008
Jährlich tauchen Tausende von Computerviren auf und verursachen ernorme Schäden. Ihren Ursprung haben diese digitalen Schädlinge an der University of Southern California: Dort stellte vor 25 Jahren Fred Cohen im Rahmen seiner Doktorarbeit den ersten Computervirus vor.
1982 wollte der Student Rich Skrenta seinen Freunden zeigen, was er am Computer so alles drauf hatte. Und deshalb schrieb er ein kleines Programm, das sich automatisch installierte, wenn man einen Rechner startete und eine Diskette mit dem Programm dabei im Laufwerk steckte. Heute würde man so etwas einen Computervirus nennen.

Eigentlich war es mehr ein Scherz- als ein Schadprogramm, wie auch die anderen Viren, die in den Anfangsjahren von ähnlichen Witzbolden wie Rich Skrenta entwickelt wurden, mehr oder minder lustig und harmlos waren. Da gab's beispielsweise den Yankee-Virus, der den Yankee-Doogle auf befallenen Systemen spielte, oder den Stoned. Der meldete sich mit: "Your PC is stoned. Legalize Marijuana."

Gar nicht mehr harmlos war dann ein nach Michelangelo benannter Virus von 1992. Der überschrieb pünktlich zum Geburtstag des Renaissance-Künstlers wichtige Systemdateien. Unter PC-Besitzern löste er eine wahre Panik aus. Spätestens seitdem sind Computerviren ein allgemein bekanntes Sicherheitsproblem.

Neue Schädlingsgattungen kamen im Laufe der Jahre dazu, Würmer beispielsweise. Die meisten werden als Mail-Anhang verschickt. Und per Mausklick befallen sie den PC des Empfängers. Am bekanntesten ist der I-love-you-Wurm des Jahres 2000, benannt nach Betreffzeile der Mail, mit der er sich verbreitete. Dieser Betreffzeile konnten ungezählte Mail-Empfänger nicht widerstehen.

"Ein Computerwurm verschickt sich beispielsweise wie 'I love you' selbständig per E-Mail, ohne andere Programme dazu zu benötigen."

So Raimund Genes vom IT-Sicherheitsunternehmen Trend Micro. Innerhalb von Stunden breiten sich deshalb heute neue Schadprogramme über den ganzen Globus aus. In seinem Sicherheitsbericht für 2006 blickt Graham Cluley von der Firma Sophos auf die Situation des vergangenen Jahres zurück.

"Es gibt zahlreiche Gefahren, Viren, Trojaner, Spam und Phishing. Unter den Schadprogrammen, die per E-Mail verschickt wurden, ging die größte Gefahr von einer Schädlingsfamilie Namens Mytop aus. Davon gibt es viele Hundert Varianten. Die verwandeln infizierte Rechner in ferngesteuerte Roboter, in Zombie-Computer, die dann für Attacken auf andere Rechner missbraucht werden oder zum Versenden von Werbemüll."

Aus Spaß ist längst Ernst geworden. Deshalb sind auch Trojaner das digitale Ungeziefer, das sich heute am stärksten verbreitet. Christoph Hardy von Sophos:

"Ein Trojaner ist ein Programm – hat sich einfach nach dem trojanischen Pferd so benannt – das Informationen auf dem Rechner ausspioniert. Das heißt: Da ist jemand, der ist an Passwörtern oder an Zugangsdaten von Ihnen interessiert. Trojaner haben immer die Aufgabe, dass sie nach Daten suchen, nach Informationen suchen und die an eine bestimmte Adresse weiterleiten."

Trojaner werden programmiert, um geldwerte Informationen auszuspionieren. Entsprechend verändert hat sich sie Entwickler-Szene. Heute sind es keine skurrilen Hacker mehr, die Schadprogramme schreiben, sondern Kriminelle.

"Ja, eindeutig. Früher waren es oft verklärte Idealisten oder politisch Motivierte. Und jetzt ist es fast zu 90 Prozent reines Geld-Machen."

So Rolf Schulz vom CERT, vom Internet-Notfallteam, der Firma Global Network Security. Schadprogramme sind längst nicht mehr lustig, sondern eine Gefahr für alle Computernutzer. Trotzdem gibt's natürlich noch fast wie vor einem Vierteljahrhundert den einen oder anderen Scherz am Rande. Mister Hamsi beispielsweise war ein Schädling, der gesprochen hat. Er forderte seine Opfer auf, in die Türkei zu reisen, und verabschiedete sich mit "Güle, güle". - Eines der jüngsten Schadprogramme ist der Bundestrojaner. Er soll im Auftrag von Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz fremde Rechner ausspionieren. Und das wiederum ist kein Scherz.